Das Schlangental - Neal Carey 3
schmal klang wie eine der Saiten der Katzenfrau. Sie muß mich für einen Idioten halten.
»Hier«, sagte sie, »ich bin von hier.«
»Austin?« Toll, jetzt weiß sie, daß ich ein Idiot bin.
»Woher sonst?«
Stimmt auffallend.
»Was arbeitest du?«
Ich bin so eine Art unlizensierter Privatdetektiv, Troubleshooter für eine Geheimorganisation. Aber im Augenblick bin ich wohl arbeitslos.
»In letzter Zeit gar nichts. Und du?«
»Ich bin Lehrerin.«
Ach was?
In diesem Augenblick endete die Musik, die Band machte Pause, Peggy und Karen verschwanden gemeinsam auf der Damentoilette, ein Ritual, das wohl auf der ganzen Welt gleich ist.
»Du klebst auf diesem Stuhl, als würdest du Miete für ihn zahlen«, sagte Steve.
»Ist ein hübscher Stuhl, mir gefällt er.«
»Du hast Schiß.«
Steve grinste ihn an. Er sah jetzt fast aus wie Joe Graham, der auch die Angewohnheit hatte, Neal anzugrinsen, wenn er gemein wurde.
»Wovor?« fragte Neal.
Steve grölte. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und johlte. »Vor Karen! Dafür mußt du dich nicht schämen – Karen hat jeder Menge harter Kerle Angst eingejagt.«
»Schön für Karen.«
»Frag sie, ob sie tanzen will, du Trottel.«
»Ich kann nicht tanzen«, sagte Neal.
»Kriegsverwundet?«
»Ich weiß nicht, wie’s geht.«
»Nicht schwierig. Du stehst einfach auf und bewegst dich«, sagte Steve.
»Genau davon versteh’ ich nichts.«
»Vom Aufstehen oder Sichbewegen?«
»Von beidem.«
Steve beugte sich über den Tisch hinüber und bedachte Neal mit einem seiner treuseligen Cowboyblicke. »Es ist ja nicht, als wärst du Fred Astaire und sie Ginger Rogers. Ihr tanzt ja nicht, weil es eine Kunst ist. Ihr tanzt, du weißt schon … um euch näherzukommen. Nahezukommen.«
Yeah, genau – sich nahe kommen. Jemandem nahe zu kommen ist nicht gerade meine Spezialität, Steve. Die letzte Frau, der ich nahe gekommen bin, ist dann von ‘ner Klippe gefallen.
Neal trank sein Bier aus. Wenn er schnell genug trank, hatte er eine Entschuldigung, zur Bar zu entkommen und die nächste Runde auszugeben.
»Willst du noch eins?« fragte Neal und stand auf.
»Feigling.«
»Also, läßt du dir von einem Feigling was zu trinken spendieren?«
»Da bin ich nicht wählerisch. Aber beeil dich lieber, ich seh die Frauen schon zurückkommen.«
Neal ging zur Bar, holte sich einen Krug Bier und traf Cal Strekker.
»Bißchen hopsen gehen, New Yorker?« zischte Cal.
»Messer zu Hause gelassen, Cal?«
»Nee.«
Na toll. »Wo hast du’s versteckt?« fragte Neal. »Im Arsch?«
»In meinem Stiefel.«
»Na, dann tanz vorsichtig.«
»Willst du mit mir tanzen, New Yorker? Wollen wir die Sache zu Ende bringen?«
»Herrje, das würde ich wirklich gern, Cal, aber mein Bier wird warm.«
»Du bist ein feiger Hund.«
Da hast du durchaus recht, Cal.
»Teufel, Cal, ich hab’ dir doch gesagt, ich hab’ heut abend zu tun!« brüllte Neal. »Ich tanz’ ein andermal mit dir, okay?«
Cals Gesicht nahm eine Farbe an, die einem Stier gefallen hätte, während sich jede Menge Leute umschauten und ihn anstarrten. »Wir sehen uns noch, New Yorker«, zischte er.
Vielleicht in deinen Alpträumen, Idiot.
Neal stellte den Krug auf den Tisch und setzte sich. Steve, Peggy und Karen starrten ihn an.
»Hat Cal Strekker Ärger gemacht?« fragte Steve.
»Wieviel Ärger kann der schon machen?« entgegnete Neal und füllte die leeren Gläser nach.
»Jede Menge«, entgegnete Peggy. »Er hat im Knast gesessen, weil er in einer Bar in Reno jemanden umgebracht hat.«
Das war nicht in Reno, dachte Neal, es war in Spokane. Aber sonst stimmt’s.
»Zugereister Abschaum«, sagte Karen. Dann fügte sie schnell hinzu: »Anwesende ausgenommen.«
»Kein Problem«, sagte Neal. »Ich will sowieso länger bleiben.«
Karen sah ihn eine Weile an, dann sagte sie: »Dann lernst du besser mal tanzen.«
Sie schnappte sich seine Hand und zog ihn vom Stuhl, als die Band sich über eine hübsche kleine Nummer hermachte, in der achtzehn Räder über zweispurigen Asphalt rollten.
Karen hielt Neal mit zwei ausgestreckten Armen und hopste ein bißchen hin und her, und er gab sich alle Mühe, es ihr nach zu tun. Er spürte, wie seine Hände in ihren überraschend kühlen, sanften zu schwitzen begannen, und er kam sich so lächerlich vor, wie er wohl auch aussah. Insbesondere im Unterschied zur Schönheit Karen Hawleys, mit ihren langen Beinen, dem breiten Mund und den großen blauen Augen.
»Entspann dich!« rief sie
Weitere Kostenlose Bücher