Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
hin heute Morgen?«
»Ach, nur zum Markt.«
»Gut, dann also zum Markt«, wiederholte der Duke, und Mr. Hall beugte sich zum Fenster hinaus, um den Kutscher über das Ziel zu informieren.
»Ich wusste gar nicht, dass sich die Countess in Edinburgh aufhält«, erklärte der Duke.
»Lady Erroll ist in Slains«, erwiderte Sophia, die nicht mehr an seinen Tanz der Wörter gewöhnt war, unumwunden.
»Aber Sie halten sich doch sicher nicht allein hier auf, oder?«
»Ich bin bei Freunden.« Sie sah ihn mit einem unschuldigen Blick an. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr es mich freut, Sie gesund und wohlbehalten anzutreffen. Wir hatten gehört, Sie seien von den Engländern gefangen genommen worden, und fürchteten schon das Schlimmste.«
»Ihre Sorge rührt mich, meine Liebe, aber es war mir eine Ehre, gefangen genommen zu werden. Hätte ich meine Landsleute doch nur in Ketten begleiten können, um der Sache des Königs zu dienen!«
Sophia wusste von der Countess, dass er sich zum Zeitpunkt des Invasionsversuchs auf seinen Gütern in Lancashire aufgehalten hatte. Die Kunde vom Aufbruch des Königs war ihm so rechtzeitig überbracht worden, dass er sich dem Unternehmen hätte anschließen können, aber er war unter dem fadenscheinigen Vorwand in Lancashire geblieben, er wolle nicht unnötig die Aufmerksamkeit der Engländer erregen. So hatte er das Ergebnis ruhig abwarten und seine Reaktion danach ausrichten können.
Immerhin war er der Festnahme durch die Engländer nicht entgangen, auch wenn er sich mit seiner bekannten Schläue befreit hatte. Durch Verrat?, fragte sich Sophia.
»Haben Sie die anderen Adeligen in London gesehen?«, erkundigte sich Sophia, nachdem er ausführlich von seiner Gefangennahme und seiner Fahrt in die Hauptstadt erzählt hatte. »Wie geht es ihnen?«
»Haben Sie das denn nicht gehört? Man hat sie alle freigelassen. Außer den Angehörigen der Gentry von Stirlingshire natürlich, aber für die konnte ich nun wirklich nichts tun – sie hatten zu den Waffen gegriffen. Allerdings bin ich ziemlich sicher, dass man sie gerecht behandeln wird.«
»Der Duke hat es freundlicherweise auf sich genommen, sich für seine Mitgefangenen einzusetzen«, erklärte Mr. Hall Sophia.
Sophia hörte das mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Argwohn. Natürlich freute es sie, dass der Earl of Erroll und die anderen nun frei waren und bald nach Hause kämen, doch der Duke hatte sich bestimmt nicht uneigennützig für sie ausgesprochen.
Die Kutsche kam holpernd auf dem Kopfsteinpflaster einer belebten Straße zum Stehen. »Der Markt«, verkündete der Duke.
Sophia beugte sich in ihrer Hast, der Enge der Kutsche zu entkommen, so plötzlich vor, dass die Kette unter ihrem Gewand herausglitt und der Silberring kurz im Licht aufglänzte, bevor sie ihn wieder zurücksteckte.
Nicht schnell genug.
Der Duke hatte ihn gesehen, das wusste sie. »Ich muss jetzt ein paar Dinge erledigen«, erklärte er, »schicke Ihnen aber meinen Kutscher, damit er Sie sicher zu … Ihren Freunden … zurückbringt, sobald Sie hier fertig sind.«
Sie bemühte sich, ganz ruhig zu bleiben. »Sehr freundlich, doch da ich verabredet bin, besteht dazu keine Notwendigkeit.«
»Meine liebe Mistress Paterson, ich muss darauf bestehen«, widersprach er. »Mr. Hall wird Sie begleiten und aufpassen, dass Ihnen nichts passiert.«
Sie saß in der Falle, und das wusste er. Seine Augen funkelten aus der Kutsche heraus wie die eines Raubtiers. »Ihr ergebenster Diener, Mistress Paterson«, verabschiedete er sich, bevor er seinem Kutscher Anweisung gab weiterzufahren.
»Nun«, fragte Mr. Hall, »was wollen Sie kaufen?«
Sophia sah sich um. Der Marktplatz wurde von hohen Mietshäusern gesäumt, deren Schatten auf das grobe Kopfsteinpflaster fielen. Auf dem Hügel dahinter erhob sich majestätisch Edinburgh Castle. Auf den ersten Blick konnte Sophia keine Fluchtmöglichkeit erkennen.
Dann entdeckte sie einen kleinen Stand neben einem schmalen Durchgang und zwang sich zu einem Lächeln. »Die Bänder dort drüben würde ich mir gern genauer ansehen.«
»Wie Sie wünschen.«
Sophia hatte ein schlechtes Gewissen, den Geistlichen hinters Licht zu führen, aber es blieb ihr nichts anderes übrig.
Sie musste an Morays Warnung denken: »Er darf nicht erfahren, dass du mir gehörst.«
Zu spät , dachte Sophia, zu spät .
Die Reaktion des Duke auf den Ring ließ darauf schließen, dass er wusste, wem er gehörte. Aber von dem Kind
Weitere Kostenlose Bücher