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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Ausstellung das Festzelt und einen
Vorführungsplatz einzurichten. Das widersprach keineswegs dem Geist des Barock,
denn in dieser Zeit war es üblich, Zelte bei den Schlössern aufzuschlagen, um
Feste zu feiern.
    Die Frage, wie bringe ich die Besucher
vom Ausstellungsteil Schloßgarten in den anderen Teil, den Schloßpark, lag mir
noch mehr am Herzen. Das letzte Stück der Mömpelgardstraße schob sich nämlich
auf fast hundert Meter Länge wie ein Keil zwischen diese beiden Gärten. Wir
lösten das Problem so: Zwischen der Straße und dem Schloßgarten befand sich ein
etwa acht Meter breiter ungepflegter Grünstreifen, außerdem standen entlang der
letzten 60 Meter der Straße keine Wohnhäuser. Wir legten auf dem Grünstreifen
einen breiten Weg an und begrenzten ihn zur Mömpelgardstraße durch eine Reihe
von Verkaufsständen. Die Verkaufsstände hatten gleich drei Vorteile an dieser
Stelle. Die Besucher merkten dadurch nicht, daß sie gewissermaßen über eine Art
Hinterhof geführt wurden. Außerdem war die schwierige Frage der Unterbringung
dieser Stände, die zwar notwendig, aber meist störend sind, gelöst. Auch vom
Standpunkt der Pächter war der Platz ideal, weil jeder Besucher zweimal,
nämlich beim Hin- und beim Rückweg, die Verkaufsstraße passieren mußte.
    Noch eine ganze Reihe anderer Details
mußte einwandfrei gelöst werden, wenn die Ausstellung ein Erfolg werden sollte.
Wichtig war vor allem, daß wir einen Blütenkalender ausarbeiteten, der die
Gewähr bot, daß die Besucher zu jeder Zeit eine reiche Blüte antrafen. Da die
Ludwigsburger Gartenschau vom Frühjahr bis zum Herbst dauern sollte, mußten wir
sehr sorgfältig planen.
    Ganz besonderes Augenmerk richtete ich
auf die abendliche Beleuchtung. Im Schloßgarten ließ ich die Alleen durch
eingegrabene Scheinwerfer anstrahlen. Die Fontänen im See und den Heckengärten
erhielten weißes Licht. Sie bildeten einen reizvollen Gegensatz zu den kleinen
Fontänen in den Rabatten, bei denen durch rotierende Farbfilter die Farbe
ständig wechselte. Das gab dem Ganzen etwas Funkelndes und Geheimnisvolles, das
den Reiz des abendlichen Gartens steigerte.
    Problematisch war die Schloßfront. Die
Beleuchtungstechniker wollten sie »gut und gleichmäßig ausleuchten«. Das war
zwar sehr ordentlich, aber unglaublich langweilig. Auf meine Anregung hin
wurden die Scheinwerfer nahe am Schloß aufgestellt und zwar so, daß das Licht
von unten und von der Seite auf die Front fiel. Sofort warf jedes Gesims und
jeder Vorsprung einen klar abgegrenzten Schatten, der die Gliederung des
Schlosses in einer großartigen Weise hervorhob und die Fassade weit lebendiger
erscheinen ließ als bei Tageslicht. Es war ein richtiges Märchenschloß
geworden.
    Da inzwischen der Landtag die
Gartenschau genehmigt hatte, stand der Gründung einer Ausstellungs-GmbH
zwischen Stadt und Land nichts mehr im Wege. Ich wurde zum Geschäftsführer
bestimmt und der Ludwigsburger Verkehrsdirektor als Vertreter der Stadt zum
zweiten Geschäftsführer ernannt. Dazu kam ein Aufsichtsrat mit je drei
Vertretern der Stadt und des Landes.
    Gleichzeitig wurde ein Vertrag mit dem
Württembergischen Gärtnereiverband als ideellem Träger der Ausstellung
geschlossen. Der Verband stellte einen Sonderbeauftragten, dem die Koordination
mit der Ausstellungsleitung und die Organisation der ausstellungswilligen
Gärtner oblag. Das heißt mit anderen Worten, er mußte sich dafür einsetzen, daß
genügend Exponate für die einzelnen Sonderschauen vorhanden waren, die Preisgerichte
zusammenstellen und vorbereiten. Das war sehr viel Kleinarbeit, die große
Umsicht und Gewandtheit erforderte.
    Im Herbst 1953 waren die meisten
Flächen des Geländes soweit planiert, daß die Beete angepflanzt werden konnten.
Es mußten nun Zehntausende von Gehölzen und Hunderte von Metern Hecke, die bis
zu drei Meter hoch waren, gepflanzt werden. Aus den verschiedenen Baum- und
Rosenschulen kamen 22 000 Rosen. Auf der Bärenwiese hatten wir eine
provisorische Gärtnerei aus dem Boden gestampft. Dort hatten wir im Laufe des
Sommers 400 000 Goldlack, Vergißmeinnicht, Stiefmütterchen und andere
Frühlingsblüher gezogen, die darauf warteten, in die Schaubeete zu kommen. Dazu
waren über eine halbe Million Blumenzwiebeln und einige hunderttausend Stauden
eingetroffen, die alle gepflanzt sein wollten. Die Gärtner der Wilhelma waren
wieder einmal die letzte Rettung, da 90 Prozent der vorhandenen Arbeitskräfte
aus dem bäuerlichen

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