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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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pikante Mischung aus Second-Hand-Alkohol, Rauch und Schweiß, und dazu kam Parfüm, Cologne und versagendes Deo. Der delikate Duft gegrillter Hamburger und frisch fritierter Pommes waberte aus der Küche herein. Die Decke war niedrig, es war dunkel, und Neal wußte, wenn einer seiner Weißwein trinkenden, vegetarischen, unverhandelbar nichtrauchenden Freunde von der Columbia eine Samstagnacht in der Hölle verbringen mußte: So würde sie aussehen.
    Der Lärm war unglaublich, denn fünfzig Paar Cowboyboots, Minenarbeiterstiefel und Wanderschuhe auf dem Holzboden versuchten, den Nevada two-step zu tanzen, daß die Gläser hinter der Bar klirrten und die Wände zitterten. Wer etwas zu sagen hatte, brüllte aus nächster Nähe so laut er konnte, und auf diese Weise konnte man nicht unbedingt ernsthaft über den Dekonstruktivismus in der Literaturanalyse sprechen oder darüber verhandeln, was James Joyce möglicherweise zu Ezra Pound gesagt hätte.
    Sie hatten sich mit den Ellenbogen bis zu einem Tisch weit hinten durchgearbeitet, Steve hatte ein paar Typen auf den Rücken gehauen, und Peggy hatte so ungefähr alle Anwesenden umarmt. Peggy hatte darauf bestanden, als erste zur Bar zu gehen, und war mit vier Gläsern Bier und Karen Hawley im Schlepptau zurückgekehrt.
    Peggy hatte sie vorgestellt, Karen und Neal hatten einander die Hände gegeben. Sie setzte sich auf den Stuhl neben ihm, lächelte, und Neal war plötzlich sehr interessiert an der Band.
    Nicht, daß die Band uninteressant gewesen wäre. Neal hielt alles, was man in New Jersey oder Connecticut sang oder schrammelte für Countrymusik. Insofern war er nicht vorbereitet gewesen auf New Red and the Mountain Men. New Red war Leadsänger und Rhythmusgitarrist. Ein junger Typ mit sandfarbenem Haar und Bart. Er trug eine Gabelstaplerfahrerkappe, ein schlichtes Hemd, eine schwarze Holzfällerhose und Tennisschuhe. Sein Gesicht war so freundlich wie ein paar alter Socken. Drummer war eine Frau mit hüftlangem blondem Haar, einem schwarzen Cowboyhut, einem schwarzen Western-Shirt mit roten Rosen auf der Brust, einer engen schwarzen Jeans und schwarzen Cowboystiefeln. Neal war nicht überrascht, von Steve zu hören, daß sie Sharon Black hieß – alias »Blackie«. Immerhin war sie ein guter Drummer. Der Bassist war groß, und seine braunen Locken fielen ihm bis auf die Schultern, außerdem hatte er einen buschigen Bart, trug einen Overall zu Jeanshemd und Cowboyboots, die er möglicherweise schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte. Die Geigerin (»sie spielt eine Fiddle, Neal«) war eine Frau in den Vierzigern, die aussah wie eine, die zwanzig Katzen zu Hause hatte, und Windspiele dazu. Sie trug eine blumig bedruckte Bluse, eine Malerhose und Sandalen, und ihr Haar war eine wilde Mischung aus Gold und Grau.
    Egal wie sie aussahen, sie konnten spielen. Über das dumpfe Dröhnen der Massen hinweg konnte Neal die Musik so klar hören wie den Bach, der hinter seiner Hütte entlanggurgelte, jede Note ganz klar herausgearbeitet und doch eingebettet in den Strom. Und ungefähr genauso mühelos. Neal sah die Finger des Gitarristen über die Saiten gleiten, sah ihn kraftvoll und präzise die Akkorde spielen oder über die Bünde huschen, um einzelne Noten hervorzulocken. Er sah Blackies Hände mit den Sticks Muster auf den Drums zeichnen, und ihre Hüften wippten im Takt, den sie mit der Baßtrommel vorgab. Er sah die Katzenfrau ihre Fiddle an die Wange drücken, als wäre sie ein Baby, aber sie strich so schnell und kräftig über die Saiten, als wollte sie das Instrument Flammen schlagen lassen. Er schaute um so genauer hin, weil er spürte, wie Peggy ihn beobachtete und Karen versuchte, eben das nicht zu tun.
    So kam er ganz gut über die Runden, bis Steve, dieser Spielverderber, den Arm ausstreckte und seine Frau bei der Hand nahm, um sich gemeinsam den Weg auf die Tanzfläche zu bahnen.
    Was viel gemeiner ist, als mich in dem schuckeligen Pick-up mit dem Kalb allein zu lassen, dachte Neal.
    Dann wurde ihm klar, daß er seit Jahren nicht mehr richtig mit einer Frau geredet hatte, abgesehen von Peggy und Shelly Mills, die nicht zählten.
    »Wo kommst du her?« brüllte Karen.
    Tja, ich habe die letzten drei Jahre in einem buddhistischen Kloster gelebt, und das Jahr davor im Moor in Yorkshire … »New York«, brüllte er zurück.
    »City oder State?«
    »City!«
    So weit, so gut.
    »Und wo kommst du her?« fragte er und bemerkte, daß seine Stimme so dünn und

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