Das schönste Wort der Welt
auf diesem Stühlchen, komme mir fehl am Platz vor, wie eine, die klaut,
oder wie diese Touristen, die ohne Glauben hereinkommen, nur um mit ihren
Fotoapparaten und ihren brötchenverschmierten Mündern die Fresken anzugaffen.
Ich will sofort wieder weg, doch ich bleibe, weine.
Ich habe stets
geglaubt, alles beherrschen und jeden meiner Schritte kontrollieren zu können.
Jahrelang habe ich die Pille genommen. Was für eine Ironie des Schicksals.
Zum Bankett des
Lebens wurde ich nicht zugelassen. Vielleicht sollte ich mich einfach fügen.
Nicht jeder muss Kinder kriegen, ich weiß es ja.
Da sitze ich nun, die
Hände um den Griff der Handtasche geklammert, mit meiner von Kreditkarten
bauchigen Brieftasche, meinen Papieren und meinen allgemeinen Kennzeichen: Augen
blau, Haarfarbe kastanienbraun, Geschlecht weiblich. Bauch tot.
Ich bin eine von
Intelligenz zerkratzte Frau, alles, was mir zu helfen schien, lässt mich jetzt
im Stich.
Zum Glauben fehlt mir
der Mut. Und die Unschuld.
Gott ist nur ein weit
entfernter Komplize für die Versehrtheiten der Menschen.
Doch der Genetiker
hat von einem Wunder gesprochen, von der winzigen Möglichkeit, die man dem
nicht Greifbaren überlässt. Für dieses Wunder bin ich hergekommen, ja, das ist
die Wahrheit. Ich habe diesen grotesken Versuch unternommen und trolle mich
jetzt mit eingezogenem Schwanz, entmutigt von meinem matten Glauben, der mich
auf keinerlei Belohnung hoffen lässt.
Ich will aufstehen,
doch irgendwas hält mich zurück und lässt mich den Kopf neigen. Eine Hand, die
mich niederdrückt, die mich zur Demut führt.
Kann
sein, dass ich nicht an dich glaube, aber vielleicht bist du ja so großzügig
und glaubst an mich .
Ich habe soeben gelernt
zu beten.
… gib
mir die Chance, in diesem Schicksal etwas Gutes zu sehen, nur darum bitte ich
dich .
Ich besprenge mich
mit Weihwasser. Neben mir sehe ich den Erzengel Gabriel in einer Verkündigung
voller Entsetzen. Die Madonna ist klein, in Not, wie erschlagen von dieser
Erscheinung. Von dieser Aufgabe.
Im Fitness-Center
verwende ich viel Zeit darauf, mich mit Creme zu glätten. Beim Sex mühe ich
mich ab, ich habe Angst, ans Licht zu kommen. Ich konzentriere mich, suche tief
in mir eine feste, in eine ferne Einsamkeit gezwängte Lust. Alles stört mich,
selbst das kleinste Geräusch. Diego fällt neben mich. Wir sind zwei getrennte
Körper.
Er betrachtet meinen
Rücken. Sagt, wir müssten ja nicht miteinander schlafen, wir könnten ja auch so
daliegen, eng umschlungen.
Ich betrachte seinen
nackten Körper, seine fruchtbaren Hoden.
Ich greife ihn an,
fordere eine Heftigkeit, die er nicht hat.
Wenn wir ficken, sind
wir in Sicherheit, sind wir ein Paar. Aber was sind wir sonst … Was werden wir
sein?
Mein Bauch ist muskelhart.
Früher gefiel ich ihm mehr, als mein Bauch wie ein warmer Sack war, voller
gutmütiger Geräusche und weißer Spinnweben. Ich weiß, dass er mich voller
Nostalgie betrachtet. Na und. Diese Härte schützt mich. Den Bauch einer Mutter
habe ich nicht mehr, gut, wenn er sich daran gewöhnt, ich werde mein Leben lang
eine Geliebte bleiben. Ein Wesen für Sex ohne Folgen.
Seine Augen und seine
Nostalgie sind mir unangenehm. Ebenso die Fotos an der Wand. Manchmal ist mir,
als würden sich all diese Füße und all die Pfützen, die mich belauern, über
mich und meine Unvollständigkeit lustig machen. In dieser Wohnung nistet etwas,
das uns Unglück gebracht hat.
Auch unsere Vormieter
hatten keine Kinder.
Trotzdem
hatten sie sich sehr gern , erzählte mir der Hausmeister. Ich muss wohl auf das gleiche
Schicksal hoffen. Ich stelle mir das Leben vor, das uns erwartet, das Alter,
unsere vier einsamen Beine.
Das proletarische
Mädchen, das sich um meine Hände kümmert, fragt mich, warum ich keine Kinder
habe.
Am liebsten würde ich
ihr sagen, sie solle sich um ihren eigenen Scheiß kümmern, ich blättere in
einer Zeitschrift und schaue nicht auf.
»Mein Freund will
keine«, sage ich.
Das Mädchen ist mit
der Antwort zufrieden, sagt, Umfragen hätten ergeben, dass viele Männer keine
Kinder wollten, sie hätten Angst, von ihren Frauen vernachlässigt zu werden.
Hau ab, mein Freund.
Hau ab, Diego.
Manchmal denke ich,
er sollte sich eine andere suchen, eine von seinen Studentinnen. Eine mit
vollen Eierstöcken und mit einer Gebärmutter ohne Narben.
Es wäre einfacher,
wenn er mich nicht lieben würde.
Ich gehe zum
Fotoatelier. Stelle mir vor, ihn mit irgendeinem Mädchen herauskommen
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