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Das Schützenhaus

Das Schützenhaus

Titel: Das Schützenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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Berliner Nummernund Winkel auf den Nummernschildern. Privilegierte, die auf uns herabsahen.
    Jener Wachtmeister, bei dem ich mich gemeldet hatte, wurde abkommandiert. Statt seiner traf Klingbeil von Amiens her ein, inzwischen befördert. »Steh’n Sie bequem«, sagte er, als wir einander trafen. »Alle Knöppe dran?«
    Den Tick hatte er immer noch.
    Klingbeil förderte mich. Er verschaffte mir Urlaub oder setzte mich zu Kurierfahrten nach Berlin ein. Oft besuchte ich das Schützenhaus, verbrachte ein paar Stunden mit Anneli und den Kindern. Die Lichtspiele waren als kriegswichtig erklärt worden, so wurde Anneli zwar dienstverpflichtet, jedoch für unser Kino.
    Aufgrund von Klingbeils Förderung traf ich rechtzeitig zu Isabellas Ferntrauung mit Joachim ein.
    Oft saß ich mit Klingbeil zusammen, wir köpften manche Pulle, sprachen über die alten Kintopp-Zeiten. Ich berichtete ihm von Joachims Ziel, unsere Schützenhaus-Lichtspiele der Kinokunst zu widmen, dereinst, wenn der Schlamassel vorbei sei. Er hörte mir zu, enthielt sich jedoch eines Kommentars. Wahrscheinlich glaubte er nicht an solche Möglichkeiten.
    Einmal berichtete ich, wie ich mir zweimal in meinem Leben eine Karriere als Flieger eingebildet hatte, bis mich die Stillingschen Farbtafeln zum endgültigen Dasein beim Bodenpersonal verurteilt hatten.
    Klingbeil lachte. »Luft hat keine Balken«, sagte er. »Sie sehen, was die Flugschüler an Bruchlandungen zustande bringen. Enormer Gipsverbrauch. Bisher ist von unseren Würstchen noch keiner umgekommen. Doch halte ich es, im Vertrauen, für verwerflich, diese Grünschnäbel an die Front zu schicken. Man verpaßt ihnen zusätzlich fünfzehn oder zwanzig Stunden auf der Me. 109, und dann ran an den Feind. Wie viele werden wiederkommen?«
    »Vielleicht erobern wir unsere Luftüberlegenheit zurück?« fragte ich.
    Klingbeil zog sich mit der linken Hand am rechten Ohrläppchen,eine ihm eigentümliche Geste. »Keine Antwort«, sagte er. »Doch schicke ich Sie bei nächster Gelegenheit nach Karinhall. Sie befragen am besten unseren Reichsmarschall persönlich.«
    Tarnnetze trafen ein, wir spannten sie über die am Platzrand abgestellten Maschinen. Fast täglich wurden feindliche Fernaufklärer im Anflug gemeldet. Sofort holten wir die Maschinen per Funk vom Himmel. Jeglicher Flugverkehr ruhte, bis die feindlichen Maschinen unseren Bereich verlassen hatten.
    Den Fernaufklärern verdankten wir immer mehr Freizeit. Klingbeil meinte, da wir zwei Fachleute seien, könnten wir einen Fliegerhorst-Kintopp einrichten.
    Es blieb bei der Idee, wir waren träge. Spielten Karten. Redeten. Hörten Feindsender, das wurde als Dienstobliegenheit getarnt. »Major Landeklappe« intensivierte in den möglichen Stunden den Flugbetrieb, die Front brauchte Piloten. Er gab persönlich theoretischen Unterricht, Motorenkunde, Wetterkunde. »Wir sind kein Gewächshaus für schnellreifende Tomaten«, war sein Lieblingsspruch.
    Damit geriet er in Konflikt mit seinen vorgesetzten Stellen. Trotzdem drückte »Landeklappe« durch, daß seine Flugschüler jene Bedingungen erfüllten, die zum Erwerb eines Zivilflugscheins nötig gewesen wären: fünfzehn Flugstunden, dabei sechzig Übungsflüge ohne Lehrer. Vier Landungen auf benachbarten Fliegerhorsten. Theoretische Prüfung inklusive Luftrecht, Wetterkunde, Kartenlesen und Orten. Instrumentenkunde. Geschicklichkeitsprüfung, bei der fünf Figuren in Achter-Form geflogen werden mußten, ferner eine Ziellandung verlangt wurde. Dann Höhenflug, eine Stunde in viertausend Meter, mit Ziellandung und Streckenflug mit zwei Zwischenlandungen.
    »Landeklappe« ersparte seinen Flugschülern nichts. In dem Bereich, zu dem »Heidekrug« gehörte, hatten wir die höchste Durchfallquote. Immer wieder brachte ein Fahrer einen seelisch geknickten Jüngling zur Bahnstation, mitsamt Gepäck. Wer durchkam, mußte einen Trudelkursus absolvieren, bevor der Major ihn aus seinen Klauen entließ. »Trudeln rettet Sie möglicherweise«, sagte er, »also trudeln Sie!«
    Eines Tages, als ich im Waffen- und Geräteschuppen Ersatzteile einräumte, die ich aus Berlin geholt hatte, entdeckte ich zwei Kisten mit der Aufschrift »Filmausrüstung«. »Was ist da drin?« fragte ich den diensttuenden Unteroffizier. »Frag nich so dämlich«, sagte der. »Kannste nich lesen?«
    Ich ging zu Klingbeil und berichtete von meinem Fund. »Wenn wirklich Kameras und Filmmaterial in den Kisten lagern, könnte man die Flugschüler beim

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