Das Schlitzohr
viel
Verständnis. Als die Gemeinderäte von Ludwigsburg die riesigen Erdhäufen sahen,
bekamen sie Zweifel an der Richtigkeit ihrer Entscheidung, und als der Name
»Blühendes Barock« bekannt wurde, hieß es bald in der ganzen Stadt »Blühendes
Bankrott«, denn kein Mensch konnte sich vorstellen, daß die Sache gut ausgehen
würde.
Das größte Problem war der Schloßgarten
südlich des Schlosses. Dieser war Anfang des 19. Jahrhunderts vom Architekten
Zanth im Zeitgeschmack gestaltet worden.
Dabei wurde das Schloß als Nebensache
behandelt und von den Alleen, den großen Rasenflächen und vier
überdimensionierten Vasen erdrückt. Nun wäre eine Rekonstruktion des
ursprünglichen Schloßgartens die beste Lösung gewesen, aber da Herzog Eberhard
Ludwig, der Erbauer des Schlosses, vor der Anlage des Gartens starb und seine
Nachfolger die Residenz wieder nach Stuttgart verlegten, wurden Schloßgarten
und Park nicht mehr vollständig angelegt. Außerdem waren keine Pläne vorhanden,
da der Architekt Frisoni vor seiner Verhaftung nach Weingarten flüchtete und
die Pläne mitnahm. Deshalb blieb gar nichts anderes übrig, als einen Garten im
barocken Sinne mit modernen Mitteln nachzuempfinden, um dem Schloß gerecht zu
werden. Die Vasen wurden entfernt, das Gelände zwischen Schloß und See
eingeebnet und die Erde südlich des Sees rechts und links eines vertieften
Mittelstreifens aufgeschüttet. Das entstandene ebene Gelände zwischen See und
Schloß wurde mit reichem Blumenschmuck versehen und zu beiden Seiten mit
heckenumgebenen Gärten begrenzt.
Dadurch wurde das Schloß zum
Mittelpunkt der Anlage und erschien zur allgemeinen Überraschung weit größer
und prächtiger als zuvor. Auch der ovale See, der vorher einige Meter unter dem
Niveau lag und deshalb erst ins Blickfeld kam, wenn man davorstand, wurde
dadurch sichtbar und wirkte wesentlich größer. Aber nicht nur der Blick auf das
Schloß hatte gewonnen, sondern auch der Blick vom Schloß auf den Garten.
Es wird mir gelegentlich unterstellt,
daß ich bei der Neugestaltung des Gartens eine Barockanlage kopieren wollte.
Das ist ganz und gar nicht der Fall. Es lag mir nur daran, dem Juwel Schloß die
entsprechende Fassung zu geben, wobei ich mich bewußt moderner Mittel bediente.
Ich wollte dabei weder konservieren noch historisieren, sondern dem Schloß
durch eine lebensvolle Gestaltung wieder seine hervorragende Rolle zuweisen.
Die nächste Aufgabe, die wir anpacken
mußten, war die Wiederherstellung des Schloßparks. Das Gelände östlich und
nördlich des Schlosses hatte ein wechselvolles Schicksal. Das nördliche Stück,
ursprünglich ein tiefes Tal, über das sich kühn der Schloßbau Herzog Eberhard
Ludwigs erhob, wurde hundert Jahre später während der Regierungszeit von Herzog
bzw. König Friedrich zugeschüttet.
Der östliche Parkteil besteht aus zwei
Teilen. Der erste Teil ist ein hochgelegenes Plateau, das auf dem gleichen
Niveau wie das Schloß liegt. Ursprünglich war es durch eine Brücke mit dem
Schloß verbunden, die unter König Friedrich durch einen Damm ersetzt wurde. Auf
diesem Plateau stand das damals größte Opernhaus Europas. Es war allerdings nur
aus Holz und Sackleinwand konstruiert, hatte aber gerade deshalb eine
hervorragende Akustik. Heute ist an seiner Stelle der Schüsselesee.
Der zweite Teil des Parks wird von
einem Seitental des Tälesbachs, vom Tälesbachtal selbst und von einem
ehemaligen Steinbruch gebildet, der das Baumaterial für Schloß und Stadt
lieferte. Zu einem richtigen Park an dieser Stelle kam es erst unter König
Friedrich, der für seine funkelnagelneue Königswürde von 1805 auch ein
passendes Schloß brauchte. Der Park wurde im englischen Landschaftsstil
angelegt, wobei er allerdings ungewöhnlich stark mit romantischen Attributen
gespickt war, wie Teufelsbrücke, Emichsburg, Ruine eines Aquädukts und vieles
andere mehr.
Eine vollkommene Neuplanung war hier
nicht erforderlich, es galt nur, die Wege zu verbreitern und so zu verlegen,
daß große Perspektiven geschaffen wurden. Das Gelände war nämlich wirklich interessant
und der Baumbestand nach einer gründlichen Durchforstung wertvoll.
Besonderes Kopfzerbrechen machte uns
die Planie. Der Garten an der Nordfront des Schlosses hätte dringend einer
besonders intensiven Gestaltung bedurft. Leider reichten unsere Mittel dafür
nicht aus. Deshalb entschloß ich mich, eine Sanierung auf später zu verschieben
und an dieser Stelle für die Dauer der
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