Das Schlitzohr
Bereich stammten und noch nie vorher ein Setzholz in der
Hand gehabt, geschweige Stauden oder Rosen gepflanzt hatten. Aber auch die
Gärtner der Kreisgruppe Ludwigsburg haben uns nicht im Stich gelassen. Zuletzt
gingen uns noch zu allem Unglück die Pflanzen aus, und bestimmte Farben waren
in der näheren Umgebung von Ludwigsburg nicht aufzutreiben. Da brachte einer
meiner leitenden Mitarbeiter das Kunststück fertig und fuhr abends noch mit dem
LKW zu einer Gärtnerei im Schwarzwald, lud dort die bereitstehenden Pflanzen
ein und war morgens bei Arbeitsbeginn mit dem Pflanzgut wieder zur Stelle. So
waren durch die begeisterte Zusammenarbeit vor dem ersten Schneefall alle
Pflanzen in der Erde, soweit es die Vorbereitungen erlaubten.
Trotzdem war im Frühjahr darauf noch
viel zu tun, zumal das Wetter denkbar ungünstig war. So mußten wir an Ostern
bei Schneegestöber arbeiten, was mich veranlaßte, meinen Mitarbeitern frohe
Weihnachten zu wünschen. Am meisten Sorge machten mir die Wege. Sie waren durch
den vielen Regen und die Fahrzeuge grundlos geworden. Da wir die meisten
Rasenflächen erst im Frühjahr ansäen konnten, war acht Tage vor der Eröffnung
gerade ein zarter grüner Flaum zu erkennen. Es war deshalb ein großes Glück für
mich, daß mein treuer Mitarbeiter Redmann ununterbrochen auf den Beinen war,
denn ich war durch die Vorbereitung der Blumenschau im Schloß restlos in
Anspruch genommen.
Eine Blumenschau in den Prunkräumen des
Ludwigsburger Schlosses zu veranstalten, grenzte in den Augen mancher
Museumsleute an ein Sakrileg. Sie hielten meinen Plan für völlig absurd. Um so
größer waren Überraschung und Verbitterung, als ich eines Tages die Genehmigung
dazu erhalten hatte. Diese Genehmigung hatte ich in erster Linie dem
Verständnis des Vorstandes der Vermögensverwaltung, dem damaligen
Regierungsdirektor Dr. Walter Krauter zu verdanken, der mir auch in der
folgenden Zeit zwei Jahrzehnte als Aufsichtsratsmitglied des Blühenden Barock
zur Seite stand.
An sich hätte die Museumsleitung über
die Blumenschauen glücklich sein müssen, denn dadurch wurde das Schloß dem
Volke nähergerückt. Viele Hunderttausende wären ohne diesen Anlaß nie auf den
Gedanken gekommen, das Schloß zu besichtigen. So hat sich seit Bestehen des
Blühenden Barock die jährliche Besucherzahl verfünffacht.
Die Vorbereitungen waren abgeschlossen,
und ich hatte nach längerem Hick-Hack mit den verschiedenen Gremien auch den
Namen Blühendes Barock für die Ausstellung durchgesetzt. Um ihre Bedeutung zu
unterstreichen, wurde der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Dr.
Gebhard Müller, gebeten, sie zu eröffnen. Es waren über tausend Ehrengäste
eingeladen. Zu unserer Überraschung sagte der überwiegende Teil zu, so daß wir
Sorge hatten, daß die Ludwigsburger Stadthalle nicht genug Platz bieten würde.
Die musikalische Umrahmung übernahm das Orchester des Württembergischen
Staatstheaters unter Leitung von Generalmusikdirektor Leitner. Unter den
Ehrengästen war fast das gesamte Kabinett, das Haus Württemberg und zahlreiche
bedeutende Fachleute. Nach wochenlangem Regen hatte Petrus genau an diesem Tag
am blank gefegten Himmel die schönste Sonne aufgezogen. So gingen die Festgäste
durch die frischgeschnittene Hochhecke der 200jährigen Linden zum Blühenden
Barock, und ihr Gang durch den Park und die Blumenschau im Schloß war ein
großer Erfolg.
Die Eröffnungsfeier benutzte ich zu
einer persönlichen Rache. Ich hatte nämlich auch den Gartenarchitekten
eingeladen, der mir beim Aufbau der Ausstellung die größten Hindernisse in den
Weg gelegt hatte. Er kam in der Hoffnung, daß die Eröffnung schiefgehe. Ich
stellte ihn meinem Minister als meinen größten Gegner vor. Er fühlte sich
dadurch sehr geschmeichelt, besonders als er mit dem Minister und mir
fotografiert wurde. Ein zweites Bild, das ihn mit mir allein zeigte, erschien
in der Zeitung, und in der Bildunterschrift wurde er als Gratulant apostrophiert.
Das brachte nun seine Gesinnungsgenossen in Rage, und es hagelte nur so
Beschimpfungen auf den Armen herab. Er hatte es allerdings auch nicht anders
verdient.
Inzwischen war die Gartenschau glänzend
angelaufen. Schon der Vorverkauf der Dauerkarten hatte einen unerwarteten
Zulauf. Etwa 70 Prozent der Ludwigsburger über acht Jahre lösten Dauerkarten.
Das war noch bei keiner Gartenschau in Deutschland dagewesen.
Ein wichtiger Grund für den guten
Besuch war unser Bestreben, auf die
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