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Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend

Titel: Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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wir bäuchlings aufeinander zu und waren mit großem Ernst bei der Sache. Sogar ich. Es war da etwas dran, das einem das Blut in Wallung brachte. Sicher war es stupid, und das wussten wir auch alle, oder jedenfalls die meisten von uns, aber irgend etwas klickte in unserem Hirn, so dass wir uns richtig reinknien wollten. Als Kommandeur hatten wir einen alten pensionierten Berufsoffizier: Colonel Sussex. Er wurde allmählich senil und hatte dauernd Speichelfäden aus den Mundwinkeln hängen. Der Sabber lief ihm herunter und sammelte sich unter seinem Kinn. Er sagte nie ein Wort. Er stand nur da in seiner Uniform, die Brust voll Lametta, und ließ sich von der Chelsey Highschool ein Gehalt zahlen. Während unserer Manöver schleppte er ein Clipboard mit einer Tabelle durch die Gegend und trug darauf ein, wie viele Punkte jede Partei machte. Er stand auf einem Feldherrenhügel und hakte seine Tabelle ab. Oder auch nicht. Jedenfalls sagte er uns nie, wer gewonnen hatte. Jede Seite behauptete also regelmäßig, der Sieger zu sein. Das gab jedes mal böses Blut.
    Leutnant Herman Beechcroft war am besten. Sein Vater hatte eine Bäckerei und einen »Hotel Catering Service« - was immer das sein mochte. Vor jedem Manöver hielt der Leutnant die gleiche Rede:
    »Denkt dran, ihr müsst den Feind hassen! Die wollet eure Mütter und Schwestern vergewaltigen! Wollt ihr vielleicht, dass diese Monster eure Mütter und Schwestern vergewaltigen?«
    Lt. Beechcroft hatte fast gar kein Kinn. Sein Gesicht brach einfach ab, wo das Kinn hätte sein
sollen, und er hatte da nur so einen kleinen Knopf. Wir waren uns nicht sicher, ob es eine
Missbildung war oder nicht. Aber seine Augen waren prachtvoll in ihrer Wildheit -große blaue
gleißende Symbole von Krieg und Sieg.
»Whitlinger!
»Ja, Sir!«
»Würden Sie wollen, dass diese Kerle Ihre Mutter vergewaltigen?«
»Meine Mutter ist schon tot, Sir.«
»Oh. Das tut mir leid. Drake!«
»Ja, Sir!«
»Wollen Sie, dass diese Kerle Ihre Mutter vergewaltigen?«
»Nein, Sir!«
    »Gut. Also denkt daran: Wir sind im Krieg Wenn man uns schont, haben wir nichts dagegen, aber wir gewähren keine Schonung! Ihr müsst den Feind hassen. Killen müsst ihr ihn! Ein toter Mann kann euch nicht mehr besiegen. Verlieren ist eine Krankheit! Nur der Sieger macht Geschichte! SO, UND JETZT GEHN WIR DA RAUS UND GREIFEN UNS DIESE SCHWANZLUTSCHER!«
    Wir schwärmten aus, schickten Späher vor und fingen an, durchs Gebüsch zu kriechen. Auf seinem Hügel konnte ich Col. Sussex mit seinem Clipboard sehen. Die Blauen kämpften gegen die Grünen, und jeder hatte einen Lappen mit seiner Farbe um den Oberarm. Ich war bei den Blauen. Diese Kriecherei im Gestrüpp war die reine Hölle. Es war heiß, es gab Insekten, Staub, Steine, Dornen. Ich wusste bald nicht mehr, wo ich war. Kozak, unser Zugführer, war irgendwo verschwunden. Die Verständigung klappte nicht. Wir waren geliefert. Unsere Mütter würden alle vergewaltigt werden.
    Ich kroch vorwärts, schürfte mir alles mögliche auf, hatte ein verirrtes Gefühl und einige Angst, aber am meisten kam ich mir wie ein Idiot vor. All das freie Gelände, der leere Himmel darüber, Hügel, Wasserläufe, ein Hektar nach dem anderen. Wem gehörte das alles? Wahrscheinlich dem reichen Vater irgendeines Mitschülers. Wir würden hier überhaupt nichts erobern. Vermutlich hatte man der Schule das Gelände einfach so überlassen. RAUCHEN VERBOTEN stand auf einem Schild. Ich kroch voran. Wir hatten keine Luftüberlegenheit, keine Panzer, gar nichts. Wir waren nichts als ein Haufen Schwuchteln bei einem laschen Manöver, ohne Fressen, ohne Frauen, ohne Sinn und Verstand. Ich stand auf, ging zu einem Baum, setzte mich hin und legte mein Gewehr weg.

    Keiner wusste, wo es lang ging, die ganze Geschichte war verfahren, warum also weitermachen? Ich nahm die Armbinde ab und wartete auf eine Ambulanz vom Roten Kreuz oder sonst was. Krieg mochte durchaus die Hölle sein, aber die Pausen dazwischen waren ausgesprochen langweilig.
    Da teilte sich das Gestrüpp. Ein Kerl sprang heraus und sah mich. Er hatte einen grünen Lappen am Arm. Aha. Ein Frauenschänder. Er legte mit seiner Flinte auf mich an. Er wollte
    einen Gefangenen machen. Ich kannte ihn. Er hieß Harry Missions, und seinem Vater gehörte
eine Holzhandlung. Ich saß da, an meinen Baum gelehnt.
»Blau oder Grün?« brüllte er.
»Ich bin Mata Hari.«
»Ein Spion! Die fang ich auch!«
    »Komm, lass den Quatsch, Harry. Das ist doch ein Spiel

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