Das schoenste Maedchen der Welt
an einem Tag die Vögel zwitschern, dann krächzen am nächsten Tag die Raben. Pauline kochte am nächsten Tag Rinderbraten, denn sie wußte, daß Paul nichts weniger mochte als einen Rinderbraten. So dünstete sie ihn mit allerhand Wurzelwerk, das Paul nicht ausstehen konnte, und als Paul zum Mittagessen heimkam, tischte sie ihm einen großen Rinderbraten auf.
Paul guckte einmal, Paul guckte zweimal.
„Nanu?“ brummte er dann, „Rinderbraten?“
„Ja, Rinderbraten.“
„Aber weißt du denn nicht mehr, was ich dir gestern erzählt habe?“
„Was denn, Paul?“
„Daß der Metempsychologe sagte, ich wäre früher ein Stier gewesen und würde wieder einer! Mir ist mein Tier heilig! Glaubst du, ich äße noch einmal im Leben Rinderbraten?“
Da lächelte Pauline und sagte:
„Rinderbraten kannst du ruhig essen, Paul. Ich war nämlich auch heute beim Metempsyochologen und ich habe dich auch beschrieben. Da hat er gesagt, er hätte sich geirrt, du könntest ruhig Rinderbraten essen, du wärst nämlich gar kein Stier —“
„Sondern?“
„Ein Hammel!“
Angst um Annabella
Oswin wollte Annabella heiraten. Das war nicht nur so. Das war ein großes Glück für Oswin. Das war wie ein Ziegel, der einem vom Dach auf den Kopf fällt. Und wie höchst selten fällt einem schon ein Ziegel auf den Kopf? Noch seltener aber findet einer, und noch dazu einer wie Oswin, so eine, und noch dazu eine wie Annabella, als Braut. Soll ich euch zuerst von Oswin erzählen? Oswin sieht genau so aus wie du, lieber Leser! Über Oswin ist somit alles gesagt. Aber über Annabella könnte ich stundenlang erzählen: Annabella ist schön wie der junge Tag, Annabella ist blond wie frischgesponnener Flachs, Annabella hat eine Figur wie die Venus von Milo, nur mit Kopf und Armen. Und dann noch eines: Annabella ist die Tochter eines schwerreichen Bindfadenfabrikanten, der über drei Millionen Bindfaden allein im Lager hat. Und das ist nicht zu verachten. Oswin verachtet es auch nicht. Im Gegenteil, er legt größeren Wert auf den Vater als auf die Tochter. So einer ist nämlich Oswin, er heiratet in das Vermögen und die schöne Tochter kriegt er umsonst zu. Fürwahr, ein Glückspilz, ein Glücksschwammerl!
Am nächsten Morgen sollte die Hochzeit sein. Oswin hatte schon den Frack zurechtgelegt, Oswin hatte schon das Hemd bereitgelegt, Oswin hatte schon — nein, das hatte er noch nicht, er saß gerade in der Badewanne. Da klingelte das Telefon.
„Hallo! Oswin! Bist du es?“
„Ja.“
„Am Apparat?“
„In der Badewanne und am Apparat! Was gibt es?“
„Hier ist Hugo — ich höre, du willst morgen heiraten?“
„Stimmt.“
„Die Bindfadenmillionärstochter?“
„Ja.“
„Mit den Millionen ist es Essig!“
Oswin, der am Badewannenrand kauerte, rutschte vor Schreck in die Wanne zurück.
„Wieso? Warum? Weswegen?“
„Nichts Gewisses weiß man nicht“, antwortete Hugo, „hingegen soll etwas in der Luft liegen — Wechselgeschichten und überhaupt Geschichten — ich wollte dich nur warnen.“
So schnell hatte Oswin noch nie ins Telefon gesprachen wie jetzt:
„Hugo, um Gottes willen, bleib am Telefon! Sag, Hugo, was du noch weißt! Das wäre ja furchtbar, Hugo! Wieviel bleibt denn noch?“
„Nicht ein roter Pfennig.“
„Und die Mitgift?“
„Die ist auch dahin. Das heißt, ich weiß noch nichts Genaues. Ich erfahre es erst heute nacht. Vielleicht ist alles nur leeres Stroh, das von Flegeln gedroschen wird. Am besten, du rufst mich morgen früh an. Aber pünktlich früh fünf Uhr. Ich fahre mit dem Sechsuhrzug nach Freiburg. Wenn du anrufst, kann ich dir alles genau erzählen.“
„Um fünf Uhr?“
„Pünktlich, Oswin — sonst bin ich über alle Berge!“
„Du kannst dich darauf verlassen. Mit der Mitgift, Hugo, habe ich nämlich gerechnet. Übrigens, Hugo —“
Hugo aber hatte schon abgehängt.
Am nächsten Morgen, früh fünf Uhr, auf die Minute genau, ging Oswin zum Telefon.
„Hallo! Hugo! Hier ist Oswin!“
„Wer?“
„Oswin!“
„Ach richtig — Oswin!“ antwortete Hugo verschlafen, „vielen Dank, daß du anrufst! Gut geschlafen, Oswin?“
„Kein Auge habe ich zugemacht!“ jammerte Oswin, „es war eine furchtbare Nacht. Immer mußte ich an Annabella denken. Ich habe schon alles erwogen, was werden soll. Was ist also mit dem Vater und den Millionen?“
„Was soll denn damit sein?“
„Du hast mir doch gestern von Wechselgeschichten erzählt?“
Hugo lachte laut:
„Da ist
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