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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Shortbread-Keks, während Ethan Kitteredge nachdachte.
    »Sie haben gesagt, Neal Carey hat sich in diese Gruppe eingeschlichen?« fragte Kitteredge.
    »Ja und nein«, entgegnete Ed. »Neal hat das mit Kreisen innerhalb von Kreisen verglichen. Er hat das Gefühl, daß er den ersten Kreis durchbrochen hat, aber noch lange nicht im Zentrum ist.«
    »Und Sie teilen seine Ansicht.«
    »Ja, Sir.«
    »Schottisch«, sagte Kitteredge.
    »Wie meinen?«
    »Der Keks.«
    »Er ist sehr gut.«
    »Ja«, sagte Kitteredge. »Carey ist schon lange undercover, nicht?«
    »Ungefähr drei Monate«, gab Ed zu.
    »Gehen Sie davon aus, daß er seine Rolle noch länger durchhalten kann?«
    Ed nahm einen großen Schluck Kaffee und noch einen Biß von seinem Keks, bevor er das beantwortete. Er mußte vorsichtig sein, denn er wußte – ebenso wie Kitteredge –, daß drei Monate undercover schon eine lange Zeit waren, ganz egal, was Fernsehen und Kino einen Glauben machen wollten. Und Carey war lang genug dort draußen gewesen, ohne mit einem Vorgesetzten zu sprechen – ohne menschlichen Kontakt. Bei einem Undercover-Einsatz kann man leicht vergessen, was wahr ist und was gespielt. Man wird einsam, unsicher, paranoid. Aber nicht Neal Carey.
    »Neal Carey«, sagte Ed, »ist perfekt für Undercover-Einsätze. Er hat keinen Charakter.«
    Kitteredge zog die Augenbrauen hoch, in Erwartung einer Erklärung dieses Vorwurfes.
    »Neal hat jede Menge Persönlichkeit«, erklärte Ed, obwohl er fand, daß der Großteil von Neals Persönlichkeit mehr oder weniger für die Katz’ war, »aber keinen eigenen Charakter. Er hat als Kind bei uns angefangen. Während andere Kinder seines Alters ihren Charakter ausbildeten, hat Neal sich Cover-Stories ausgedacht. Er ist ein Chamäleon – er nimmt die Farbe seiner Umgebung an. In diesem Sinne, Sir, ist Neal immer undercover, ob im Einsatz oder nicht.«
    »Kann er seiner Aufgabe gerecht werden?«
    »Niemand sonst.«
    Kitteredge schwieg wieder.
    Als er dann zu sprechen begann, legte er die Fingerspitzen vor seinen Lippen in einer unbewußten Gebets-Geste zusammen. Ed wußte, daß er eine Entscheidung getroffen hatte.
    »Ja … ich verabscheue diese Wesen, Mr. Levine. Sie sind eine Beleidigung für unsere Flagge, unsere Religion und unsere Menschlichkeit.«
    »Ja, Sir«, entgegnete Ed, wobei er den Bezug auf die Religion ignorierte oder davon ausging, daß es sich um eine Referenz auf die gesamte jüdisch-christliche Tradition handelte.
    »Deswegen autorisiere ich Ihren Plan. Infiltrieren Sie sie, klären Sie das Schicksal Cody McCalls, zerstören Sie sie.«
    Ed spürte eine Welle der Erleichterung in sich aufkommen. Und noch etwas anderes. Erregung.
    »Ja, Sir. Vielen Dank.«
    »Nehmen Sie noch ein Shortbread.«
    »Ich bin auf Diät, Sir.«
    »Ich hatte das Gefühl, daß Sie ein bißchen dünn aussehen.«
    Ed stellte seine Tasse ab und hörte sie auf der Untertasse klirren. Ihm wurde klar, daß seine Hand zitterte.
    »Sir«, fragte er, »autorisieren Sie auch endgültige Schritte zur Klärung dieser Angelegenheit?«
    »Falls notwendig«, entgegnete Kitteredge.
    In den fünfzehn Jahren bei dieser Firma hatte Ed niemals die Erlaubnis erhalten – oder erbeten – zu töten.
    Kitteredge nahm einen Shortbread-Keks, biß ein kleines Stückchen ab und kaute es zigfach, bevor er es schluckte. »Und wenn sich herausstellt, daß diese Wesen am Tod Cody McCalls Schuld tragen, wird eine endgültige Klärung notwendig sein. Haben Sie verstanden?«
    »Ja, Sir«, entgegnete Ed. Völlig verstanden. Wir reden hier über alttestamentarische Gerechtigkeit.
    »Bleiben Sie über Nacht oder soll ich den Helikopter rufen?« fragte Kitteredge.
    »Ich sollte zurück nach New York fliegen«, sagte Ed. Er hatte viel zu tun.
    »Natürlich«, entgegnete Kitteredge.
    »Sir … soll ich Anne Kelley anrufen, oder möchten Sie das selbst tun?«
    »Ich wüßte nicht, warum wir Miss Kelley jetzt Angst einjagen sollten, bevor wir genau wissen, was mit dem Jungen geschehen ist.«
    »Ja, Sir. Darf ich wohl einmal telefonieren?«
    »Natürlich.« 
     
    Joe Graham nahm den Hörer ab. Normalerweise wurde er nicht gern angerufen, aber diesmal war es eine Erleichterung. Das kleine Zimmer in dem billigen Hotel machte ihn fertig. Der Teppich mußte shampooniert werden, die Matratze war weich, die Federn waren kaputt, und alles, was er aus seinem Fenster sehen konnte, war eine Feuerleiter sowie ein Doughnut- und Schnaps-Laden auf der anderen Straßenseite.

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