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Das Schützenhaus

Das Schützenhaus

Titel: Das Schützenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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Man beförderte ihn zum Oberstleutnant und versetzte ihn zu einer Jagdstaffel. Bald irrte ich in einem immer größer werdenden Kreis um Berlin herum, durch Fichtenwälder, die einander zum Verwechseln ähnlich sahen, auf meinem Weg von Fliegerhorst zu Fliegerhorst. Niemand fragte nach mir, niemand erwartete mich. Manchmal fand ich keinen, der als Kameramann auszubilden gewesen wäre. Manchmal ließen sie uns in einer Baracke sitzen, und niemand kümmerte sich um uns. Mehrere Male waren die Baracken oder Nissenhütten abgebrannt, oder der Fliegerhorst war verlegt. Immer öfter schlug ich meinem Fahrer vor, das Schützenhaus anzusteuern.
    Dort lief der Kinobetrieb nur noch lückenhaft. In der Gaststube schenkten sie Dünnbier aus. Jetzt kroch Stefan unter dem Tisch umher. Tante Deli meinte, wenn man ihr gesagt hätte, daß sie eines Tages diese Plürre in Gläser füllen würde, hätte sie lieber eine Hühnerfarm aufgemacht. »Alles ist sinnlos«, murrte sie. »Wir tun so, als ob wir hier einen Betrieb aufrechterhielten. Die Leute kommen und essen Stammgericht. Woraus das besteht, will ich lieber nicht beschreiben. Und dann das Markenkleben.Man kommt sich kriminell vor, wenn man den Leuten ihre Fleischkarten zerschnippelt. Für was? Für das bißchen Schweinebraten, das dann auf ihren Tellern liegt? Wir rühren Soßen aus Bratlingspulver an. Dieses ekelhafte braune Zeug. Wenn wir Kartoffeln bekommen, hängen Keime dran, daß einen ekelt. Und diese Kartoffeln haben wir nur, weil Eichelkraut sie uns besorgt. Ich kann dir nicht sagen, Hansi, was wir Eichelkraut verdanken. Er steckt die Bauern in die Tasche. Das will was heißen, oder? Und sieh dir die Kinder an. Wenn wir nicht den Gasthof hätten, wären sie unterernährt. Trotzdem haben sie Kartoffelbäuche. Daß ich das alles erleben muß. Und euer Vater in diesem Pferdelazarett. Nicht ein einziges Pferd wurde eingeliefert. Dafür sitzt er auf dem Gut, seit vier Jahren. Wo wir ihn hier brauchen würden.«
    »Habt ihr was von Werner gehört?«
    »Kein Wort. Keine Nachricht. Sein Mädel leidet.«
    »Kommt sie manchmal?«
    »Selten.«
    »Und Joachim?«
    Tante Deli lächelte. »Weißt du das Neueste nicht? Joachim ist in den Wehrbereich Berlin versetzt. Er belatschert seine Vorgesetzten, daß er hier ein Soldatenkino einrichten darf.«
    »Im Schützenhaus?« fragte ich erstaunt.
    »Natürlich im Schützenhaus. Wir spielen fast gar nicht mehr für die Zivilbevölkerung. Kaum fängt die Vorstellung an, kommt Fliegeralarm. Dann laufen die Leute in den Splittergraben. Die Wiese sieht aus, als ob die Maulwürfe sie umgebuddelt hätten. Dr. Eckener ist weg, wußtest du das? Wir haben ihn überall gesucht. Der Hund ist weg. Traurig, das alles. Und die Norne kam nieder, aber in dem Krankenhaus mußten sie dauernd in den Keller. Seit der Entbindung pflegt sie Verwundete. Sie haben sie einfach weggeholt. Das Kind ist hier. Wenn wir uns einbilden, wir könnten diesen oder jenen Film spielen, und dann ist der Verleih abgebrannt. Es ist ein Kreuz. Wie soll das enden?«
    »Beschissen«, sagte mein Assistent, ein Luftwaffen-Obergefreiter. »Wenn Sie mich fragen, Frau Pommrehnke, ist es nur eine Frage der Zeit.«
    »So was sollen Sie nicht sagen«, meinte Tante Deli. »Der Amerikaner ist an der Elbe. Wenn der Amerikaner Berlin erobert, ist alles nicht schlimm, oder?«
    »Und wenn nicht?« fragte der Oberschnapser. »Die Russen fangen eine Offensive an, und dann geht alles den Bach runter.«
    »Ach, sagen Sie nicht so was«, murmelte Tante Deli. »Roosevelt wird nicht zulassen, daß Stalin in Berlin einmarschiert.«
    Sie blickte uns an: »Das wäre ja dumm.«

20
    »Man muß alles selber machen.« Joachim war sauer. »Zweitausend Mark für einen Dia-Projektor, bloß damit ihr Kohlen-klau-Bilderchen und den schwarzen Mann von ›Vorsicht, Feind hört mit‹ zeigen könnt? Ihr habt Vierfruchtmarmelade im Hirn.«
    »Was heißt ihr«, muffelte Tante Deli. »Das ist meine Verantwortung. Ich dachte, wir kriegen Reklame von den Geschäften, Butter-Beck, Gebrüder Groh.«
    »Wofür sollen die Reklame machen? Die haben nichts mehr zu verkaufen, hast du das noch nicht gemerkt? Tante Deli, wir haben totalen Krieg. Butter oder Kanonen. Was haben die Berliner, unsere Berliner, im Sportpalast geschrien, als Goebbels sie gefragt hat: Butter oder Kanonen? Dein Dutt geht auf. Kanonen, haben sie geschrien. Für Kanonen braucht man keine Reklame zu machen.«
    »Ich habe es gut gemeint.« Tante Deli ließ

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