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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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in
Belgrad gemacht?«
    Wir setzen uns auf
die Bettkante, ich rede mit gesenktem Kopf. Erzähle ihm von dieser Reise in die
Ukraine, von diesen Frauen. Gojko sieht mich ernst an, dann lacht er los.
    »Du bist ja verrückt.
Du wolltest, dass er ein Kind mit einer Nutte macht?«
    Diegos Körper liegt
dicht neben uns, auf dem Bett ausgestreckt wie ein großes Kind.
    »Er hat nicht mal die
Serviette abgenommen.«
    Ja wirklich, die
Serviette aus dem Restaurant steckt noch in dem runden Ausschnitt seines
Pullovers. Gojko steht auf, nimmt sie ihm ab und putzt sich die Nase damit. Er
tut so, als würde er weinen, und schlägt mit dem Kopf gegen die Wand.
    »Warum? Warum braucht
ihr keinen Mann? Warum ist das Leben so ungerecht?«
    Er umarmt mich von
hinten und kitzelt mich. Ich wehre ihn matt ab.
    »Dieser Stress geht
schon seit Monaten, ich weiß gar nicht mehr, wer ich bin.«
    Ich beuge mich über
Diego und ziehe ihm die Stiefel aus, die alten Camperos, die fest am Fuß
sitzen. Gojko beobachtet diese müde, mütterliche Geste.
    »Du hast Angst, ihn
zu verlieren, stimmt’s?«
    »Ich bin
siebenunddreißig.«
    »Er würde dich nie
verlassen.«
    Ich werfe die Stiefel
auf den Boden und ziehe ihm auch die Socken aus. Ich betrachte die langen,
weißen Füße, die an den Seiten leicht gerötet sind.
    »Ich will ein Kind
mit diesen Füßen.«
    Gojko verzieht das
Gesicht.
    »Was soll denn an
diesen Füßen schön sein?«
    »Es sind seine.«
    »Eben.«
    Das offene Fenster
klappert in seinem Metallrahmen, Gojko macht es zu. Es ist tief in der Nacht.
Man sieht die Spitzen der Kathedrale mit ihren kleinen Kreuzen wie aus Glas.
    In dieser Nacht
schliefen wir zu viert in dem einen Bett. Gojko war zu müde, um sich seine
Schwester auf die Schultern zu laden. Ich hatte nicht die Absicht zu schlafen.
Ich legte mich an den äußersten Rand des Bettes, kipplig und starr wie eine Schlittschuhkufe
auf dem Eis. Ich wartete auf die Morgenröte und tauchte dann in einen kurzen
Tagschlaf, endlich beschützt vom Licht. Als ich die Augen öffnete, sah ich
Sebinas Gesichtchen über mir. Sie war vor den anderen aufgewacht, hatte sich
das Gesicht gewaschen und sich gekämmt.
    »Warte mal.«
    Ich stand auf,
öffnete meinen Koffer, schenkte ihr die Schuhe.
    »Sie leuchten beim
Laufen.«
    Sie bekam einen
Schluckauf, ihr Körper reagierte auf diese Aufregung, indem er die Atmung
zerstückelte. Ich half ihr in die Schuhe hinein und tastete nach ihren Zehen,
es war noch genug Platz für mindestens ein Jahr Wachstum. Von kleinen Hicksern geschüttelt,
die kein Ende nehmen wollten, starrte sie auf ihre Füße.
    »Lauf los, probier’s
mal aus!« Die Schuhe leuchteten auf.
    Sie sah nicht
glücklich aus, eher verzweifelt. Diese Verzweiflung konnte ich verstehen. Auch
ich hatte sie in den Momenten höchsten Glücks empfunden. Wenn ich erkannte,
dass ich alles hatte, spürte ich plötzlich das Zupacken des Nichts. Sebina war
wie betäubt. Also schrie ich, um sie aus dem Schluckauf zu reißen. Es war ein
wildes Aufheulen, von dem ich nicht für möglich gehalten hätte, dass ich es in
mir habe.
    Sebina fuhr auf. Sie
starrte mich mit weit offenem Mund an.
    Ich weiß nicht wieso,
doch irgendwie steckten wir beide fest. Und rebellierten dagegen.
    »Na los, worauf
wartest du noch?!«
    Sie lächelte. Der
Schluckauf war weg. Sie begann durch das Zimmer zu laufen und betrachtete die
Sohlen, diese Plastikblasen, die von innen leuchteten. Sie kam zu mir zurück
und gab mir einen Kuss auf den Mund, ich spürte die Frische ihrer Lippen auf
meinen.
    Gojko war
heruntergefallen und schlief auf dem Teppich. Seine Schwester kletterte auf
ihn, auf seinen Bauch, um ihn zu wecken. Sie hielt ihm die Schuhe unter die
Nase. Gojko öffnete ein Auge, erforschte die lichtdurchfluteten Sohlen und fuhr
zu mir herum wie eine Schlange.
    »Verdammt, wo hast du
die her? Die will ich importieren.«
    Sebina kreischte los
und beschimpfte ihren Bruder. Nur sie allein wollte diese Schuhe haben, sie allein
in ganz Sarajevo!
    Auch Diego war
aufgewacht, sah die leuchtenden Schritte und lächelte.
    »So finden wir dich
immer wieder, auch im Dunkeln.«
    Gojko war in der Nähe
der alten Synagoge in ein altes, baufälliges Haus ohne Fahrstuhl gezogen.
Abgesehen von ein paar älteren Mietern wohnten dort keine Familien, sondern
junge Leute, Studenten, angehende Künstler, künftige Intellektuelle. Sarajevos
neue Generation, die die Konzerte, die Literaturcafés und die Filmklubs
bevölkerte, Leute, die sich am

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