Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
zischte sie.
    »Ich will dir alles erklären, Angi!«
    »Ich brauche nur durch die Klinik zu gehen, dann habe ich Erklärungen genug. Ich will nicht mehr unter Irren leben! Ich will nicht!«
    Sie stampfte mit den Füßen auf, riß die Tür fast aus den Angeln und rannte davon.
    Am nächsten Morgen erschien Angela nicht wie üblich zum Dienst auf der Station. Dorian ließ in ihrer kleinen Wohnung im Nebenflügel des Schlosses anfragen … das Telefon schellte minutenlang, ohne daß der Hörer abgenommen wurde.
    »Gehen wir hinüber«, sagte Dorian zu Dr. Keller. »Angela ist auf Tauchstation gegangen. Ich werde sie zur Vernunft bringen. Sie hat nicht den geringsten Grund, hysterisch zu werden. Sie sollte stolz sein, einen Mann zu bekommen, der mein Nachfolger sein wird.«
    Die kleine Wohnung war leer, als Dorian und Keller sie betraten. Die Kleiderschränke standen offen, Wäschestücke lagen herum, im Badezimmer fehlten die Kosmetiksachen.
    »Weg!« sagte Dr. Keller bedrückt. »Sie hat in fliegender Eile gepackt und ist geflüchtet.«
    »Es sieht so aus.« Dorian ging im Zimmer umher. Auf dem zierlichen weißen Damenschreibtisch am Fenster entdeckte er einen Zettel, las ihn und reichte ihn Dr. Keller. »Sie ist wenigstens so gut erzogen, daß sie uns schreibt, wohin sie gegangen ist.«
    Dr. Keller nahm den Zettel und überflog die wenigen, mit zitternden Fingern hingekritzelten Worte.
    »Bin bei Tante Lotte in Heidelberg. Wann ich wiederkomme, weiß ich noch nicht.«
    »Tante Lotte ist die ältere Schwester meiner Frau«, erklärte Dorian und setzte sich auf das zerwühlte Bett. »Ihr Mann ist Oberstudiendirektor. Altphilologie. Ob Angela sich da wohler fühlt?«
    »Heidelberg.« Aus Dr. Kellers Hand flatterte der Zettel zu Boden. Sein Gesicht war leichenblaß. »Dann fährt sie über die Autobahn Stuttgart - Karlsruhe. Sie ist in der Nacht diese Strecke gefahren … die Strecke, auf der die unbekannte Bestie mordet …«
    »Bernd! O Gott!« Dorian sprang auf. Er stürzte zum Telefon und rief seine Schwägerin in Heidelberg an. »Hier Ludwig«, schrie Dorian ins Telefon. Er war jetzt nur noch ein zitternder, von Angst zerrissener Vater. »Mein Gott, welcher Ludwig denn … Dorian, ja! Ist Angela bei dir? Nein? Oh …« Dorian ließ den Hörer fallen und sank auf das Bett zurück. »Sie … sie ist nicht angekommen …«
    »Sofort die Polizei! Angelas Sportwagen kann man nicht übersehen. Wenn … wenn …« Dr. Keller griff nach dem Hörer. Entsetzt sah er auf Dorian. Dieser lag lang hingestreckt auf dem Bett und preßte beide Hände gegen sein Herz. Der Kopf war unnatürlich gerötet.
    »Das kann nicht wahr sein«, röchelte er. »Das kann nicht wahr sein …«
    Mit zuckenden Fingern wählte Dr. Keller die Nummer der Polizei. Erst dann kümmerte er sich um Dorian, riß ihm den Hemdkragen auf und öffnete die Fenster.

8
    Gerd Sassner war in dieser Nacht erneut auf Jagd.
    Gut gelaunt fuhr er die Autobahn Karlsruhe - Stuttgart - München hinunter, aber nur bis Kirchheim. Dort fuhr er ab und auf der anderen Seite wieder auf, hielt auf jedem Rastplatz und begutachtete die nächtlichen Gäste.
    Das Wetter war schön. Ein klarer Nachthimmel voller Sterne, mit zunehmendem Mond. Ab und zu kamen Sassner auf der anderen Fahrbahn Polizeiwagen entgegen, dreimal wurde er von schweren Motorrädern überholt, auf denen die lederbekleideten Polizisten mit ihren Sturzhelmen wie fremde Wesen einer anderen Welt wirkten. Auf zwei Rastplätzen kam er in eine Kontrolle hinein. Er hielt, zeigte seinen Ausweis und deutete auf Ilse Trapps.
    »Das ist meine Frau.«
    »Danke schön. Sie können weiterfahren.«
    Die Polizisten waren höflich. Ein Ehepaar, auch wenn es keins sein sollte, war harmlos. Den Mörder, die Bestie, stellte man sich anders vor. Ein Einzelgänger … das war die Theorie der Staatsanwaltschaft. Alle großen Massenmörder waren Einzelgänger, abgesehen von den Politikern.
    »Ich brauche ein Mädchen«, sagte Sassner im Plauderton, als sie wieder zurück nach Karlsruhe fuhren. »Es ist wegen des Proporzes. Zwei Männer sind in meiner Klinik und nur eine Frau. Das verschiebt das Gleichgewicht. Gleichgewicht aber ist eine der Grundfunktionen des Lebens.«
    »Das stimmt.« Ilse Trapps lachte. »Ohne das fallen wir um.«
    »Sie sind ein herrliches Schaf, Schwester Teufelchen.« Sassner lächelte sie an. »So sehr ich Dummheit hasse und ausrotte … Sie sind eine Ausnahme. Bei Ihnen hat man die Dummheit zu schön

Weitere Kostenlose Bücher