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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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der Kleider bei Tisch, er war wenig neugierig auf das, was der Lehrer ihm brachte, auch war er beeinflußt von der geringen Meinung, welche die Wirtin vom Vorsteher hatte. »Es ist wohl schon Mittag vorüber?« fragte er in Gedanken an den Weg, den er vorhatte, dann verbesserte er sich und sagte: »Sie wollten mir etwas vom Vorsteher ausrichten.« »Nun ja«, sagte der Lehrer mit einem Achselzucken, als schüttle er jede eigene Verantwortung von sich ab. »Der Herr Vorsteher befürchtet, daß Sie, wenn die Entscheidung Ihrer Angelegenheit zu lange ausbleibt, etwas Unbedachtes auf eigene Faust tun werden. Ich für meinen Teil weiß nicht, warum er das befürchtet, meine Ansicht ist daß Sie doch am besten tun mögen, was Sie wollen. Wir sind nicht Ihre Schutzengel und haben keine Verpflichtung Ihnen auf allen Ihren Wegen nachzulaufen. Nun gut. Der Herr Vorsteher ist anderer Meinung. Die Entscheidung selbst, welche Sache der gräflichen Behörden ist, kann er freilich nicht beschleunigen. Wohl aber will er in seinem Wirkungskreis eine vorläufige wahrhaftig generöse Entscheidung treffen, es liegt nur an Ihnen sie anzunehmen, er bietet Ihnen vorläufig die Stelle eines Schuldieners an.« Darauf was ihm angeboten wurde, achtete K. zunächst kaum, aber die Tatsache, daß ihm etwas angeboten wurde, schien ihm nicht bedeutungslos. Es deutete darauf hin, daß er nach Ansicht des Vorstehers imstande war, um sich zu wehren Dinge auszuführen, vor denen sich zu schützen für die Gemeinde selbst gewisse Aufwendungen rechtfertigte. Und wie wichtig man die Sache nahm. Der Lehrer, der hier schon eine Zeitlang gewartet und vorher noch das Protokoll aufgesetzt hatte, mußte ja vom Vorsteher geradezu hergejagt worden sein.
    Als der Lehrer sah, daß er nun doch K. nachdenklich gemacht hatte, fuhr er fort: »Ich machte meine Einwendungen. Ich wies darauf hin, daß bisher kein Schuldiener nötig gewesen sei, die Frau des Kirchendieners räumt von Zeit zu Zeit auf und Fräulein Gisa, die Lehrerin, beaufsichtigt es, ich habe genug Plage mit den Kindern, ich will mich nicht auch noch mit einem Schuldiener ärgern. Der Herr Vorsteher entgegnete, daß es aber doch sehr schmutzig in der Schule sei. Ich erwiderte der Wahrheit gemäß, daß es nicht sehr arg sei. Und, fügte ich hinzu, wird es denn besser werden, wenn wir den Mann als Schuldiener nehmen? Ganz gewiß nicht. Abgesehen davon, daß er von solchen Arbeiten nichts versteht, hat doch das Schulhaus nur zwei große Lehrzimmer ohne Nebenräume, der Schuldiener muß also mit seiner Familie in einem der Lehrzimmer wohnen, schlafen, vielleicht gar kochen, das kann natürlich die Reinlichkeit nicht vergrößern. Aber der Herr Vorsteher verwies darauf, daß diese Stelle für Sie eine Rettung in der Not sei und daß Sie daher sich mit allen Kräften bemühen werden, sie gut auszufüllen, ferner, meinte der Herr Vorsteher, gewinnen wir mit Ihnen auch noch die Kräfte Ihrer Frau und Ihrer Gehilfen, so daß nicht nur die Schule sondern auch der Schulgarten in musterhafter Ordnung wird gehalten werden können. Das alles widerlegte ich mit Leichtigkeit. Schließlich konnte der Herr Vorsteher gar nichts mehr zu Ihren Gunsten vorbringen, lachte und sagte nur, Sie seien doch Landvermesser und würden daher die Beete im Schulgarten besonders schön gerade ziehen können. Nun, gegen Späße gibt es keine Einwände und so ging ich mit dem Auftrag zu Ihnen.« »Sie machen sich unnütze Sorgen, Herr Lehrer«, sagte K., »es fällt mir nicht ein die Stelle anzunehmen.« »Vorzüglich«, sagte der Lehrer, »vorzüglich, ganz ohne Vorbehalt lehnen Sie ab« und er nahm den Hut, verbeugte sich und ging.
    Gleich darauf kam Frieda mit verstörtem Gesicht herauf, das Hemd brachte sie ungebügelt, Fragen beantwortete sie nicht; um sie zu zerstreuen erzählte ihr K. von dem Lehrer und dem Angebot, kaum hörte sie es, warf sie das Hemd auf das Bett und lief wieder fort. Sie kam bald zurück, aber mit dem Lehrer, der verdrießlich aussah und gar nicht grüßte. Frieda bat ihn um ein wenig Geduld – offenbar hatte sie dies schon einigemal getan auf dem Weg hierher – zog dann K. durch eine Seitentür, von der er gar nicht gewußt hatte, auf den benachbarten Dachboden und erzählte dort schließlich aufgeregt, außer Atem, was ihr geschehen war. Die Wirtin, empört darüber, daß sie sich vor K. zu Geständnissen und was noch ärger war zur Nachgiebigkeit hinsichtlich einer Unterredung Klamms mit K. erniedrigt und

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