Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
»Nun, auch ein Bauer spielt eine Rolle bei der Verteidigung des Königs.«
»Colonel Graeme?«
»Aye?«
»Bitte passen Sie auf sich auf.«
»Och, keine Sorge«, sagte er mit einem Lächeln, das sie sehr an seinen Neffen erinnerte. »Ich bin so viele Jahre beim Militär, dass ich weiß, wie man einem Dolchstoß in den Rücken entgeht.«
Da erklang von der Tür aus die Stimme der Countess. »Patrick! Was für eine unpassende Bemerkung!«
Er zuckte mit den Achseln. »Unangepasstheit bewahrt mich vor dem Teufel, Countess. Und wenn ich ihn weiter foppen möchte, muss ich jetzt gehen.«
Sophia sah ihm traurig nach.
Als die Countess wieder auf dem Stuhl neben dem Bett saß, sagte sie: »Colonel Graeme ist ein guter Mann.«
»Ja.«
»Er erinnert mich sehr an seinen Neffen«, bemerkte die Countess.
Sophia nickte. »Ja, das stimmt.«
Einen Augenblick lang herrschte Stille, die nur vom Klappern des Fensters im Wind und vom Geräusch der gegen die Felsen schlagenden Wellen durchbrochen wurde. Dann fragte die Countess mit ruhiger Stimme: »Weiß er es?«
Als sie Sophias Verwirrung sah, formulierte sie die Frage neu: »Weiß Mr. Moray, dass du sein Kind unter dem Herzen trägst?«
Sophia stockte vor Schreck der Atem. Wie hatte sie das herausgefunden? Plötzlich wurde es ihr klar: »Kirsty hat es Ihnen verraten.« Die Countess legte eine Hand auf die ihre.
»Nein, mein Kind. Du vergisst, dass ich selbst Mutter bin. Frag meine Söhne und Töchter. Denen ist es auch nie gelungen, mir etwas zu verheimlichen.«
»Wie lange wissen Sie es schon?«
»Seit ein paar Monaten.«
»Aber Sie haben nichts gesagt.«
»Nein, ich dachte, du würdest es mir schon gestehen, wenn dir der Zeitpunkt richtig erschiene.«
Sophia senkte den Blick. »Ich hatte gehofft, dass John … dass er …«
»Er weiß es also nicht?«
Sie schüttelte stumm den Kopf.
Die Countess drückte ihre Hand. »Meine Liebe, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Mr. Moray ist ein ehrenwerter Mann.«
»Viel mehr als das.« Sophia holte tief Luft. »Er ist mein Ehemann.«
Als die Countess sie erstaunt ansah, zog Sophia den schweren Silberring das zweite Mal unter ihrem Gewand hervor und hielt ihn ihr hin.
»Es gibt offenbar Geheimnisse, die sogar mir verborgen bleiben«, sagte die Countess erst nach einer ganzen Weile. »Ich hätte nicht gedacht, dass du heiraten würdest, ohne mich um Erlaubnis zu fragen.«
Sophia suchte nach einer Entschuldigung, doch die Countess strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich weiß, dass du schwere Jahre im Haus deines Onkels hinter dir hast. Es ist schrecklich, wenn man ein Kind seiner Unschuld beraubt. Deshalb freut es mich zu sehen, dass er dir deinen Eigensinn nicht ausgetrieben hat.« Sie lächelte. »Außerdem hättest du auf eine sehr viel dümmere Idee verfallen können, als Mr. Moray zu heiraten. In meiner Jugend hätte ich vermutlich ebenfalls ein Auge auf ihn geworfen.
Aber Eigensinn nützt nicht immer. Manchmal muss man sich unterordnen. Eine Geburt ist kein Kinderspiel. Du bist zu jung, um diese Last allein zu tragen.«
Erleichtert darüber, dass sie auf die Unterstützung der Countess zählen konnte, sagte Sophia: »Ich möchte nur mein Kind vor allem Bösen schützen.«
»Und das wird dir gelingen«, versicherte die Countess ihr. »Wenn auch nicht allein.« Ihre Miene verriet, dass sie sich über das Problem bereits Gedanken gemacht hatte. »Du wirst Hilfe brauchen.«
Sechzehn
Jane legte die Seiten meines Manuskripts beiseite. »Und?«
»Und was?«, fragte ich und hob den Blick vom Kuchenteller.
»Was passiert als Nächstes?«
Das wusste ich selbst noch nicht so genau. »Man kann nicht einfach ein Baby zur Welt bringen, ohne dass irgendjemand etwas bemerkt. Da sie Sophias Verbindung mit Moray geheim halten wollen, wird die Countess sie vermutlich an einen sicheren Ort schicken.«
»Und der wäre?«
»Keine Ahnung. Das werd ich noch sehen.«
»Aber wenn das Baby im …« Jane zählte im Geist die Monate ab. »… im März zur Welt kommen soll, bedeutet das doch, dass Sophia während der Invasion nicht in Slains ist, oder?«
»Ich weiß es nicht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wie kannst du nur ohne richtigen Plan arbeiten?«
»Das hab ich schon immer so gemacht.«
»Nicht wie diesmal«, widersprach Jane und richtete den Stapel Papier vor ihr gerade aus. »So schnell hast du noch nie was geschrieben.«
»Das muss die schottische Meerluft sein, die mich
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