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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unzusammenhängend, qualvoll in dem Gewirr.
    Die Stimme klang bekannt. Das Lächeln erzeugte ein Tasten nach Namen.
    Gerd, hatte sie gesagt. Wer ist Gerd?
    Sassner richtete sich langsam auf. Er sah Ilse Trapps zu dem Beil greifen, ihre grünen Augen funkelten gefährlich. Als sie es anhob, schlug er mit der Faust auf ihren Unterarm. Sie gab einen quietschenden Laut von sich, das Beil polterte auf den Boden. Dort gab ihm Sassner einen Tritt, daß es weit über die Dielen schlidderte bis an die Wand.
    »Wer sind Sie, Madame?« fragte er.
    »Deine Frau …« sagte Luise laut.
    »Sie ist verrückt! Sie will nur bluffen! Hör nicht auf sie!« Ilse Trapps stürzte sich auf Luise und krallte die Finger um ihren Hals. Ihr weißblond gebleichtes Haar umwehte ihr Gesicht, als sie mit dem Kopf gegen Sassner stieß, der sie wegreißen wollte. »Laß mich!« schrie sie wild. »Laß mich! Schenk sie mir! Sie gehört mir … mir …«
    Es gelang ihm, Ilse Trapps vom Tisch zu ziehen. Ihre Fingernägel hinterließen an Luises Hals lange, blutige Kratzer. Dumpf prallte sie gegen die Wand, wo sie, halb geduckt, das Schürzchen vom Körper riß und sich dann mit ausgebreiteten Armen hinstellte, als sei sie stehend gekreuzigt worden. Ihr weißer Körper leuchtete matt im blakenden Licht der Petroleumlampen.
    »Sie oder ich!« keuchte sie. »Entscheide dich! Schenk sie mir … oder …«
    »Was heißt das, Schwester Teufelchen?« Sassner lehnte sich gegen den breiten Tisch. »Ultimative Forderungen nehme ich nicht an. Was erlauben Sie sich eigentlich, während der Operation Ihre Kleidung auszuziehen?«
    »Laß endlich den Blödsinn!« schrie Ilse Trapps. Sie zitterte heftig. »Sieh mich an, sieh mich richtig an … ich gehöre dir mit allem, was ich habe und was ich bin …« Sie blieb mit gespreizten Armen und Beinen an der Wand stehen und blies die Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ihr war bewußt, daß sie jetzt einen großen Kampf führte, den schwersten, den es für sie und ihn gab: den Kampf gegen die Vergangenheit, gegen die Erinnerung, gegen die Schatten, die an ihn heranwehten und aus denen sich das andere, verlassene Leben zu schälen begann.
    Sie ist wirklich seine Frau – das war der Gedanke, der Ilse Trapps alle Furcht vor Sassner vergessen ließ. Kalte Mordlust an dieser Frau auf dem Tisch und panische Angst, Sassner zu verlieren, überdeckten alles in ihr. Sie fragte nicht danach, ob es wirklich nur Zufall war, daß gerade Luise Sassner von ihr auf der Autobahn aufgelesen wurde oder ob nicht Absicht dahinter steckte, sie fragte nicht die Vernunft, was geschehen konnte, wenn das Verschwinden Luises nur der Köder einer Falle war, in der sie jetzt saßen und die zuschnappte, ohne daß sie es merkten. Ihr ging es jetzt nur um den Mann, um den Triumph, über ihn zu siegen, um die schreckliche Befriedigung, ihn dazu zu bringen, auch hier seine fürchterliche Operation zu vollbringen.
    »Schenk sie mir …« sagte Ilse Trapps noch einmal.
    Luise atmete tief auf. »Die Kinder lassen dich grüßen«, sagte sie mit ungeheurer Kraftanstrengung. Der nackte weiße Körper Ilses an der Wand war eine Waffe, gegen die sie nichts anderes vorzubringen hatte.
    Sassner zuckte zusammen und senkte den Kopf. Es war, als horche er nach innen.
    Die Kinder …
    Waren sie nicht Vögel geworden … davongeflogen … der Sonne entgegen … herrliche blaue Vögel?
    »Ich liebe dich!« schrie Ilse Trapps grell.
    »Die Kinder …« Sassner drehte sich um. Seine Augen glänzten. »Wie geht es ihnen?«
    »Gut. Sie wollen ihren Papi wiederhaben.«
    »Und du bist meine Frau?«
    »Ja.«
    »Hör nicht hin!« heulte Ilse Trapps und stürzte nach vorn zum Tisch. Sie riß Sassner von Luise weg und klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende. »Sieh mich an, fühl mich … hier und hier und hier …« Sie riß seine Hand an sich und schob sie über ihren prallen Körper. Aber die Hand, die sonst streichelte oder mit hartem Griff zufaßte, war nun ein Stück Fleisch, das ohne Regung über ihre Haut glitt.
    Sassner schüttelte Ilse Trapps ab und kam an den Tisch zurück. Er setzte sich auf die Kante und strich mit dem Zeigefinger der rechten Hand über Luises Leib.
    »Ich wollte aus Ihnen ein Vögelchen machen, Madame«, sagte er dabei. »Stellen Sie sich vor, Sie könnten fliegen. Hoch hinauf in die Lüfte, über Land und Meer, Wälder und Felder. Sie könnten im Winter nach Afrika fliegen, im Sommer nach Schweden. Sie könnten die Berggipfel umkreisen und durch die

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