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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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den Kopf im Rhythmus der Musik und sah sich um. Auf der zum Podium erhöhten Tanzfläche zuckten Gestalten, die aussahen wie Schattenrisse – ein echtes balinesisches Theater. Die riesigen Ventilatoren trugen ihren Teil zu der Zauberei bei: Sie zerzausten die Gestalten auf der Bühne, als wären sie nur Papierfiguren. Rechts über ihnen thronte der DJ, der seine Plattenspieler mit dem Ellenbogen zu polieren schien. Sein Motto des Abends waren die Hits der Achtziger, und er beschallte den Raum mit dem Gejohle alter Synthesizer und schriller Stimmen.
    Der Champagner zeitigte allmählich seine Wirkung. Mark betrachtete die Gesichter. Er fand keines, das ihm bekannt war. Natürlich nicht: Renata hatte sich um alles gekümmert und sämtliche Größen der Verlagswelt und Berühmtheiten des Jetsets eingeladen. Aus der Verlagsbranche aber kannte Mark niemanden, und um die VIPs der Gesellschaft kümmerte er sich schon lang nicht mehr.
    Doch auf einmal tauchte ein bekanntes Gesicht auf. Dann noch eines. Und ein drittes. Wie das? Dann dämmerte es ihm: Diese Typen waren Kollegen! – Gerichtsreporter, Boulevardjournalisten, Pressefotografen. Was hatten sie hier verloren? Er entdeckte sogar Verghens, den er ganz bestimmt nicht eingeladen hatte …Er kämpfte sich durchs Getümmel und erspähte Renata Santi in lebhafter Diskussion in der Nähe des Buffets. Er packte sie am Arm und zog sie grob beiseite.
    »Was ist das für eine Scheiße?«, brüllte er gegen den Lärm an. »Sie haben mir eine Buchpräsentation versprochen, eine literarische Veranstaltung. Und jetzt sind sämtliche Aasgeier der Pariser Klatschpresse da. Wir waren uns doch einig, dass keine Verbindung zu Reverdi hergestellt wird!«Renata setzte eine gekränkte Miene auf und befreite sich aus seinem Griff.
»Dafür kann ich doch nichts, was glauben Sie denn! Mag sein, dass der eine oder andere Name gefallen ist …«
»Halten Sie mich für blöd? Mein Buch ist ein Roman! Du lieber Himmel! Reine Erfindung! Es hat nichts, rein gar nichts mit der Realität zu tun!«
Renatas Miene veränderte sich, ihr Mund wellte sich zu einem listigen Lächeln:
»Sie sind ein Miesepeter und Spielverderber«, sagte sie und legte jetzt ihm die Hand auf den Arm. »Schauen Sie mal genauer hin: Gelb vor Neid sind sie alle. Sie, Mark, Sie haben geschafft, was keinem von denen gelungen ist. Sie haben Ihre Erfahrungen in der Praxis in künstlerisches Schaffen verwandelt. Sie hatten genügend Fantasie, um einen Roman zu schreiben. Einen echten!«
Mark schauderte. Er entwand sich den Händen seiner Verlegerin und verschwand wieder in der Menge. Schultern, Ellenbogen, Stoffe streiften ihn. Er dachte an den Dschungel in Thailand. An die Bambusblätter. Den goldenen Honig, der unter der Hitze der Flamme schmolz, ehe das Messer … Er stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt Ausschau nach der Bar.
Er brauchte dringendst was zu trinken.
    Khadidscha boxte sich noch immer durchs Gewühl.
    Sie kannte viele hier, wenigstens vom Sehen. Sie entdeckte die Stars des Augenblicks, die Gesichter, die man in Gala und Voici zu sehen bekam. Sie stellte sich diesem rhythmischen Defilee der Blicke, die sie wie elektrostatische Funken berührten und die sie sofort, auf derselben Flugbahn, zurückwarf.
    Auch Vertreter intellektueller Kreise waren hier, Philosophen, Soziologen, Schriftsteller, denen persönlich zu begegnen sie niemals zu hoffen gewagt hätte. Jetzt lächelten sie ihr mit erhobenem Glas zu. Kleine Lektion fürs Leben: Ein Model lernt leichter berühmte Männer kennen als eine Frau Doktor. Diese Erkenntnis bestätigte sie in ihrer Angriffsstrategie. Sie musste ihr Aussehen als Waffe einsetzen – die Fackel, die sie alle in Brand setzte, würde ihr Körper sein …Ein Hüne stellte sich ihr in den Weg und blendete für einen Moment die Lichter aus.
»Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?«, brüllte Vincent.
»Ich such dich schon seit zehn Minuten.«
Er hielt in jeder Hand ein Glas Champagner. Khadidscha schrie ihm ins Ohr:
»Ich hab mich umgeschaut. Super, oder?«
»Absolut.« Er reichte ihr ein Glas. »Stoßen wir an.«
Sie trank nie Alkohol, nicht wegen des Islams, den sie nicht praktizierte, sondern wegen ihrer Eltern, die dem Alkohol im Übermaß zugesprochen hatten. Sie schüttelte den Kopf. Aber dann fiel ihr Mark wieder ein, und bei dem Gedanken daran, wie sie ihm gegenüberträte, griff sie nach dem Glas und leerte es in einem Zug.
»Tanzen wir?«Der dritte Whisky.
    Das Glas in der Hand,

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