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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Wir freuten uns über dieses
schon als Jungtiere stattliche Paar und malten uns aus, wie die Tiere aussehen
würden, wenn sie erwachsen sind. Dazu kam es leider nicht, denn nach wenigen
Tagen lag Tristan morgens tot im Wasser. Das war wirklich ein Blitz aus
heiterem Himmel, wir konnten uns dieses Phänomen mit dem besten Willen nicht
erklären. Bis uns beim Literaturstudium eine Untersuchung in die Hände fiel, in
der zu lesen war, daß See-Elefanten-Teenager, die während des Transports gut
fressen, beim Einsetzen in ein Becken vielfach einem Herzschlag erliegen.
Während des Transports haben sie nämlich zu wenig Bewegung, setzen deshalb noch
mehr Fett an, und ihr Herz ist den plötzlichen Anstrengungen nicht mehr
gewachsen. Diesen Bericht hatten wir leider etwas zu spät entdeckt. Wir
beschworen Herrn Gräber, den nächsten See-Elefanten nur wenig zu füttern und
für möglichst viel Bewegung zu sorgen. Dieses Verfahren hat sich auch bewährt,
denn als Tristan II. im nächsten Jahr das Robbenbecken bezog, machte seine
Eingewöhnung nicht die geringste Schwierigkeit. Dank seiner Gelehrigkeit wurde
er bald ein gefeierter Star in der Wilhelma.
    Aus dem Tod des ersten See-Elefanten
zogen wir den Schluß, daß eine Beschäftigung dieser Tiere wichtig ist, da sie
in der Weite des Ozeans große Strecken zurücklegen, um genügend Nahrung zu
bekommen. Eine mit viel Bewegung verbundene Dressur und eine nicht zu üppige
Ernährung schien uns die Voraussetzung für ein langes Leben dieser Tiere im
Zoo. Die Bühnenreife erlangten die Wilhelma-Robben, als Heinz Scharpf ihre
Pflege übernahm. Dieser junge Mann hatte als Tierpflegerlehrling bei uns
begonnen und bald sein außergewöhnliches Geschick beim Umgang mit Tieren
bewiesen, so daß ihm immer kostbarere Tiere anvertraut werden konnten. Er ist
als Tierlehrer ein Naturtalent, und seine Robben-Vorführungen können sich mit
jeder Zirkus-Glanznummer messen. Er war der erste Tierlehrer, der einen
See-Elefanten motivierte, »Laut zu geben«, und Seelöwen und See-Elefanten
gemeinsam zum Singen veranlaßte.
     
     
     

Der letzte
Stelleninhaber war seine erste Mahlzeit
     
     
    Die entscheidende Wendung für die
Tierhaltung in der Wilhelma brachte das Jahr 1956. Es war nämlich ein Verein
der Freunde der Wilhelma gegründet worden, dessen Vorsitz Kultusminister i. R.
Schenkel übernommen hatte. Seinem Vorstand gehörten außer bekannten Vertretern
der Wirtschaft drei Abgeordnete des baden-württembergischen Landtags an.
Weitere in Politik und Wirtschaft führende Persönlichkeiten waren Mitglieder
des Kuratoriums dieses Vereins, der in kürzester Zeit eine beachtliche
Mitgliederzahl aufwies. Er hat es inzwischen dank seiner energischen
Vorstandschaft auf über 2000 Mitglieder gebracht. Die beiden Nachfolger von
Kultusminister Schenkel im Amt des Vorsitzenden, Wilhelm Blankenfeld und Dr.
Walther Zügel, haben der Wilhelma unermüdlich wertvolle Hilfestellung gegeben.
Zur Zeit finanziert der Verein ein Millionenobjekt, den Bau eines
Tieraufzuchthauses. Dank dieses Vereins hatte sich auch beim Finanzministerium
die Ansicht durchgesetzt, daß der Zoo in der Wilhelma zu einer Tatsache
geworden war und daß man seinem Ausbau nicht mehr aus dem Weg gehen konnte.
    So kam es zu einer denkwürdigen Sitzung
in der Wilhelma unter Vorsitz des Finanzministers Frank. Diese Sitzung mußte in
dem als Kassenraum benutzten Pavillon am Eingang der Wilhelma stattfinden, da
es einfach keinen anderen Raum gab, in dem mehr als fünf Personen Platz fanden.
Ich schlug vor, die Wilhelma zu einem Biologischen Garten zu machen. Damit
sollte etwas geschaffen werden, was es bis dahin noch nicht gab, nämlich die
Vereinigung von Tier- und Pflanzenwelt in einem Schaugarten. Ich ging davon
aus, daß sich ein solcher Garten an sämtliche Naturfreunde wendet. Dieser
Vorschlag fand ungeteilten Beifall. Daß eine Erweiterung des Zooteils außerhalb
der Wilhelma stattfinden mußte, wurde anerkannt. Ich erhielt den Auftrag, einen
entsprechenden Plan zu entwerfen, der Teile des Rosensteinparks in den
Tiergarten mit einbezog. Gleichzeitig ging es um Sofortmaßnahmen. Hier schlug
ich die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes, das zugleich Aufenthaltsräume für
die Belegschaft enthielt, den Bau eines Aquariums und die Sanierung des
Maurischen Landhauses vor.
    Diese Vorschläge wurden gutgeheißen und
die nötigen Planungsraten sollten in den nächsten Haushalt eingesetzt werden.
Das war nun alles recht schön, und ich

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