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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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der Kasse nahm er noch ein Feuerzeug und bezahlte alles. Während er zum Wagen zurücklief, fing es zu regnen an.
»Fahren Sie weiter geradeaus und dann die Erste rechts.«
Seine Erinnerungen wurden präziser. Als Kind war er mit Spielkameraden, anderen Sprösslingen aus gutem Hause, hierher gekommen – wegen des Nervenkitzels, um Hunde zu schikanieren und die Armen anzuglotzen.
Der Boulevard de la Seine endete in einer menschenleeren Gasse, die auf der einen Seite von riesigen Tanks und auf der anderen von leer stehenden Häusern mit vernagelten Fenstern gesäumt war. Alles war noch genau so wie früher.
Als er die schmutzig grauen Klötze der Cités Komarov entdeckte, sagte er zum Fahrer: »Lassen Sie mich hier aussteigen.«
Der Fahrer war zunehmend skeptisch geworden. »Eins sag ich Ihnen«, sagte er. »Glauben Sie ja nicht, dass ich hier auf Sie warte.«
Mark zahlte und versicherte noch einmal, das sei auch gar nicht nötig, schließlich habe er seinen Wagen hier. Der Regen war stärker geworden, dicke, dunkle Tropfen platschten auf den Boden und mischten sich mit dem rötlichen Staub, der unter dem Aufprall emporstieg.
Mark ignorierte die Wohnblocks mit den eingetretenen Türen und bog in die Gasse ein. Gut zehn Minuten ging er so dahin, in der einen Hand Reverdis Briefe, in der anderen den Benzinkanister. Am Ende einer Mauer voller Graffiti und Kontaktanzeigen erwartete ihn der graue Schlamm der Seine.
Den Zugang zum Fluss sperrte ein rot-weiß gestreiftes Gatter ab, auf das jemand mit Filzstift geschrieben hatte: »Lieber Gott, vergib mir meine Sünden …« Sehr passend.
Mark duckte sich unter der Absperrung hindurch und betrat die Böschung. Ein schmaler Treidelpfad führte am Ufer entlang. Gegenüber erstreckte sich das Dickicht der Insel Saint-Martin. Nirgends eine Menschenseele. Die Abgeschiedenheit dieser Gegend mitten in urbaner Besiedlung war wirklich verblüffend: eine Mischung aus Provinz und Industriebrache. Er war im Nirgendwo, und er war am Ziel.
Er stieg zum Fluss hinunter und ging, vorbei an riesigen Pollern, den Saumpfad entlang. An einem der Pflöcke war ein rostiger Kahn festgemacht, auf dem sich Hausbesetzer niedergelassen hatten; ihre Hunde heulten im Regen. Es war der einzige Hinweis auf Leben im Umkreis von einem Kilometer. Mark ging weiter und entdeckte den idealen Platz für seine Zwecke – ein auf hohen Pfählen im Wasser stehendes fensterloses Bauwerk. Er trat unter die Verstrebungen und ging auf einem schmalen eisernen Laufsteg bis zu einem der Pfeiler.
Dort schichtete er auf dem Gitter die Briefe auf, die er bereits gelesen hatte, und tränkte sie mit Benzin. Er steckte einen zum Fidibus gefalteten Umschlag an und warf ihn auf den Stoß, aus dem mit dumpfem Knall eine Stichflamme schoss. Gleich darauf loderte das Feuer hell über dem dunklen Wasser, das unter dem Gitter des Stegs dahinfloss.
Mark betrachtete das Feuer. Schuldgefühle zu verbrennen war eine Konstante in seinem Leben. Den Totenschein von Lady Di. Das Porträt von Khadidscha. Diesmal allerdings zweifelte er, ob die Flammen ausreichten.
Er war im Begriff, die letzten Briefe ins Feuer zu werfen, zögerte aber und riss schließlich einen Umschlag auf, der Ende Juli abgestempelt worden war. Reverdis Handschrift war jetzt zerquält und zittrig.
    … die zwei Silben, die ich erst nicht aussprechen wollte, einfach um dich zu schonen, dröhnen mir jetzt in den Ohren: Verrat.
Mark dachte an die Worte der Psychiaterin von Ipoh: »Sie dürfen ihn nie verraten. Das würde er Ihnen niemals verzeihen.« Ein paar Absätze weiter las er, während ihm der Rauch in den Augen brannte:
    … Du bist davongelaufen, du hast mich im Stich gelassen. In gewisser Weise kann ich es dir nicht verdenken: Welche Zukunft hättest du mit mir gehabt? Ich verstehe auch, dass du die Gelegenheit genutzt hast – vor einem Mann, der hinter Gittern sitzt, kann man leicht fliehen!
Aber eines scheinst du vergessen zu haben: Du besitzt etwas, das mir gehört. Du musst mir mein Geheimnis zurückgeben …Mark knüllte das Blatt zu einer Kugel, die er ins Feuer warf. In einer Anwandlung von Wut schleuderte er die restlichen Briefe hinterher – bis auf zwei. Nass bis auf die Haut starrte er den schwarzen Flocken nach, die in den Fluss davonsegelten. Er hätte sich am liebsten selbst in den träge dahinfließenden Strom gestürzt, der alle Überreste und Spuren mitnahm und fortschwemmte, ins Nirgendwo.
    Zwei Briefe waren ihm geblieben. Er faltete den einen

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