Das Schneemädchen (German Edition)
Ist nicht gerade riesig viel Platz, aber es reicht aus, meinst du nicht?
Fainas Kopf senkte und hob sich langsam.
Ihr Schweigen schien Garrett zu verunsichern.
Es ist doch in Ordnung so, oder? Sobald Türen und Fenster drin sind, wirkt es gleich viel heimeliger. Oder was sagst du, Jack? Es wird schon, oder?
Jack wollte gerade versichern, dass es seiner Meinung nach wahrhaftig ein famoses kleines Blockhaus für eine junge Familie werden würde, doch dann sah er, wie das Mädchen Garrett anlächelte – ein liebevolles, beruhigendes Lächeln. Plötzlich kam Jack der Gedanke, dass von den beiden womöglich sie die Weisere und Stärkere war.
Faina blieb, als die Männer weiterarbeiteten. Sie warf Stöcke für den Hund, lief durch das hohe grüne Gras um das Blockhaus und pflückte Glockenblumen und wilde gelbe Arnika, doch ihr Blick wanderte immer wieder zu den Bäumen. Als der Hund laut bellend einem Eichhörnchen in den Wald nachjagte, folgte Faina ihm. Am Wiesenrand blickte sie über die Schulter zurück und winkte den Männern kurz zu.
«Sie geht», sagte Garrett.
«Ja, aber sie kommt wieder.»
«Ich weiß. Aber manchmal frage ich mich doch.»
«Was denn?»
«Ob es das Beste für sie ist – ein Kind. Und ich. Ob es das richtige Leben für sie ist.»
«Daran lässt sich jetzt nichts mehr ändern», sagte Jack. Er bereute seinen schroffen Ton sogleich.
«Vielleicht muss sie ja nicht alles aufgeben», sagte Garrett. «Wir können doch diesen Winter zusammen nach den Fallen sehen, wenn das Kind da ist. Ich gehe mit ihr in den Wald, und da kann sie ihre kleinen Schlingen auslegen. Es muss sich nicht alles ändern.»
«Das wird es aber. Es wird alles anders. Doch ihr werdet das Beste daraus machen.»
Jack wandte sich wieder dem Blockhaus zu, denn hier gab es für einen Mann etwas zu tun – Bäume fällen, Stämme begradigen, ein Heim bauen.
«Jetzt komm», sagte er. «Wir sind schon fast beim Firstbalken. Bis zu dem großen Tag müssen wir hier den Deckel draufhaben.»
Kapitel 52
«Nie im Leben wird die Hütte da noch rechtzeitig zur Hochzeit fertig.» Die Hände in die Hüften gestemmt, sah Esther zu den honiggelben Rundbohlen empor. «Nur noch ein paar Tage, Ma. So bekomme ich’s von ihm zu hören. Wir sind so gut wie fertig, sagt er. Warum überschätzen sich Männer eigentlich immer so maßlos?»
Mabel musste lächeln. «Sie haben eine Menge geschafft.»
«Klar haben sie das. Aber eins sag ich dir, vor Sonntag ist da kein Dach drauf.»
«Vielleicht ist das ja ganz gut.» Die Vorstellung, wie Faina durch die Balken in den offenen Himmel schaute, hatte für Mabel etwas Tröstliches.
«Alles gut und schön, solange es keinen Tropfen regnet und keine Mücke aufkreuzt … in Alaska … im Juli.» Esthers Stimme troff vor Sarkasmus. Dann hakte sie burschikos die Daumen unter die Träger ihrer Latzhose und zuckte mit den Achseln. «Ach, na ja. Wenn man jung ist, findet man alles romantisch, oder? Sogar ein Blockhaus ohne Dach.»
«Es ist wunderhübsch. Ich habe schon ein paar Vorhänge für die Fenster genäht. Und George hat mir erzählt, dass du einen Quilt für die beiden machst.»
«Jawoll. Und der ist bis Sonntag fertig.» Esther lachte und setzte hinzu: «Da werde ich wohl diese Woche nicht viel Schlaf kriegen. Wie geht’s mit dem Kleid voran?»
«Das ist schon fertig, aber Faina hat noch eigene Pläne damit. Die letzten paar Nächte hat sie abends bei uns daran gearbeitet. Sie wartet immer, bis wir zu Bett gehen, und dann setzt sie sich an den Tisch und macht irgendetwas, aber sie will mir nicht verraten, was.»
«Sie ist schon ein schräger Vogel, oder?»
Eine solche Bezeichnung für Faina war Mabel noch nie in den Sinn gekommen, aber das Mädchen hatte zweifellos seine Eigenarten, und trotz ihres Hangs zum Unkonventionellen mochten selbst Esther Bedenken beschleichen, da ihr Sohn Faina nun heiraten wollte. Eine faszinierende Fremde und eine Schwiegertochter, das waren doch zwei sehr verschiedene Dinge.
«Es ist wahr – ich bin noch nie jemandem wie Faina begegnet.» Mabel achtete sorgsam auf ihre Worte. «Aber ich bin auch noch nie jemandem wie dir begegnet.»
«Na gut, na gut, da hast du auch wieder recht. Und ich weiß, dass ich mich glücklich preisen sollte, wenn jemand willens und imstande ist, es mit diesem meinem Sohn auszuhalten.»
«Sie hält es nicht bloß mit ihm aus. Ich glaube, sie ist sehr angetan von ihm.»
«Hmmm.» Esther schien ihre Zweifel zu haben.
«Sie haben
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