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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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Danach ging ich so oft wie möglich zu ihm.
    Ich weiß nicht, ob Mr Jellico überhaupt etwas verdiente. In seinen Laden verirrte sich kaum je ein Kunde, das Schaufenster war schmutzig und nie gab es viel darin zu sehen. Einmal lag ein Laib Brot auf dem Regal.
    »Ein junges Mädchen«, sagte Mr Jellico, als ich ihn danach fragte. »Hat das Brot gegen einen Topf getauscht, damit sie Schinken darin auskochen kann. Morgen wird sie den Topf zurückbringen und ihr Brot dafür wieder mitnehmen – vielleicht ein bisschen härter, aber im Wasser lässt es sich wohl wieder aufweichen.«
    Was für eine merkwürdige Abmachung zwischen Pfandleiher und Kunde!
    Ich weiß nicht, warum Mr Jellico so freundlich zu mir war, warum er – bei den Heerscharen anderer Jungen, die durch die gefährlichen Straßen zogen – ausgerechnet mir sein Mitgefühl schenkte. Was immer der Grund war, ich hatte nichts dagegen. Ich erzählte ihm von Ma und Pa, wie sie mich behandelten, wie wenig ich ihnen bedeutete.
    Manchmal, wenn es zu kalt war, um sich draußen aufzuhalten, und ich Angst vor dem Nach-Hause-Kommen hatte, durfte ich mich an seinem Feuer aufwärmen und er gab mir Tee und Brot. Er brachte mir das Alphabet und die Zahlen bei und ließ mich auf den Rückseiten alter Fahrkarten das Schreiben üben. Er zeigte mir Bücher, und ich musste Seite um Seite daraus abschreiben, bis er mit meiner Handschrift zufrieden war. Man hat mir gesagt, meine Ausdrucksweise sei ein wenig steif und formell. Aber das liegt an den Texten, nach denen ich gelernt habe. Es ging darin immer um ernste Dinge, um Kriege, um Ereignisse aus der Geschichte und um die Schriften großer Denker. Da war für Humor wenig Platz.
    Als Gegenleistung für seinen Unterricht erledigte ich mancherlei für Mr Jellico. Am Anfang schrieb ich die Preisschilder für das Schaufenster, und als meine Schrift allmählich besser wurde, ließ er mich die verpfändeten Sachen samt den Beträgen in sein Geschäftsbuch eintragen. Von Zeit zu Zeit ging die Tür auf und es kam ein Kunde. Mr Jellico unterhielt sich gern und verwickelte die Leute eine ganze Weile in Gespräche, bevor er ihre Sachen annahm und bezahlte.
    So verbrachte ich viele Stunden hinten im Laden, ohne dass Ma und Pa davon wussten. Ich sah keinen Grund, ihnen von Mr Jellico zu erzählen; sie hätten nur verlangt, dass ich etwas von ihm stehlen solle. Die Gelegenheit dazu bot sich mir oft genug, aber wenn ich auch nicht zögerte, meine Eltern um ein paar Shilling zu betrügen – bei Mr Jellico konnte ich das nicht.
    Ich wäre am liebsten jeden Tag zu ihm gegangen, aber er war nicht immer da. Das erste Mal, als ich den Laden verschlossen fand, dachte ich, er hätte seinen Job aufgegeben und sei weggegangen. Es überraschte mich, dass er sich nicht verabschiedet hatte, auch wenn ich nach all meinen Erfahrungen kein anderes Verhalten von Menschen erwartete. Dann, nach ein paar Tagen, war er wieder da. Er sagte nicht, wo er gewesen war, und ich fragte nicht. Ich war einfach nur froh, ihn wiederzusehen.
    Diese Zeit der Besuche bei Mr Jellico dauerte ungefähr fünf Monate, nämlich bis zu der Nacht, als ich aus der Stadt floh. Als ich dann zum ersten Mal bei Joe Zabbidou neben dem Kamin lag, bedauerte ich nur eines: dass ich weggegangen war, ohne Lembart Jellico Lebwohl gesagt zu haben. Ich würde ihn wohl kaum je wiedersehen.
    Deshalb freute ich mich, als Joe erzählte, er sei Pfandleiher. Er schien zwar anders als Mr Jellico, und mir war auch klar, dass Pagus Parvus etwas anderes war als die Stadt, aber ich fühlte mich sicher. Ich glaubte zu wissen, was mich erwartete. Was allerdings ein Geheimnis-Pfandleiher war, wusste ich damals noch nicht.

Kapitel 6

    Eine große Eröffnung
    P agus Parvus unterschied sich tatsächlich sehr von der Stadt. Es war ein kleines, sich eng an den Hang eines steilen Berges klammerndes Dorf, und es lag in einem Land, das seinen Namen wieder und wieder geändert hatte. Für die meisten Menschen ist diese Zeit nur noch ferne Vergangenheit. Der Ort bestand aus einer Hauptstraße mit Kopfsteinpflaster, zu beiden Seiten gesäumt von Wohnhäusern und Läden, die in einem Stil erbaut waren, wie er zur Zeit des großen Feuers in der berühmten Stadt London verbreitet war. Die ersten und zweiten Stockwerke (und beim Haus des wohlhabenden Jeremiah Ratchet auch das dritte und vierte) ragten ein Stück über den Bürgersteig. In manchen Fällen schränkten die überhängenden Stockwerke sogar das Sonnenlicht ein.

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