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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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könnten. Ich überlegte mir,
daß wir durch eine solche Gartenschau den Park auf einen Schlag in Ordnung
bringen könnten. Es mußte klappen, ich war fast sicher, denn ein aktueller
Anlaß, besser gesagt sogar zwei, ließen sich auch finden. 1954 wurde das Schloß
Ludwigsburg 250 Jahre alt und der Württembergische Gärtnereiverband konnte sein
5ojähriges Bestehen feiern.
    Ich war von meiner Idee so begeistert,
daß ich sie sofort meinem Mitarbeiter Redmann, den ich nach Hannover
mitgenommen hatte, auseinandersetzte. Die Wirkung war frappierend. Redmann
klappte den Unterkiefer herunter, trat einen Schritt zurück und riß die Augen
auf. Erst nach einiger Zeit rang er sich die Worte ab: »Wenn Sie meinen?«
Später vertraute er mir an, daß sein erster Gedanke war: »Jetzt hat der Chef
den Verstand verloren!«
    Noch in Hannover trug ich dem
Präsidenten des Württembergischen Gärtnereiverbandes, Stadtrat Hausmann, meine
Idee vor, und er war davon recht angetan. Eine solche Gartenschau, so meinte
er, wäre der ideale Rahmen für das Jubiläum seines Verbandes. Außerdem hätte es
für seinen Verband den Vorteil, daß die Schloßgartenleitung der finanzielle
Träger der Veranstaltung sein würde und nicht der Verband.
    Aus Hannover zurückgekehrt, kam die
Zeit der nüchternen Überlegung. Zurück wollte und konnte ich auf keinen Fall
mehr, denn ich hatte meinem Freund Hausmann schon zuviel versprochen. Es begann
deshalb ein heftiges Planen; dabei avancierte der Kassenraum, der sich in dem
achteckigen Pavillon am Eingang der Wilhelma befand, zum Architekturbüro.
    Als wir im Frühjahr 1952 nicht nur die
Pläne für die Gartenschau, sondern auch ein Modell fertig hatten, legten wir
beides dem Finanzministerium vor. Da Ludwigsburg der Wahlkreis des Ministers
war, interessierte er sich persönlich für diese Pläne. Er war skeptisch was die
Finanzierung betraf, aber er wollte auch seines Wahlkreises wegen meine
Vorschläge nicht selbst ablehnen. So gab er den Schwarzen Peter an die Stadt
Ludwigsburg weiter. Er verlangte nämlich, daß ich zuerst die Erklärung der
Stadt Ludwigsburg und ihres Gemeinderats beibringe, sich finanziell an der
Gartenschau zu beteiligen. Das hatte ich vorausgesehen und den Boden schon
vorbereitet. Ich hatte bereits den Oberbürgermeister Dr. Elmar Doch aufgesucht
und ihn zu einem Rundgang durch den Schloßgarten eingeladen.
    Da durch meine Aktion nach dem
Verschwinden des Mädchens der hintere Parkteil wesentlich weiträumiger wirkte,
war Dr. Doch höchst angenehm überrascht und bezeichnete die geplante
Ausstellung als die große Chance für seine Stadt. Als ich nun mit der Auflage
des Ministers zu ihm kam, war der Oberbürgermeister sofort bereit, die Sache in
die nächste Sitzung des Gemeinderats zu bringen. Anhand der Pläne sollte ich
über das ganze Projekt berichten. Vorsorglich hatte Dr. Doch dieses Problem als
letzten Punkt auf die Tagesordnung gesetzt in der Erwartung, daß dann die
wenigsten Einwände kommen, weil jeder nach Hause drängt.
    Mein Auftritt war etwa um 18 Uhr
vorgesehen. Doch wie es das Schicksal wollte, hatte sich bei einem vorherigen
Punkt der Tagesordnung ein Parteienstreit ganz unerwartet entzündet, der
sämtliche Termine verschob. Der Punkt Gartenschau kam deshalb erst um 20 Uhr an
die Reihe. Als ich in den Sitzungssaal kam und die abgekämpften, müden
Gesichter sah, war ich von dem Willen beseelt, auch noch den Letzten
aufzuwecken. Ich steigerte mich bei meinem Vortrag in eine derartige
Begeisterung hinein, daß ich das ganze Gremium mitriß. Im Saal herrschte
gespannte Aufmerksamkeit, und als ich nach einer dreiviertel Stunde geendet
hatte, ertönte rauschender Beifall. Der Antrag, der gemeinsamen Ausstellung von
Stadt und Land zuzustimmen, wurde einstimmig angenommen.
    Jetzt blieb auch dem Finanzministerium
nichts anderes übrig, als die Gartenschau zu genehmigen. Wenn ich nun glaubte,
daß damit grünes Licht für ihre Durchführung gegeben war, hatte ich mich
gründlich getäuscht. Die Schwierigkeiten fingen jetzt erst an. Zuerst mußte mit
der Stadt Ludwigsburg ein Vertrag ausgehandelt werden, in dem insbesondere die
Höhe und das Verhältnis der Beteiligung festgelegt wurden. Damit war aber noch
lange kein Geld da, denn die Mittel mußten erst im Landeshaushalt eingesetzt
werden. Da es inzwischen April 1952 geworden war, konnte dies frühestens im
Haushaltsplan 1953 geschehen.
     
     
     

Vom »Blühenden
Bankrott« zum »Blühenden Barock«
     
     
    Das

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