Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
Vom Netzwerk:
Glück ist die Spermaqualität ihres Mannes
ausgezeichnet, so brauchen wir uns nur auf Sie zu konzentrieren .
    Ich fange an zu
weinen. Die üblichen Tränen auf dem üblichen reglosen, beherrschten Gesicht. Er
sagt nichts, ist an dieses Weinen gewöhnt, es ist eine Szene, die sich jedes
Mal mehr oder weniger gleich wiederholt.
    »Wollen wir gehen?«
    Unentwegt wiederholt
Diego mir gegenüber, falls das in eine Quälerei ausartet , lassen wir es sein. Ich bin
diejenige, die darauf besteht, die diese Termine vereinbart.
    »Wo kommst du her?«,
frage ich ihn.
    »Aus dem Atelier.«
    »Musst du nicht
zurück?«
    »Keine Angst, sie
warten.«
    Inzwischen macht er
nur noch Werbefotos. Er bedient den Geschmack der Auftraggeber, verdreckt die
Bilder nicht mehr und macht, worum man ihn bittet, kristallklare Fotos. Das ist
keine kreative Arbeit, darum gefällt sie ihm. Er sagt, er schalte den
Autopiloten ein.
    Wir brauchten viel
Geld für die Behandlungen. Ein weiteres Jahr ist vergangen. Das schlimmste
meines Lebens. Das Jahr des Bauchaufschlitzens, der Qualen. Der gespreizten
Beine, der Dilatatoren, der Nadeln im Bauch.
    Man spritzte mir
Hormone, um den Eisprung anzuregen, dann saugte man die Eizellen ab und
untersuchte sie. Sie sind fehlerhaft, die Nukleinsäuren sind nicht in der
richtigen Reihenfolge angeordnet. Ich bilde Gerinnsel, wo keine sein sollten.
Man spritzte mir Kortison, Gerinnungshemmer, dann wieder ovulationsfördernde
Medikamente. Meine Eizellen waren besser. Man fand schließlich ein paar ganz
passable. Diegos Spermien wurden zentrifugiert, und wir hatten die erste
homologe Insemination. Wir hatten auch eine zweite. Die Schwangerschaft begann,
der Herzschlag war da. Nach zwei Wochen war er nicht mehr da. Eine Woche später
stürzte ich mit dem Motorroller, man nähte mich mit fünf Stichen unter dem
Kinn. Der Genetiker sagte irgendwas gefällt mir da nicht .
    Also machte man eine
Hysteroskopie. Der Genetiker lächelte mich an.
    »Sie haben ein Septum
in der Gebärmutter, wussten Sie das?«
    »Was ist das?«
    »Das ist eine
Scheidewand, die die Gebärmutterhöhle teilt und die Einnistung der befruchteten
Eizelle verhindert.«
    Ich ging zum, wie es
hieß, besten Spezialisten. Nach Mailand. Wir nahmen einen Zug, ein Hotel. In
einer Privatklinik zog ich mir einen grünen Kittel an. Man entfernte das
Septum. Diego stützte mich beim Gehen, während ich – eine Hand am Unterbauch –
über den polierten Flur humpelte. Wir kamen zur Säuglingsstation, warfen einen
Blick auf den weißen Garten schwarzer Köpfchen. Wir waren diesseits des Glases,
des Aquariums. Schmiegten uns aneinander. Ich war wie ein Panzer. Sagte Ich will es schaffen, und ich werde es
schaffen .
    Ich nahm wieder
ovulationsfördernde Medikamente, Profasi 500 und Pergonal 150. Ich ging auf wie
ein Hefeteig, verlor den Humor, und meine Libido verabschiedete sich in die
Antarktis. Ich befolgte eiserne Regeln, rührte nicht eine Zigarette an. Jetzt
warte ich hier auf grünes Licht für die nächste Insemination.
    Endlich betreten wir
den Raum, einen großen Raum mit einem riesigen Schreibtisch aus poliertem Glas
und einem Bild, das von Alberto Burri sein könnte, eine seiner Wunden.
    Der Genetiker ist
freundlich, er hat den typischen Schnauzbart und die typische Haut eines Mannes
von früher, er bewegt die Hände. Ich sehe seinen Trauring und die schwarzen
Haarbüschel auf seinen Fingern.
    Ich gehe hinter den
Vorhang, ziehe den Rock hoch, öffne die Beine. Er schaltet den Monitor ein,
führt die Kanüle ein, sucht. Ich warte.
    Immerhin ist er
aufrichtig. Er fasst sich an den Kopf, öffnet die Hand. Wir sitzen wieder am
Schreibtisch, ich habe wieder mein Gesichtchen eines sterbenden Fuchses. Er
sieht uns an, heftet seinen Blick erst auf Diego, dann auf mich und schüttelt
den Kopf, es tue ihm leid, sagt er, wirklich, doch es habe keinen Sinn, es noch
einmal zu versuchen.
    Trotz der Hormongaben
hätte ich so gut wie keine Eizellen, weniger als beim letzten Mal. Er hat eine
schrillere Stimme als sonst hervorgeholt, vielleicht benutzt er sie immer, wenn
er in Schwierigkeiten steckt. Für mich komme kein Programm künstlicher
Befruchtung mehr in Frage, und ich könne auch nicht daran denken, eine Eizelle
von einer fremden Spenderin zu erhalten, denn meine Gebärmutter sei nicht voll
ausgebildet, nicht dehnbar genug … Sie ist verwelkt , die Entfernung des Septums habe eine
beträchtliche Narbe hinterlassen. So was komme vor, leider, das seien

Weitere Kostenlose Bücher