Das schoenste Maedchen der Welt
liebenswürdigen Einladung — nach Ihrer deutlichen Aufforderung —“
„Ich glaube es nicht. Aber Mama glaubt es.“
„Ihre Mutter?“
„Ja. Mama möchte mich gern verheiraten. Deswegen sind wir diesen Sommer hierher gefahren. Da erschienen Sie auf der Bildfläche. Sie gefielen Mama sofort. Außerordentlich sogar. Sie sind reich, wir sind arm. Ist es da nicht selbstverständlich, daß mir Mama sofort ein Angelzeug kaufte und mir befahl, mit Ihnen angeln zu gehen?“
Andergest sah erstaunt auf Erika.
„Ich bewundere Ihre Offenheit.“
„Sie brauchen sie nicht zu bewundern.“
„Nein.“
„Wenn ich mit Mamas Plan einig gewesen wäre, hätte ich bestimmt geschwiegen.“
„Ich gefalle Ihnen also nicht?“
„Sie gefallen mir sogar sehr gut“, sagte Erika, „schon von der ersten Stunde an, wo ich Sie sah. Nur glaube ich nicht daran, daß man heutzutage ein junges Mädchen heiratet, nur weil man einmal mit ihm angeln war. Die Ansichten von Mama sind veraltet. Trotzdem hat sie alle Vorbereitungen für ihren Plan getroffen. Sehen Sie dort drüben den Hügel? Dort sitzt Mama hinter einem Baum und beobachtet uns. Sehen Sie dort im Schilf die kleine Hütte? Dort wartet jetzt Papa. Und wenn alles nichts nützt, soll ich Punkt zwölf Uhr, wenn die Glocken der Bergkapelle läuten, ins Wasser fallen. Sie werden mich retten, ich werde dabei meine Arme um Sie legen — Papa und Mama nahen im Boot — die ganze Situation — Sie verstehen?“
„Und warum tun Sie es nicht? Warum verraten Sie mir alles?“
Sie lächelte in sich hinein.
„Weil — „
„Nun?“
„Weil ich mein Glück nicht — ich habe es mir anders vorgestellt — ich bin vielleicht noch sehr dumm, ich glaube noch an die Liebe.“
Sie hielt den Kopf gesenkt, eine leichte Röte lief über ihre Stirn.
„Schade“, sagte Andergest .
„Warum?“
„Vielleicht wäre der Plan doch gelungen.“
„Mit einer Lüge? Niemals!“
Andergest legte seinen Arm um sie und zog sie an sich.
„Was tun Sie? Wenn Mama uns sieht!“
Andergest küßte ihren roten Mund.
„Mama soll glauben, daß ihr Plan gelungen ist“, sagte er, „ich freue mich, einen ehrlichen Menschen gefunden zu haben. Und wenn du es nicht gerade lächerlich findest, möchte ich dich fragen, ob du meine Frau werden willst —“
Im Hotel wartete die Familie mit Ungeduld auf Erikas Rückkehr. Immer wieder trat die Mutter auf die Terrasse. Endlich tauchte das blaue Kleid Erikas zwischen den Hecken auf. Die Mutter eilte ihr entgegen.
„Wir haben uns so um dich gesorgt, Erika. Wo warst du denn?“
„Auf dem See. Angeln mit Andergest .“
„Mit Andergest ? War das nicht der Herr, mit dem du gestern tanztest?“
„Ja, Mama.“
„Und er hat dich eingeladen?“
„Ich habe mich selbst eingeladen, Mama. Er gefiel mir.“
Die Mutter schüttelte entsetzt den Kopf.
„Ihr jungen Mädchen heutzutage! Und wir hatten schon Sorge, daß dir etwas geschehen wäre.“
„Es ist auch etwas geschehen, Mama.“
„Um Gottes willen! Was?“
„Ich habe mich soeben mit Andergest verlobt.“
Die Mutter stand fassungslos.
„Verlobt? Mit Andergest ? Aber ihr kennt euch doch erst seit gestern? Wie ist denn das alles so schnell gekommen?“
Erika strahlte:
„Ich habe ihm eine kleine, erfundene Geschichte erzählt, die ihm gut gefallen hat.“
Der Beweis
Paul und Pauline lebten wie die Turteltäubchen. Geturtelt wurde zwar zwischen ihnen nicht viel, denn was ein rechter Ehemann ist, der vergißt im Laufe der Ehejahre gar zu gern das zärtliche Spiel der Verliebten. Und erinnern wollte ihn Pauline auch nicht gerade daran. Aber sonst liebte Paul seine Frau von gutem Herzen, so wie er sein Haus liebte und seinen Garten. Hatte er nicht Freude daran, wenn die Leute am Zaun stehenblieben und die Schönheit der Blumenbeete und den geraden Wuchs der Obstbäume bewunderten? Warum sollte er nicht die gleiche Genugtuung empfinden, wenn seine Freunde die Erfreulichkeiten Paulines bestaunten? Ja, er gab aus dem Garten gern einen Apfel ab, und Freunden lieh er gern sein Weib zu einem fröhlichen Ausflug oder einem Scherz in den Fasttagen. Eifersucht war ihm ein fremdes Gefühl, so sicher war er seines Besitzes, so unbesorgt sah er den kleinen Liebesspielen zu, die Pauline mit sich treiben ließ, ohne — wie es den Anschein hatte — selbst daran recht beteiligt zu sein.
Das wurde anders, als Haberland in ihr Leben trat. Haberland war auch nicht jünger als Paul, aber er hatte den Schatz der
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