Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
Morgen vor seinem Verschwinden mit euch zusammen. Hat der Fisherman
ihn verschleppt? Ich sag’s nicht gern, aber ich glaube, dass er’s getan hat. Vielleicht können wir Tyler zurückbekommen, vielleicht auch nicht, aber ich werde dem Fisherman das Handwerk legen. Dazu müsst ihr mir ganz genau erzählen, was passiert ist. Dabei müsst ihr vollkommen ehrlich sein, wenn ihr nämlich lügt oder etwas verschweigt, macht ihr euch der Verdunkelung schuldig. Solche Behinderung der Justiz ist ein schweres Verbrechen. Officer Dulac, welche Mindeststrafe steht in Wisconsin auf Behinderung der Justiz?«
»Fünf Jahre, da bin ich mir ziemlich sicher«, sagt Bobby Dulac.
Ebbie Wexler beißt sich auf die Unterlippe; Ronnie Metzger starrt mit gerunzelter Stirn die Tischplatte an; T. J. Renniker betrachtet ausdruckslos das schmale Fenster.
Jack setzt sich neben Bobby Dulac. »Übrigens bin ich der Typ in dem Pickup gewesen, dem einer von euch heute Morgen den Stinkefinger gezeigt hat. Ich kann nicht sagen, dass ich begeistert bin, euch wiederzusehen.«
Zwei Köpfe wenden sich Ebbie zu, der angestrengt die Augen zusammenkneift, während er versucht, dieses brandneue Problem zu lösen. »Hab ich nicht getan«, sagt er, nachdem er sich für glattes Leugnen entschieden hat. »Vielleicht hat’s so ausgesehen, aber ich hab’s nicht getan.«
»Du lügst, und wir haben noch nicht mal angefangen, über Tyler Marshall zu reden. Ich gebe dir noch eine Chance. Sag mir die Wahrheit.«
Ebbie grinst hämisch. »Ich laufe nicht rum und zeig Leuten, die ich nicht kenne, den Stinkefinger.«
»Steh auf!«, sagt Jack.
Ebbie sieht nach links und rechts, aber seine Freunde sind außerstande, seinen Blick zu erwidern. Er schiebt seinen Stuhl zurück und steht zögernd auf.
»Officer Dulac«, sagt Jack, »führen Sie diesen Jungen ab und bewachen Sie ihn draußen.«
Bobby Dulac spielt seine Rolle vollendet. Er windet sich von seinem Stuhl hoch und behält Ebbie scharf im Auge, während er auf ihn zugleitet. Er erinnert an einen Panther auf dem Weg zu einem üppigen Mahl. Ebbie Wexler weicht zurück und versucht,
Bobby mit erhobener Hand von sich fernzuhalten. »Nein, nicht … Ich nehm’s zurück … Ich hab’s getan, okay?«
»Zu spät«, sagt Jack. Er beobachtet, wie Bobby den Jungen am Ellbogen packt und zur Tür schleppt. Ebbie stemmt sich schwitzend und mit gerötetem Gesicht dagegen, sodass der auf seinen Arm ausgeübte Druck ihn nach vorn über seinen Wanst abknicken lässt. Er stolpert japsend und unter Tränen weiter. Bobby Dulac öffnet die Tür und schleift ihn auf den düsteren Gang im ersten Stock hinaus. Die ins Schloss fallende Tür schneidet Ebbies ängstliches Jammern ab.
Die beiden zurückgebliebenen Jungen sind blass wie Magermilch geworden und scheinen zu keiner Bewegung imstande zu sein. »Macht euch seinetwegen keine Sorgen«, sagt Jack. »Ihm passiert weiter nichts. In fünfzehn, zwanzig Minuten dürft ihr nach Hause fahren. Ich hatte bloß keine Lust, mit jemandem zu reden, der von Anfang an lügt, das ist alles. Denkt daran: Sogar lausige Cops merken, wenn man sie belügt, und ich bin ein erstklassiger Cop. Ich will euch verraten, was wir jetzt machen. Wir reden darüber, was heute Morgen passiert ist, was Tyler gemacht hat, wie ihr euch von ihm getrennt habt, wo ihr wart, was ihr anschließend getan habt, ob ihr vielleicht irgendwas gesehen habt, solches Zeug.« Er lehnt sich zurück und legt die Hände flach auf den Tisch. »Also los, erzählt mir, was passiert ist.«
Ronnie und T. J. wechseln einen Blick. T. J. steckt den rechten Zeigefinger in den Mund und beginnt auf dem Fingernagel herumzukauen. »Ebbie war’s, der Ihnen den Finger gezeigt hat«, sagt Ronnie.
»Ohne Scheiß? Ich meine, was ist danach passiert.«
»Äh, Ty hat gesagt, dass er irgendwohin muss.«
»Er musste irgendwohin«, bestätigt T. J.
»Wo wart ihr da gerade?«
»Äh … vor dem Allsorts Pomorium.«
»Emporium«, sagt T. J. »Es heißt nicht Pomorium, Blödmann, sondern Em-po-ri-um.«
»Und?«
»Und Ty hat gesagt …« Ronnie sieht kurz zu T. J. hinüber. »Ty hat gesagt, dass er irgendwohin muss.«
»Wohin ist er gefahren, nach Osten oder Westen?«
Die Jungen behandeln diese Frage, als wäre sie in einer Fremdsprache gestellt worden, indem sie stumm darüber nachrätseln.
»In Richtung Fluss oder vom Fluss weg?«
Sie sehen sich wieder an. Die Frage ist in verständlichem Englisch gestellt worden, kann aber nicht
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