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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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Ihr Vater würde sie bestimmt bald abholen kommen. Sie und ihre ältere Schwester.
    »Das ist alles schon entschieden«, sagte Schwester Delores ruhig. Ihr harter Blick, der ihnen so vertraut war, war zurückgekehrt. »Wenn ihr bei uns im Heim seid, dann nur, weil ihr sonst niemanden habt. Einige eurer Eltern haben Versprechen gegeben, die sie nicht halten können. Ihr könnt euch nicht auf sie verlassen.«
    »Mein Vater kommt mich bestimmt holen«, sagte Rose.
    »Dein Vater ist ein Trinker.« Schwester Delores sah sie an, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wenn er es schaffen würde, eine Woche nüchtern zu bleiben, könnte er eine Arbeit behalten und euch abholen, wie er es versprochen hat. Aber das hat er nicht, oder? Oder? Nein. Und er wird es auch nicht. Tut mir leid. Ich will nicht unfreundlich sein, aber du bist zu leichtgläubig. Es ist jetzt ein Jahr her, Rose. Wir können uns eine derartige Chance nicht einfach wegen leerer Versprechungen entgehen lassen.«
    Rose fing an zu weinen, lauter und schriller als Patricia. Sie packte die Enden ihrer braunen Zöpfe und hielt sie vor ihre Augen. Cora spürte ein Brennen hinter ihren eigenen Augen, und ihre Unterlippe fing an zu zittern. Der Zug, dieser schreckliche Zug, würde in wenigen Stunden abfahren. Sie würden nicht ins Heim zurückkehren. Sie würde Schwester Josephine nicht wiedersehen. Oder Imogene. Oder Betsy. Sie würden Coras Bett einem mageren Mädchen mit geschorenem Kopf geben. Vielleicht hatten sie es schon getan.
    »Lasst das! Hört auf zu weinen!« Schwester Delores sah sie an und schüttelte den Kopf. »Ich wollte euch das eigentlich noch nicht erzählen. Bevor ihr in den Zug steigt, bekommt jede von euch ein neues Kleid.«
    Mary Jane drehte sich mit leuchtenden Augen zu Cora um, nahm ihre Hand und drückte sie fest. Sie dachte, Cora und sie wären in derselben Situation. Keine von ihnen hatte eine Mutter im Krankenhaus oder einen Vater mit guten Absichten oder eine ältere Schwester, die zurückblieb. Jedenfalls nicht, soweit es ihnen bekannt war. Aber Cora schüttelte wieder den Kopf. Es war ihr egal, ob Schwester Delores es sah. Sie wusste nicht, ob ihre Mutter im Krankenhaus lag oder ob sie einen Vater hatte, der sie irgendwann abholen würde. Aber vielleicht war es so. Der Zug würde sie von allem, was sie kannte, wegbringen, auch von sich selbst.
    »Ich fahre nicht«, sagte Patricia, die jetzt hemmungslos weinte. »Ich fahre nicht. Ich will keine neue Familie. Ich habe eine Mutter.«
    Schwester Delores stand abrupt auf. Man konnte nicht sehen, ob sie den Rohrstock dabeihatte, und Patricia wich ein Stück zurück.
    Cora blickte zu einem der hohen Fenster, dem Streifen grauen Himmels, der dahinter zu sehen war. Selbst wenn sie zum Fenster käme und irgendwie hinausgelangte, wo sollte sie hin? Sie hatten gefrühstückt, bevor sie das Heim verlassen hatten, und sie hatte schon wieder Hunger.
    »Wie selbstsüchtig«, sagte Schwester Delores und sah dabei Patricia an. Sie schüttelte den Kopf, sodass ihr Schleier über ihre Schultern strich. »Einem anderen Kind einen Platz zum Schlafen und genug zu essen zu versagen, weil du dich weigerst, eine günstige Gelegenheit zu ergreifen.«
    »Lassen Sie doch eine andere an meiner Stelle gehen«, sagte Patricia. »Ein anderes Mädchen kann in den Mittelwesten fahren.«
    »Dummes Kind.« Schwester Delores runzelte die Stirn. »Es sind gute Menschen, die ein gutes Zuhause bieten. Man kann dort nicht einfach jemanden direkt von der Straße hinschicken.«
    Auf der anderen Seite der Tür schrie ein Kind. Cora hörte eine Stimme, die anders als ihre eigene war. Eine Jungenstimme.
    »Warum nur wir?«, fragte Mary Jane. »Warum nicht die anderen Mädchen?«
    Schwester Delores nickte, als wäre sie dankbar, dass endlich jemand eine vernünftige Frage stellte. »Es gab nur sieben freie Plätze für uns«, sagte sie. »Von insgesamt hundertfünfzig. Und man hat uns mitgeteilt, dass jüngere Kinder lieber genommen werden. Unsere Babys bringen wir schon eine ganze Weile auf diese Weise bei Familien unter.«
    »Betsy ist jünger als ich«, sagte Cora. Sie wollte ihre jüngere Freundin nicht in Schutz nehmen. Sie hoffte einfach, die Schwester würde ihren Irrtum einsehen, sie ins Heim zurückbringen und an ihrer Stelle Betsy mitnehmen.
    Schwester Delores schüttelte den Kopf. »Betsy ist langsam und begriffsstutzig. Man sieht es ihr an, wenn man ihr in die Augen schaut. Niemand würde sie nehmen.« Sie heftete ihren

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