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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Öffentlichkeit erfährt, daß nur die Operation Professor Dorians aus ihm eine Bestie gemacht hat, wird man über uns herfallen wie Wölfe über einen Hasen.«
    »Und du bist fest davon überzeugt, daß Sassner lebt?«
    »Ja. Nachdem ich die Aussagen der drei Verstümmelten gehört habe …«
    »Und wenn du dich irrst?«
    »Es wäre zu schön, um möglich zu sein.«
    »Und was soll ich dabei?«
    »Nur da sein, Angi.«
    »Das ist ja erdrückend viel!«
    »Das ist mehr, als du glaubst. Seitdem du weg bist, ist Hohenschwandt wirklich nur noch eine Klinik. Früher, da war es so etwas wie eine Heimat, da war es durch dich eine kleine Welt für sich. Wenn man die Türen zu den Krankenzimmern schloß und hinüberging zum Privatbau, da wußte man: Jetzt ist Angi da. Jetzt höre ich ihr Lachen. Jetzt kann ich sie küssen. Es machte so glücklich, das zu wissen …«
    »Es geht über meine Nervenkraft, Bernd.« Angela lehnte sich weit zurück. Sie wehrte sich nicht, als sich Dr. Keller über sie beugte und sie küßte. Aber sie erwiderte seinen Kuß nicht. »Ich will mein Leben nicht unter Geisteskranken verbringen.«
    »Darüber wollen wir noch einmal reden, Angi. Aber jetzt, gerade jetzt braucht uns dein Vater! Jetzt dürfen wir ihn nicht allein lassen, wenn wir uns nicht vor uns selbst schämen müssen. Ich wäre ein Charakterlump, wenn ich jetzt wegginge.«
    »Ich kann nicht, Bernd …«
    »Gestern früh, bevor uns der Hubschrauber nach Achern flog, kam ich in das Zimmer deines Vaters. Er hatte mein Klopfen nicht gehört, er merkte nicht, daß ich eintrat. Er stand vor dem Bild deiner Mutter und sprach leise mit ihr. Das war erschütternd. Wer hatte den großen Dorian schon so gesehen? Ich ging leise hinaus, klopfte stärker und trat nochmals ein. Da stand er wie immer hinter seinem Schreibtisch und blätterte in seinen Papieren.« Dr. Keller sah Angela von der Seite an. Jetzt glich sie ihrem Vater. Ihr Mund war trotzig, die Nasenflügel blähten sich leicht. »Ihm fehlt deine Mutter. Er hat keinen, mit dem er sprechen kann. Er ist grenzenlos einsam und allein.«
    »Mutter haßte auch seinen Beruf. Sie hat es mir oft gesagt.«
    »Aber sie war immer da, nicht wahr? Sie ließ ihn nie allein.« Dr. Keller hielt die Schaukel an. »Was hätte deine Mutter getan, jetzt, in dieser kritischsten Situation, die dein Vater je erlebt hat?«
    Angela stand auf und strich sich die Haare aus den Augen.
    »Wann fahrt ihr zurück nach Hohenschwandt?«
    »Morgen früh.«
    »Es ist gut. Ich gehe jetzt packen …«
    Aus dem Haus traten Dorian und Oberstudiendirektor Kürzer. Sie diskutierten leidenschaftlich über den stilisierten Schwan Lohengrins in Bayreuth.
    Die Rückfahrt wurde in Stuttgart unterbrochen.
    Dr. Keller fuhr von der Autobahn ab und hinein in die Weinberge. Angela wußte sofort, wohin die Fahrt ging, Dorian fragte erst, als ihm die Gegend zu unbekannt vorkam.
    »Wo willst du denn hin?«
    »Zu Frau Sassner«, antwortete Keller.
    »Halt!« Dorian beugte sich vor. Er saß hinten, den Platz neben Keller hatte er Angela abgetreten. »Bitte anhalten.«
    Dr. Keller fuhr rechts heran und bremste. Aber er ließ den Motor laufen.
    »Was willst du von Frau Sassner?« fragte Dorian konsterniert. Er liebte solche Überraschungen gar nicht. »Sie hat Leid genug erlebt. Willst du sie in diese Geschichte auch noch hineinziehen?«
    »Es wird sich nicht vermeiden lassen. Spätestens am Samstag wird sie ihren Mann auf allen Fernsehschirmen sehen.«
    »Wenn man Sassner nicht im See findet.«
    »Man wird ihn nicht finden!« Dr. Keller drehte sich um. »Glaubst du noch immer daran, daß er tot ist?«
    Dorian schwieg. Er starrte hinaus auf die Weinberge und beneidete die Winzer, die zwischen den Rebstöcken arbeiteten.
    »Wie sollte uns Frau Sassner helfen?« fragte er nach einer ganzen Zeit. Keller wollte schon weiterfahren, aber Angelas Hand auf seinem Knie hinderte ihn daran. Bitte nicht, hieß dieser versteckte Druck.
    »Hier, diese Autobahn, und die andere nach Basel, sind Sassners Jagdrevier. Hier irgendwo muß er wohnen. Das sollte man Frau Sassner sagen.«
    »Und was ist dabei gewonnen?«
    »Ich habe eine Idee«, sagte Dr. Keller stockend. »Ich möchte sie Frau Sassner vorschlagen.«
    »Und dürfen wir sie nicht erfahren?«
    »Natürlich.« Dr. Keller zögerte. Ihm war der Gedanke in der vergangenen Nacht gekommen, als er allein in der kleinen Dachkammer schlief. Tante Lotte hatte ihn und Angela so weit wie möglich voneinander

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