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Das Schneemädchen (German Edition)

Das Schneemädchen (German Edition)

Titel: Das Schneemädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eowyn Ivey
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hingen herunter, der Hammer lag zu seinen Füßen. Mabel lief an die Tür und riss sie auf.
    «Los, Jack! Los! Los, lauf ihr nach!» Ihre Stimme war lauter und schriller als beabsichtigt. Er erschrak, sah von Mabel zum Wald und wieder zu ihr. Schließlich folgte er dem Mädchen, zuerst mit gleichmäßigen Schritten, dann wurde er schneller und trabte durch den Schnee. Seine Beine wirkten lang und ungelenk in den großen Stiefeln. Nicht zu vergleichen mit dem flinken Lauf des Mädchens.
    Mabel wartete am Fenster. Hin und wieder ging sie zur Tür, öffnete sie und sah sich nach allen Richtungen um, blickte in den Hof und zum Wald dahinter, aber da war nichts. Minuten vergingen, dann eine Stunde und noch eine. Sie erwog, ihre Winterstiefel und den Mantel anzuziehen und den beiden nachzugehen, sah jedoch ein, dass das nicht klug wäre. Die Nacht brach schnell herein an diesen kalten Wintertagen.
    Es wurde dunkel im Haus, und Mabel zündete die Öllampen an, legte Holz nach und versuchte, ihr rhythmisches Auf- und Abgehen einzustellen. Sie dachte an ihre Mutter, wie oft sie hin und her gegangen war und die Hände gerungen hatte, wenn Mabels Vater von einer späten Sitzung in der Universität nicht nach Hause kam. Sie dachte an die Ehefrauen von Soldaten, Goldgräbern und Pelztierjägern, Säufern und Ehebrechern, die alle bis spät in die Nacht warteten. Warum war es immer das Schicksal der Frau, auf und ab zu gehen, sich zu sorgen und zu warten?
    Schließlich zwang sie sich mit ihrer Näharbeit an den Ofen und versuchte, sich in die Stiche zu vertiefen. Dass sie eingeschlafen war, merkte sie erst, als Jack nach Hause kam. Sein Bart und sein Schnurrbart waren mit Eis verkrustet, seine Hosenbeine steif und von Schnee bedeckt. Er hielt sich nicht damit auf, die Stiefel auszuziehen oder den Schnee abzustampfen, sondern taumelte zum Ofen und streckte die bloßen Hände aus. Er hatte keine Handschuhe angehabt, als Mabel ihn hinter dem Mädchen herschickte. Sie nahm seine Hände in ihre. Jack zuckte bei der Berührung zusammen.
    «Erfroren?»
    «Ich weiß nicht. Eiskalt, so viel steht fest.» Seine Worte waren undeutlich, entweder von dem Eis in seinem Schnurrbart oder vor Müdigkeit. Mabel rieb seine Hände, um ihm warmes Blut in die Fingerspitzen zu massieren.
    «Hast du sie eingeholt? Was hast du gesehen?»
    Er entzog ihr seine Hände und zupfte etwas Eis aus Schnurrbart und Bart. Darauf befreite er sich von den Stiefeln, dann von Mantel und Hose, die er zum Trocknen an Nägel hinter dem Ofen hängte. Der Geruch von warmer, nasser Wolle verbreitete sich im Raum.
    «Hast du mich gehört? Was hast du gesehen?»
    Er blickte nicht auf, als er sprach, sondern wandte sich ab und taumelte zur Schlafkammer. «Nichts. Ich bin müde, Mabel. Zu müde zum Sprechen.»
    Er kroch unter die Decke. Bald darauf schnarchte er leise und ließ Mabel am Ofen wieder allein.

Kapitel 11
    Jack hatte sich, wenn schon nicht für mutig, so doch immer für vernünftig und verlässlich gehalten. Er hütete sich vor echten Gefahren, vor launischen Pferden, die einem den Rücken brechen, und vor Gerätschaften, die Gliedmaßen abtrennen können, hatte über Aberglauben und Mystisches aber stets gespöttelt. Doch auf sich gestellt in der tiefen Wildnis, im schwindenden Winterlicht, entdeckte er in sich eine animalische Furcht. Dass er sie nicht benennen konnte, beschämte ihn außerordentlich. Hätte Mabel ihn gefragt, was ihn so geängstigt hatte, als er dem Mädchen in die Berge folgte, so hätte er nur mit der bangen Unsicherheit eines Kindes antworten können, das Angst vor dem Dunkeln hat. Verstörende Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf, Geschichten, die er als Junge gehört hatte, von Waldhexen und Männern, die sich in Bären verwandelten. Das Mädchen erschreckte ihn nicht so sehr wie die eigenartige Welt aus Schnee und Gestein und schweigenden Bäumen, in der es sich kinderleicht bewegte.
    Das Mädchen war geschickt über Baumstämme gesprungen und durch den Wald gehüpft wie eine Fee. Er war nah genug herangekommen, um das braune Fell ihrer Mütze und die kniehohen Ledermokassins an ihren Füßen zu erkennen. Als er sie am Holzstoß ansprach, hatte er einen Blick auf ihre blonden Wimpern und die unwahrscheinlich blauen Augen erhascht, und als er fragte, ob ihr die Puppe gefalle, hatte er ihr Lächeln gesehen. Das scheue, süße Lächeln eines kleinen Mädchens.
    Dann aber war sie zu einem Phantom geworden, einem lautlosen Schemen. Jack wollte

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