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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verletzten, fand es aber nicht. Ein Ambulanzwagen brachte die Besinnungslosen nach Achern ins Krankenhaus, wo man ihnen die Verbände abwickelte, um zu sehen, wie schwer die Verletzungen waren.
    »Das ist ja ungeheuerlich«, sagte der Nachtarzt erschüttert, als die Verletzten vor ihm lagen. »So etwas habe ich noch nicht gesehen.«
    Von dieser Minute an arbeitete der Polizeifunk auf vollen Touren, rasten verstärkte Streifen über die Autobahnen, wurde Kriminalrat Quandt aus seinem Hotelbett geklingelt.
    Auch bei Professor Dorian schrillte gegen sechs Uhr das Telefon.
    »Ich lasse Sie abholen!« rief Kriminalrat Quandt aus Stuttgart. »In einer Stunde landet Biene III bei Ihnen auf der Wiese.«
    Ehe Dorian etwas fragen konnte, hatte Quandt wieder aufgelegt. Seine Stimme hatte heiser geklungen. Mit steinernem Gesicht zog sich Dorian an und ließ dann Dr. Keller wecken.
    »Wir fliegen nach Stuttgart«, sagte er, als sich Keller gähnend meldete. »Es muß etwas Schreckliches geschehen sein.«
    Der Polizeihubschrauber Biene III brachte sie aber nicht nach Stuttgart, sondern landete im Garten des kleinen Krankenhauses von Achern. Polizeiwagen waren aufgefahren wie zu einem Staatsempfang, in der Halle und auf dem Flur des zweiten Stockes wimmelte es von Uniformen. Der Chefarzt begrüßte Professor Dorian und Dr. Keller mit größter Freude. Für ihn, der seit zwanzig Jahren in Achern lebte und sich wünschte, einmal an einer großen Klinik zu arbeiten, wie er es sich als Student erträumt hatte, war der Besuch des großen Dorian ein Erlebnis. Kriminalrat Quandt, übernächtigt und übler Laune, knurrte Dorian an.
    »Ich glaube jetzt fast auch, daß Ihr Sassner lebt! Ohne viele Worte … gehen wir hinüber zu den Zimmern! Hören Sie sich das selbst an …«
    Lange sprachen Dorian und Dr. Keller mit Markus Peltzer, Julius Hombatz und Agathe Vierholz. Die drei waren glücklich, noch zu leben; sie begriffen es noch nicht ganz, daß sie außer Gefahr waren. Immer wenn ein weißer Kittel das Zimmer betrat, zuckten sie zusammen und öffneten den Mund, als wollten sie schreien. Der Schock saß so tief in ihnen, daß die Ärzte und Schwestern schließlich ihre Kittel auszogen, wenn sie die Zimmer betraten.
    »Was sagen Sie nun?« fragte Quandt, als Dorian und Keller wieder im Chefarztzimmer saßen. »Gleich drei! Einer ohne Ohren, der andere mit einem Loch im Schädelknochen, das Mädchen mit Brandzeichen unterhalb des Nabels. Wie man Kühe und Pferde brennt. Das Zeichen ist ein deutliches B. Sassner aber fängt mit S an. Es ist zum Verrücktwerden!«
    Dorian starrte vor sich auf den Boden. Alles, was die Verletzten ihm erzählt hatten, stimmte und stimmte doch wieder nicht. Der Figur, der Sprache, dem Auftreten nach konnte es Sassner sein … aber da waren viele Dinge, die paßten einfach nicht. Quandt schien Dorians Gedanken zu erraten … er schlug mit der Faust auf den Tisch.
    »Stellen wir fest«, rief er erregt, »es gibt irgendwo ein Haus, das allein steht. In diesem Haus befinden sich mehrere Zimmer, eingerichtet wie Krankenzimmer, mit weißbezogenen Betten, mit Bettpfannen und Enten, Fieberblatthaltern und Nachttischen. Es gibt einen Mann, der wie ein Arzt auftritt, im weißen Kittel, mit Operationsschürze, Mundschutz und Kappe. Sogar weiße Schuhe und weiße Hosen hat er an, wie sich Agathe Vierholz erinnert. Er spricht ruhig und – um Hombatz zu zitieren – sehr klug, genau wie ein Arzt. Alles das deutet darauf hin, daß es wirklich ein Arzt ist, ein irrer Arzt. Nur wenn er dann tätig wird, verschwimmt das Bild wieder. Die vorgenommenen Operationen sind laienhaft, ja, sie sind reine Verstümmelungen, ohne die geringste anatomische Kenntnis. Wir wissen aber aus anderen Fällen, daß Ärzte, auch wenn sie irr wurden, in dem Augenblick, da sie medizinisch arbeiteten, ihre Ausbildung nie verleugnen konnten.«
    »Also Sassner«, sagte Dorian dumpf.
    »Es wäre zu schön! Und die Schwester?« Kriminalrat Quandt hatte einen hochroten Kopf vor Erregung. »Dieses rothaarige Aas, das er Schwester Teufelchen nennt? Wie soll Sassner mit ihr liiert sein?«
    »Ihr wird das Haus gehören, in dem Sassner seine Wahnsinnsorgien treibt«, sagte Dr. Keller heiser.
    »Und wenn es nicht Sassner ist? Wenn wir uns unsterblich blamieren? Kann nicht wirklich ein irrer Arzt hinter allem stecken?«
    »Natürlich kann so etwas sein.« Professor Dorian schien Quandt für diese goldene Brücke dankbar zu sein. »Wenn man Sassners Leiche fände

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