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Das Schloss der tausend Sünden

Das Schloss der tausend Sünden

Titel: Das Schloss der tausend Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Portia Da Costa
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schützen.»
    «Was würden wir nur ohne dich tun, meine liebe Freundin?» Der Graf lächelte die Japanerin an, bevor sein Blick zu Belles glühender Schatulle wanderte.
    «Ihr würdet schon einen Weg finden, Mylord», erwiderte Michiko keck und drückte seine Finger so fest, dass er kurz aufstöhnte. «Doch jetzt kommt. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns. Und wenn der Morgen dämmert, werdet Ihr mir keine Hilfe mehr sein.»
    Auf Andrés Werkbank standen eine Menge Utensilien bereit: Bunsenbrenner, Glaskolben in diversen Größen, Pipetten, Stößel und Mörser, Gefäße aus Ton und mehrere Weihrauchfässchen. Daneben lag das Grimoire – das Buch des magischen Wissens   –, die schicksalhafte Seite bereits aufgeschlagen.
    «Immer schön der Reihe nach», erklärte André und lächelte Michiko an. Jetzt, wo die Arbeit beginnen sollte, war er hochkonzentriert. Er nahm ein weißes Leinentaschentuch, faltete es auf und nahm dann von seiner glatten Oberfläche ein einzelnes rotes Haar auf, das ungefähr zehn Zentimeter lang war. Es stammte von Belinda   – Feltris hatte es ihr geschickterweise vom Kopf gezupft. André legte es in ein Weihrauchfass, riss sich selbst ein einzelnes Haar vom Kopf und legte es zu dem roten.
    Dann ging er an den Nachttisch neben seinem Bett und holte ein kleines Behältnis aus Rosenholz, das im selben Stil wie Arabelles Zufluchtsort verziert, aber ein wenig kleiner war. Das Haar, das er aus dieser Schatulle holte, hatte beinahe denselben Rotton wie Belindas, war aber ungefähr einen Meter lang. André wickelte es um seinen Finger und presste voller Verehrung seine Lippen darauf. «Das ist alles, was ich noch von dir habe», murmelte er, schob Arabelles Haar wieder von seinem Finger und legte es dann zu den anderen in das Weihrauchfass und zündete einen wachsüberzogenen Span an.
    «Bald werdet Ihr wieder mit ihr vereint sein, Mylord», flüsterte die Japanerin, während sie beide zusahen, wie die drei Haare zu Asche verbrannten.
    «Es gab Zeiten, da hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass ich diese Vorbereitungen jemals treffen würde», sagte er nachdenklich und pulverisierte die verbrannte Mixtur mit einem kleinen Glasstäbchen zu feinstem Staub,den er dann in ein frisches Gefäß gab. Obwohl er seinen wirksamsten Zauberspruch wieder und wieder studiert hatte und ihn eigentlich auswendig kannte, wandte er sich doch dem Grimoire zu, um sich des nächsten Schrittes zu versichern.
    Von einem unterirdischen Bach unter der Kapelle hatte sein treuer Diener Oren geweihtes Wasser geholt, das nun in einen Glaskolben gefüllt und über einem Brenner erhitzt wurde, um es für die anderen Zutaten des Zaubertranks vorzubereiten.
    Unterdessen mischte Michiko in anderen Behältnissen weitere Komponenten des komplexen Elixiers. Kräuter: Rote Betonie, Odermennig und Zedernholz. Gewürze: Muskat und Knoblauch. Die magischen Gifte: Tollkirsche, Arsen und Quecksilber – die Königin aller Metalle. Jede Mixtur wurde mit einem ganz eigenen Bewegungsmuster angerührt. Hier ein Quadrat, da ein Dreieck, dort ein Hexagramm. Während die Zauberer arbeiteten, rezitierten beide uralte magische Gesänge aus ihrer Tradition. André rief die christliche Dreifaltigkeit seiner Kindheit und andere Schutzgeister an, die er erst später kennengelernt hatte: Hekate, die Herrin der Unterwelt. Hermes Trismegistos, den mittelalterlichen Gott der Alchemie. Isis, die matriarchalische Göttin der alten Ägypter. Alle Götter, die mit ihren Mächten seiner Sache helfen würden.
    Während er sang, hörte er auch Michikos liturgisches Murmeln. André verstand sehr wenig von ihrer Muttersprache, aber er wusste, dass sie die Luftgeister, die Kami des Himmels, anrief, die ebenfalls ihre Kräfte vereinen würden, um ihm zu helfen.
    Als endlich alle Zutaten vorbereitet waren, wurde es Zeit für die letzte Mischung. «Seid vereint», wisperte der Graf und schüttete den Inhalt jedes einzelnen Gefäßes indas Fläschchen. «Vereint Euch, sodass sie und ich es auch sein können.»
    Der Trank hatte eine dunkle, trübe Farbe – ein unbestimmbares, schlammähnliches Braun. André vermengte die Flüssigkeit vorsichtig mit der Spitze seines Dolches, indem er jene Symbole noch einmal nachzog, die mit den einzelnen Zutaten verbunden waren und jede einzelne Figur mit dem dazugehörigen Sprechgesang begleitete. Michiko flüsterte neben ihm etwas auf Japanisch. Der letzte Schritt bestand darin, das Fläschchen über einer Flamme zu

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