Das schoenste Geschenk
sehr beschäftigt sind«, erklärte sie kühl. »Aber ich dachte, es würde Sie vielleicht interessieren, dass sich direkt am Weg ein Nest mit Mokassinschlangen befindet, und zwar auf Ihrer Seite des Grundstücks.«
Skeptisch schaute Victor sie an. Unbeweglich hielt sie seinem prüfenden Blick stand. Als er nichts erwiderte, wandte sie sich zum Gehen. Sharon hatte sich kaum zwei Meter von ihm entfernt, als er sie zurückrief. »Warten Sie einen Moment. Sie müssen mir zeigen, wo es ist.«
»Ich muss Ihnen überhaupt nichts zeigen«, fing Sharon an, bevor ihr auffiel, dass er im Haus verschwunden war. Warum hatte sie ihm nur etwas von dem Nest gesagt? Warum war sie nicht einfach weitergegangen und hatte es ignoriert?
Sie hörte die Haustür zufallen und schaute auf. Mit einem Gewehr in der Hand kam Victor auf sie zu. »Gehen wir«, sagte er knapp und ging voraus, ohne sich nach ihr umzuschauen.
Stumm ging Sharon an ihm vorbei, um die Führung zu übernehmen. Nach wenigen Schritten blieb sie stehen und deutete auf ein paar Felsbrocken und vermoderte Blätter. »Hier ist es.«
Victor trat einen Schritt näher. An dem Muster der kupferfarbenen Schlangenleiber konnte er die gefährlichen Tiere erkennen. Er hätte das Nest bestimmt nicht entdeckt. Es sei denn, er wäre direkt hineingetreten.
Schweigend beobachtete Sharon, wie er mit einem dicken Stock die Felsbrocken umdrehte. Im selben Moment hörte sie das drohende Zischen der Schlangen.
Weil Sharon die gereizten Tiere ansah, bemerkte sie nicht, wie Victor das Gewehr anlegte. Als der erste Schuss fiel, zuckte sie zusammen. Erschrocken schaute sie zu, wie Victor mit vier weiteren Schüssen den Giftschlangen den Garaus machte.
Nachdem er die Waffe gesichert hatte, schaute er Sharon an, deren Gesicht eine grünliche Färbung angenommen hatte. »Was ist los?«, erkundigte er sich.
»Sie hätten mich warnen sollen«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Dann hätte ich das eben nicht mit ansehen müssen.«
Victor warf einen Blick auf das Bild des Grauens. Im Stillen verwünschte er sich für seine Unachtsamkeit. »Kommen Sie mit mir zurück ins Haus«, sagte er und nahm sie an ihrem Arm.
»Es geht mir schon wieder besser«, entgegnete Sharon abwehrend, während sie sich seinem Griff zu entziehen versuchte. Es war ihr peinlich, dass sie in seiner Gegenwart die Nerven verloren hatte. »Ich brauche Ihre Gastfreundschaft nicht«, setzte sie verärgert hinzu.
»Ich will nur vermeiden, dass Sie auf meinem Grundstück in Ohnmacht fallen«, gab er zurück, fasste ihren Arm fester und zog sie in Richtung der Veranda. »Warum sind Sie nicht einfach weitergegangen, nachdem Sie mir das Nest gezeigt hatten?«
»Oh, entschuldigen Sie«, sagte Sharon betreten. »Sie sind der unfreundlichste, unhöflichste Mann, der mir je begegnet ist.«
»Und ich dachte, meine Manieren seien tadellos«, entgegnete Victor, während er die Haustür öffnete und sie durch einen großen leeren Raum in die Küche führte.
Interessiert schaute sich Sharon in der Küche um. Victor hatte die Fensterrahmen erneuert, sie gebeizt und mit farblosem Lack überzogen. Er hatte die tragenden Balken freigelegt und das Holz aufgearbeitet, den alten Eichenfußboden abgezogen, versiegelt und gewachst. Er schien zu wissen, wie man mit Holz umging. Bei der Veranda hatte es sich nur um einfache Schreinerarbeit gehandelt. Doch die Renovierung der Küche bewies, dass er Stilempfinden und Sinn fürs Detail besaß.
Es erschien ihr unfair, dass ein Mann mit solchen Talenten arbeitslos war. Wahrscheinlich hatte er all seine Ersparnisse aufbringen müssen, um die Anzahlung für das Anwesen zu leisten. Denn selbst wenn er das Haus billig hatte erwerben können, so war das Grundstück erstklassiges Land und bestimmt sehr teuer gewesen. Dass er hier in diesen kahlen Räumen leben musste, tat ihr leid. Mitfühlend schaute sie ihn an.
Victor stellte einen Kessel mit Wasser auf den Herd. »Ich werde Ihnen Kaffee kochen.«
»Vielen Dank«, sagte sie lächelnd.
Victor hatte ihr den Rücken zugekehrt, um einen Becher vom Regal zu nehmen. »Sie müssen sich aber mit Pulverkaffee begnügen«, bemerkte er.
Sharon seufzte. »Mr. Banning … Victor«, verbesserte sie sich nach einigem Zögern und wartete darauf, dass er sich umdrehte. »Vielleicht haben Sie einen falschen Eindruck von mir gewonnen. Ich bin keine neugierige, naseweise Nachbarin. Es hat mich interessiert, was Sie aus dem alten Haus machen und wer Sie sind. Ich kenne
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