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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Polizeipräsidenten fast bedauernd von der Seite an. Man verfiel hier wieder in den alten Fehler, Teilerfolge als große Siege zu feiern.
    »Bisher war es so, daß die Kenntnis von Namen und Aussehen des Täters unweigerlich über kurz oder lang zur Verhaftung führte.« Quandt holte tief Atem. »Bei flüchtigen Dieben, ja sogar bei einem herumirrenden Mörder kann man die Zeit arbeiten lassen. Hier aber bedeutet Warten neue Morde, neues Entsetzen, neue unvorstellbare Grausamkeiten. Meine Herren, wir haben es mit einem Wahnsinnigen zu tun! Mit einem – so paradox es klingt – intelligenten Wahnsinnigen! Sassner mordet, weil er muß, weil sein Hirn ihm sagt: Du mußt dies oder das tun. Wir wissen: Er hält sich für einen großen Arzt. Er operiert aus dem Trieb heraus, eine große Entdeckung zu machen. Jede Stunde kann etwas Neues, Entsetzliches geschehen. Während wir hier reden, fährt er vielleicht wieder herum und sucht ein neues Opfer. Von Violetta Müller haben wir gehört, daß er Menschen zu Vögeln machen will! Ich wage gar nicht zu ahnen, auf welche Art. Und was haben wir in der Hand? Ein Foto. Seinen Namen. Die Kenntnis, daß er eine Komplizin hat. Ein rothaariges Weib, das die OP-Schwester spielt! Mein Gott, so etwas hätte selbst der gute Poe in seinen Schauergeschichten nicht phantasiert!« Quandt sah sich nach der großen Gebietskarte um, die die beiden Autobahnen darstellte und den südlichen Schwarzwald. »Wo aber ist er? Wo ist dieses verdammte Haus, in dem er seine Klinik eingerichtet hat? Mir ist es unverständlich, daß die Nachbarn so blind sind …«
    »Wir sollten alle einsam gelegenen Bauernhöfe durchkämmen«, schlug der Polizeipräsident von Stuttgart vor. »Es gibt gerade im Schwarzwald regelrechte Einsiedlerhöfe.«
    Ulrich Quandt schüttelte den Kopf. »Neue Bewohner auf solchen Höfen fallen den Nachbarn als erste auf. Am sichersten ist ein Verbrecher in der Großstadt. Die Anonymität der Stadt ist wie eine Tarnkappe. Ich habe das Gefühl, als ob Sassner uns ganz nahe auf der Pelle säße … entweder in Stuttgart, in Freiburg oder gar in Basel. Denken Sie an die Briefe aus Basel! Ich habe jedenfalls mit den Kollegen in der Schweiz eine enge Zusammenarbeit angeregt. In einer Stunde haben alle Grenzstationen Sassners Bild, und heute abend geht es auch über den Bildschirm beider Fernsehprogramme …«
    Es sollte sich zeigen, daß die Veröffentlichung von Sassners Porträt ein Teilerfolg war; Quandts Gefühl aber, Sassner verstecke sich im Häusermeer einer Stadt, wurde verhängnisvoll.
    Schon wenige Minuten nach Sendung des Bildes meldete sich telefonisch ein Fräulein Vera Sommer. Sie gab an, einen Mann, der so aussah wie das gesendete Foto, auf der Autobahn getroffen zu haben. Allerdings habe er gar nicht ein Eindruck eines Kriminellen gemacht. Er sei sehr höflich und hilfsbereit gewesen, habe ihr bei einer Panne geholfen und sei in einem weißen Kombiwagen davongefahren. Eine Frau sei auch bei ihm gewesen. Ob sie allerdings rothaarig gewesen sei, konnte Vera Sommer nicht sagen.
    »Ein weißer Kombiwagen … ein neues Mosaiksteinchen!« sagte Quandt zufrieden. »Die rote Hexe war bei ihm. Warum er Frau Sommer nicht überwältigte, bleibt noch ein Rätsel. Aber das ist so bei den Irren, ihre Handlungen widerstehen aller Logik.« Quandt tippte auf das Fernschreiben aus Frankfurt, wo Vera Sommer sich bei der Polizei gemeldet hatte. »Lesen Sie nur, meine Herren: Der Herr machte einen guten Eindruck. Mit anderen Worten: Sassner ist nicht der Typ des Irren, dem man den Wahnsinn schon von weitem ansieht. Das ist genau das, was Professor Dorian mir erzählte: Sassner ist ein absoluter Intelligenztäter, allerdings verrückt.«
    Ein paarmal versuche Quandt an diesem Abend, Professor Dorian auf Hohenschwandt zu erreichen, um ihm die bisherigen Erfolge mitzuteilen und ihn in einigen psychiatrischen Dingen um Rat zu fragen. Aber immer antwortete ihm das Besetztzeichen.
    »Die haben ja Hochbetrieb«, sagte er schließlich und verschob seinen Anruf auf den nächsten Tag. »Ich wußte gar nicht, daß ein Irrenhaus ein so lebhafter Betrieb ist …«
    Auch Luise Sassner sah die Fernsehsendung. Als das Foto ihres Mannes auf dem Bildschirm erschien, zuckte sie zusammen. Eine nüchterne Stimme erklärte, daß dieser Mann, der Chemiker Gerd Sassner, seit einigen Wochen vermißt werde und man vermute, eine Reihe von Straftaten komme auf sein Konto. Er werde begleitet von einer rothaarigen Frau und

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