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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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von Irrsinn, vor allem in den gewalttätigen Abschnitten, fand er, hatte er sich selbst übertroffen. Würde er am Ende noch wie Reverdi schreiben? Oder wie Elisabeth, die durch ihren Meister zur Visionärin geworden war?
Er machte sich an die Überarbeitung. Von den unerträglich heißen Hundstagen nahm er nichts wahr. Wie aus weiter Ferne hörte er von Tausenden von Toten, die der Hitzewelle zum Opfer gefallen waren. In der Zeitung sah er Bilder von Leichen in den Kühlhäusern von Rungis. Es war ihm gleichgültig. Er war ganz und gar in seiner Arbeit gefangen. Er schrieb, schwitzte, magerte ab – und ging mit Haut und Haaren in seinem Roman auf.
Anfang September war er fertig. Es war ein VierhundertSeiten-Schinken geworden, den er Renata Santi persönlich überreichen wollte. Er fühlte sich leicht – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn: Er hatte sieben Kilo abgenommen – und trotz seiner sonnengebräunten Haut ausgezehrt, blutleer.
Die Hitze hatte ein wenig nachgelassen, war in der schmutzigen Luft der Stadt aber nach wie vor sehr präsent, wie das heiße Hecheln eines Tiers.
Als das Taxi aus den engen Gassen rund um die Place SaintGeorges in den Boulevard Haussmann einbog, empfing ihn wieder Khadidschas Gesicht an den Hausmauern.
Es war die längste Kampagne in der Geschichte der Werbung.
KAPITEL 70
    »Fabelhaft! Ganz große Klasse!«Renata Santi hatte das Manuskript in nur zwei Tagen verschlungen. Sie warf den Kopf in den Nacken und schüttelte mit theatralischer Geste ihre langen Locken – wie eine Parodie Ludwigs XIV.
    »Dieser Mörder mit seiner Besessenheit von schwarzem Blut, also wirklich … Wie kommen Sie bloß auf solche Einfälle?«
Mark zuckte bescheiden die Achseln.
»Ihre Fantasie ist … ungeheuerlich. Ohne Ihnen schmeicheln zu wollen: Das ist einer der besten Thriller, die ich je gelesen habe. Das wird ein Bestseller, mein Lieber, glauben Sie mir. Wenn ich an die armseligen Berichte denke, die wir zusammen gemacht haben … Egal, die verlorene Zeit machen wir wett!«
Marks Stimmung war im Keller. Allen Komplimenten zum Trotz beherrschten ihn dumpfe Trauer und Leere, seitdem er seinen Roman beendet hatte.
»Wir müssen uns jetzt beeilen«, fuhr Renata fort. »Das wird ein echter Knüller. Zu lektorieren gibt es nicht viel, wir könnten das Buch im Oktober herausbringen. Was halten Sie davon?«
Mark gab keine Antwort: Die Angst schnürte ihm die Kehle zu.
»Der Bücherherbst verspricht dieses Jahr ziemlich dröge zu werden. Aber wir werden ihn aufmischen – wir schaffen ein literarisches Event!« Ihr Arm fuhr mit einer ausladenden Geste durch den Raum, als bezeichnete sie einen strahlenden Horizont. »Zuerst die Werbekampagne. Anzeigen. Teaser im Rundfunk – Sie wissen ja, was das ist?«
Mark nickte. Renatas Stimme war rau, wie außer Atem.
»Mir schwebt da schon etwas vor … Etwas mit der Farbe des Blutes. Das wird schön unheimlich, das verspreche ich Ihnen!«
Mark sagte noch immer nichts.
In vertraulichem Ton fügte Renata hinzu: »Mit ein bisschen Glück passt sogar das Timing …«
»Inwiefern?«
»Na ja, Sie wissen schon … Reverdis Prozess.«
Mark erstarrte: »Ich dachte, da wären wir uns einig. Eine Parallele zum Fall Reverdi zu ziehen kommt nicht infrage – ist das klar?!«
Renata hob beide Handflächen. »Selbstverständlich. Trotzdem werden die Journalisten den Zusammenhang herstellen. Wahrscheinlich ist das die erste Frage, die sie Ihnen stellen werden.«
»Dann gebe ich keine Interviews.«
»Ich verstehe wirklich nicht, wovor Sie sich fürchten. Oder was für Skrupel Sie haben. Erstens sitzt die Bestie hinter Gittern. Und zweitens ist Ihr Roman doch reine Fiktion. Am Anfang könnte man wohl an Reverdi denken, das stimmt schon. Aber was Sie dann draus machen, ist derart … spezifisch! Jeder wird darin die Macht Ihrer Fantasie erkennen.«
Marks Kehle war ausgedörrt. Würde er den Mumm haben, die Lüge durchzuhalten? Die fremden Federn, mit denen er sich geschmückt hatte, selbstbewusst zur Schau zu tragen?
»An die Arbeit«, schloss Renata und schlug mit der flachen Hand auf das Manuskript. »Da, wo Sie meiner Meinung nach noch mal drübergehen sollten, habe ich Post-its hingeklebt. Alles nur Kleinigkeiten. Währenddessen machen wir uns an den Umschlag. In zwei Wochen geht es in den Satz!«
Mark saß wie gelähmt auf seinem Stuhl. Bei der neuerlichen Erwähnung von Jacques Reverdi hatte sich in seinem Bauch ein klaffendes Loch aufgetan, und eine Erinnerung aus ferner

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