Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
schade, dass Captain Ogilvie Ihre Sophia in seinen Briefen an Harley nicht erwähnt.«
»Vermutlich hielt er sie nicht für wichtig.«
Dr. Weirs Augen blitzten noch einmal auf, als er mir die Seiten zurückgab. »Da scheint er sich getäuscht zu haben.«
16
Die Countess und der Colonel saßen an Sophias Bett, als diese erwachte.
»Es ist am sichersten so«, sagte Colonel Graeme gerade. »Er darf nicht hier sein, wenn Flemings Schiff eintrifft.«
»Ja, das wäre eine Katastrophe«, pflichtete die Countess ihm bei. »Man muss ihn weglocken. Aber überlassen Sie das meinem Sohn. Sie dürfen kein Risiko eingehen.«
»Ihr Sohn wird hier dringender gebraucht. Und ich bezweifle, dass Captain Ogilvie ihm folgen würde, wie er es bei mir mit Sicherheit tut. Wir sind alte Freunde.« Er klang bitter. »Ich genieße sein Vertrauen.«
»Es tut mir leid«, sagte die Countess.
»Mir auch. Er war einmal ein wirklich guter Mann.«
»Wahrscheinlich braucht er dringend Geld.«
»Wenn man in Schwierigkeiten gerät, sollte man sich an seine Freunde wenden«, erklärte der Colonel, »und sie nicht an seine Feinde verkaufen.«
»Passen Sie nur auf, dass er Sie nicht auch verkauft«, warnte die Countess ihn.
»Och, keine Sorge. Ich bin schlau wie ein Fuchs, und in Edinburgh gibt es genügend Löcher, in denen ich mich verkriechen kann.«
Als sich Sophia zu regen begann, wandten sich die Countess und der Colonel ihr zu. Sophia glaubte, Erleichterung in ihren Gesichtern zu lesen.
»Wir haben sie aufgeweckt«, sagte die Countess. »Wie geht’s dir, meine Liebe?«
Sophia hatte noch Kopfschmerzen, aber das Schwindelgefühl war verschwunden. »Alles in Ordnung, danke.«
»Mutiges Mädchen«, lobte die Countess sie und tätschelte ihren Arm. »Ich sage Kirsty, dass du wach bist und sie dir dein Frühstück bringen soll.«
Als die Countess aus dem Zimmer war, fragte Sophia Colonel Graeme: »Haben Sie ihr erzählt …?«
»Aye. Sie weiß alles. Wenn ich nicht zur Stelle gewesen wäre, um den Gärtner ins Jenseits zu befördern, hätte sie es vermutlich getan.«
»Und Captain Ogilvie?«
»Ich hab ihn überredet, mich nach Edinburgh zu begleiten, weil dort angeblich für King James Interessantes im Gange ist.«
»Sie reisen also ab«, sagte Sophia traurig.
»Sophia, ich möchte Sie etwas fragen.« Da er sie nie zuvor beim Vornamen genannt hatte, wusste sie, dass es sich um etwas Ernstes handelte. »Es geht mich zwar nichts an, aber auf dem Hügel … Billy Wick hat meinen Neffen erwähnt. Und Sie.«
»Er hat uns im Garten belauscht.«
»Aye.« Er suchte nach Worten. »Wie gesagt, es geht mich nichts an, aber …«
»Sie wollen wissen, was Mr. Wick an jenem Abend belauscht hat?«
»Aye«, bestätigte der Colonel, erleichtert über ihre Offenheit.
Sophia schloss die Hand um die Kette an ihrem Hals und zog den Ring unter ihrem Nachthemd heraus. Nun brauchte sie nichts mehr zu erklären.
»Ich muss gestehen, dass ich mir so etwas schon gedacht hatte. John und ich sind uns ziemlich ähnlich, und wenn ich jünger wäre, hätte ich selbst versucht, Sie für mich zu gewinnen. Es freut mich, dass er sich ehrenhaft verhalten hat. Werden Sie heiraten?«
»Wir haben uns per Handschlag verbunden, vor seiner Abreise nach Frankreich.« Sie drückte den Ring. »Die Countess weiß nichts davon. John wollte alles bis zu seiner Rückkehr geheim halten. Aber seinen Verwandten darf ich den Ring zeigen.«
»Wir sind alle bereit, für Sie durchs Feuer zu gehen. Sie müssen nur etwas sagen.«
»Sie sind bereits für mich durchs Feuer gegangen, Colonel«, erklärte sie mit leiser Stimme.
»Aye, und ich täte es wieder«, versprach er, »selbst wenn Sie den Ring nicht um den Hals tragen würden.«
Den Tränen nahe, senkte sie den Blick und schob Morays Ring wieder unter ihr Gewand.
Der Colonel erhob sich mit einem verlegenen Hüsteln. »Verabschieden Sie Ihren Onkel Patrick mit einem Lächeln, Mädel.« Dann ergriff er ihre Hand und hob sie an die Lippen. »Wir sehen uns bestimmt bald wieder.«
»Das hoffe ich.«
»Mit Hoffnung«, erwiderte er, »hat das nur selten zu tun. Handeln verändert die Welt. Eine Lehre sollten Sie aus dem Schachspiel gezogen haben: Wenn man gewinnen möchte, darf man seine Figuren nicht einfach auf dem Brett stehen lassen. Ein Soldat muss das Schlachtfeld betreten, um es zu überqueren.«
»Aber ich bin kein Soldat«, widersprach Sophia.
»Tatsächlich?« Er küsste sie auf die Stirn.
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