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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    »Ab morgen suchen noch einmal drei Taucher den Wilsach-See ab.« Quandt sah auf seine Notizen. »Am Freitag ist die Suche abgeschlossen, Samstag wird das Fernsehen auf allen Kanälen dreimal Sassners Bild ausstrahlen. Meine Herren«, Quandt lehnte sich seufzend zurück, »ich habe das dumpfe Gefühl, daß wir auch dann keinen Schritt weitergekommen sind.«
    Da es von Achern nicht sehr weit nach Heidelberg war, schlug Dr. Keller seinem Schwiegervater vor, Angela zu besuchen. Dorian stimmte sofort zu. Sie mieteten sich einen Wagen und fuhren zu Tante Lotte.
    Angela war weniger überrascht, als Dorian und Keller angenommen hatten. Sie hatten sogar das Gefühl, daß sie auf diesen Besuch gewartet hatte und nun sehr erleichtert war. Im Hause eines Altphilologen zu leben, dessen Welt im klassischen Rom und im Griechenland Homers lag und der auch zu Hause nur in gelehrten Sentenzen sprach, hatte sich Angela leichter vorgestellt. Im Hause des Oberstudiendirektors gab es kein Fernsehen, weil er der Ansicht war, Fernsehen verbilde den eigenen schöpferischen Geist. Im Radio hörte man nur Sinfonien oder Opern, vor allem Wagner. Dann saß Oberstudiendirektor Helmfried Kürzer mit glänzenden Augen im Lehnsessel und erlebte visionell den Walkürenritt oder die Klage Wotans um Freia. Sein Lebensziel, einmal in Bayreuth den Siegfried zu sehen, hatte er noch nicht erreicht. Das lag nicht an Geldmangel, sondern an dem ständigen Ausverkauf der Eintrittskarten. Dafür sammelte er alle Kritiken über die Festspiele und diskutierte wochenlang mit seiner Frau Lotte über die revolutionäre Umgestaltung Wagners durch seine beiden Enkel.
    »Das Moderne frißt uns auf!« klagte er dann. »Nicht mal einen richtigen Drachen haben sie bei Siegfried auf der Bühne! Wenn das der alte Richard Wagner wüßte!«
    Angela atmete auf, als sie nach dem Klingeln an der Haustür öffnete und ihr Vater und Dr. Keller draußen standen, Blumensträuße in den Händen.
    »Was wollt denn ihr?« fragte sie kampfeslustig.
    »Ich habe die Absicht«, antwortete Dorian, »mich mit Helmfried über die Bronchitis der alten Römer zu unterhalten.«
    »Und Sie, Herr Doktor?« fragte Angela spitz. Dr. Keller schwenkte seinen Blumenstrauß.
    »Ich wollte ein paar Stunden Unterricht nehmen, wie man sich verhält, wenn einem die Braut, die heißgeliebte, davongerannt ist.«
    »Das sind alles Themen, die nicht interessieren.« Angela wollte die Tür wieder schließen, aber Dr. Keller setzte den Fuß dazwischen. »Sie benehmen sich wie ein unverschämter Hausierer!« rief Angela.
    Aus dem Wohnzimmer scholl eine andere Frauenstimme. »Schätzle, wer ist denn da?«
    »Lotte!« Professor Dorian lachte und steckte den Kopf durch den Türspalt, den Kellers Fuß offenhielt. »Dein Schwager! Das Schätzle, wenn damit meine Tochter gemeint ist, will uns nicht hineinlassen!«
    »Aber Angela!« Lotte Kürzer kam herbei. Angela gab resigniert die Tür frei und lief davon. »Ist sie nicht noch ein Kind?« sagte Tante Lotte verzeihend. »Läuft davon. Sie hat die Schüchternheit von mir geerbt. Ich bin Helmfried auch viermal weggelaufen, ehe er mich erobern konnte.«
    »Ein Altphilologe hat eben Ausdauer.« Dorian hängte seinen Staubmantel an einen Garderobehaken. »Damals beschäftigte sich Helmfried auch noch mit Archäologie, nicht wahr?«
    »Du bist ein Ekel!« Tante Lotte warf den Kopf in den Nacken. »Ihr habt ja eine glänzende Laune.«
    »Galgenhumor, gnädige Frau.« Dr. Keller sah durch die offene Tür des Salons hinaus in den Garten. Angela saß in einer Gartenschaukel und schaukelte wild. »Haben Sie Verbandszeug im Haus?«
    »O Gott! Ist jemand verletzt?« Tante Lotte fuhr herum.
    »Noch nicht. Aber wenn Angela so weiter schaukelt, bricht gleich das ganze Gestell zusammen.«
    »Schätzle!« Tante Lotte schlug die Hände zusammen. »Gehen Sie zu ihr, Doktor Keller. Sie wundern sich, woher ich Sie kenne? Oh, ich kenne Sie genau. Angela hat mir Bilder von Ihnen gezeigt. Den ganzen Tag redet sie nur von Ihnen. Bernd! Bernd! Bernd! Ich bin über alles informiert. Gehen Sie hin zu ihr … sie wartet ja schon seit Tagen auf Sie.«
    Nach dem Mittagessen, bei dem Dr. Keller dem Oberstudiendirektor Dr. Kürzer vorgestellt wurde und sich mit einem lateinischen Spruch gleich gut einführte, saßen Keller und Angela zusammen in der Gartenschaukel und schwebten eine Weile stumm hin und her.
    »Ihr habt also Sorgen?« fragte Angela endlich.
    »Ja. Wenn Sassner lebt und die

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