Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
Beine, die durch ein Leben auf den Bergwegen kräftig und muskulös geworden waren. Ihre Hüften waren zwar ein bißchen breiter, als man es auf den Laufstegen in Paris sah, aber da wollte sie sowieso nicht hin. Ihre Jeans paßten ihr gut, und das weiße Western-Shirt, das sie trug, mußte sich über dem Busen ganz schön strecken, um dann noch rechtzeitig den Bauch zu erreichen, den sie sich mit den ganzen Sit-ups erarbeitet hatte. Es war ein guter Körper, fand Karen. Gut zum Wandern, gut zum Tanzen, gut für alles, wozu das Tanzen führte; gut dazu, Kinder zu bekommen. Bloß hatte sie noch keinen Mann gefunden, der sich lange genug irgendwo niederlassen wollte, um mit ihr ein Kind zu bekommen.
    »Ich will einfach nicht schon wieder einen ›Ich muß frei sein wie der Wind, Darling‹-, ›Lieb mich, lieb meinen Hund‹-, gitarrespielenden, den Mond anheulenden, in seinem Auto und meiner Küche wohnenden Cowboy-Bergmenschen haben, in den ich mich verliebe, und der dann nach Kalifornien abhaut, um ›sich selbst zu finden‹«, sagte Karen.
    »Du kannst mit ihm schlafen, ohne dich in ihn zu verlieben.«
    »Er ist wirklich niedlich.«
    Peggy Mills bürstete sich das Haar. »Er liest Bücher«, sagte sie.
    Das ist ja interessant, dachte Karen. Sie unterrichtete seit fünf Jahren in Austin die dritte Klasse und hatte mehr als einmal Eltern sagen hören, daß ihr Sohn nicht lesen können mußte, um zu wissen, wie man ein Kalb fing oder nach Gold schürfte. Natürlich nur, wenn sie überhaupt auch nur einen Elternteil dazu bewegen konnte, sich mit ihr zu treffen. Viele Eltern waren wunderbar, aber es gab auch jede Menge, die sie noch nie zu Gesicht bekommen hatte, nicht ein einziges Mal. Nicht mal zur Weihnachtsaufführung, wenn halb Nevada in die Stadt kam, um die Kinder als Rentier oder Jungfrau Maria verkleidet zu sehen. Während die meisten Kinder an ihrer Schule glücklich, gesund und reingewaschen waren, gab es auch einige traurige Exemplare, die schmutzig, unterernährt und einfach nur trübsinnig waren. Dann gab es noch die Kinder, die blaue Flecken hatten, die man nicht beim Fußballspielen in der Pause bekam. Als einer ihrer Jungs sogar mit Brandmalen zur Schule gekommen war, war Karen Hawley zu seinem abgelegenen Elternhaus gefahren, hatte seinen Daddy aus dem Alkoholdunst wachgerüttelt, ihm eine Pistole vor den Sack gehalten und ihm ganz genau erklärt, was passieren würde, wenn der Junior auch nur noch ein einziges Mal »gegen den Feuerofen taumelte«. In der Großen Einsamkeit hieß es, daß man sich nicht mit Karen anlegen sollte, oder mit jemand, um den Karen schützend ihre Arme gelegt hatte. Definitiv in die Arme geschlossen hatte sie die Kinder in der Schule.
    »Was für Bücher?« fragte Karen. »Erinnerst du dich noch an Charlie? Der hat auch Bücher gelesen. Vor allem über schwedische Stewardessen.«
    »Neal arbeitet an seinem Magister in Englisch.«
    »Noch ein unvermittelbarer Arbeitsloser.«
    »Du bist hartherzig, Hawley.«
    »Ich bin ein Marshmallow.«
    »Wie wahr.«
    »Wenn er mich fragt, tanz’ ich mit ihm, okay?« 
     
    »Du klebst auf diesem Stuhl, als würdest du Miete für ihn zahlen«, sagte Steve Mills zu Neal Carey.
    Neal trank sein Bier aus der Flasche, mampfte Erdnüsse und fühlte sich so wohl wie ein Eunuch auf einer Orgie.
    Neal Carey war in seinem Leben schon in jeder Menge Bars gewesen, früh und reichlich. Er war Samstag abends in irischen Pubs in New York gewesen, wenn Alkohol und Blut zu gleichen Teilen flossen, wenn Polizisten vor dem Dienst und nach dem Dienst und im Dienst ihre Revolver auf die Bar legten, während sie Doppelte tranken, wenn die Band die Gäste ihre fröhlichen Songs über zu Tode gemarterte Helden und noch zu tötende Engländer hatte mitsingen lassen. Nichts davon hatte ihn auf Phil and Margie’s Country Cabaret vorbereitet.
    Erstmal war da die Lage. Austin, Nevada, hätte auch aus einem Film von Robert Altman stammen können. Die breite Hauptstraße bestand aus Schlamm, flankiert von breiten hölzernen Bürgersteigen. Phil and Margie’s war ein großes, flaches, heruntergekommenes Haus mit einer klassischen Western-Fassade, schweren Fensterläden vor kleinen Fenstern, und mit Schwingtüren. Wenn Gary Cooper hier hereingekommen wäre, hätte sich Neal nicht sonderlich gewundert.
    Sie waren erst nach neun gekommen, so daß die übrigen Gäste einen deutlichen Vorsprung im Trinken, Rauchen und Tanzen hatten, insofern war die Luft im Inneren eine

Weitere Kostenlose Bücher