Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
(oder sie nicht versteht), wenn sie ihn anspricht, aber sie weiß sicher, dass er manchmal nur vorgibt , nichts zu verstehen. Sie hat den Verdacht, dass er sich auch diesmal wieder verstellt.
»Charlie, wie kommen Sie dazu, Elmers Bienenpantoffeln zu tragen? Sie wissen doch, dass die ein Geschenk von seiner Urenkelin sind.«
Der Alte – Burny für uns, Charlie für Vera – schlurft einfach in die Richtung weiter, die ihn letztlich zu D18 zurückführen wird. Immer unter der Voraussetzung, dass er auf Kurs bleibt.
»Charlie, halt!«
Charlie macht Halt. Er steht auf einmal wie eine Maschine, die abgeschaltet worden ist, am Ende des Korridors. Sein Unterkiefer hängt herab. Der Sabberfaden reißt, und plötzlich ist auf dem Linoleum neben diesen absurden, aber lustigen Pantoffeln ein kleiner nasser Fleck zu sehen.
Vera steht auf, geht auf ihn zu, kniet sich vor ihn auf den Boden. Wüsste sie, was wir wissen, wäre sie vermutlich weit weniger bereit, ihren schutzlosen weißen Hals in Reichweite dieser herabhängenden Hände zu bringen, die zwar von Arthritis verkrümmt, aber noch immer kräftig sind. Aber sie weiß es natürlich nicht.
Sie packt den linken Bienenpantoffel. »Hoch«, sagt sie.
Charles Burnside hebt den rechten Fuß.
»Mensch, seien Sie doch nicht so ein Strohkopf!«, sagt sie. »Den anderen.«
Burny hebt den besagten Fuß eben so weit, dass sie ihm den Pantoffel abziehen kann.
» Jetzt den rechten.«
Ohne dass Vera, die ja den Blick auf seine Füße gerichtet hat, es merkt, holt Burny sein Glied aus dem Schlitz seiner weiten Schlafanzughose und tut so, als würde er auf Veras gebeugten Kopf pissen. Sein Grinsen wird breiter. Gleichzeitig hebt er den rechten Fuß, damit sie den anderen Pantoffel abziehen kann. Als sie wieder aufsieht, ist Burnys schrumpliges altes Organ wieder dort, wo es hingehört. Er hat überlegt, ob er sie taufen soll, das hat er wirklich, aber er hat für einen Abend fast genug angestellt. Nur noch eine kleine Verrichtung, dann kann er ins träumerische Traumland entschwinden. Er ist ein schon altes Ungeheuer. Er braucht seinen Schlaf.
»Also gut«, sagt Vera. »Wollen Sie mir nicht verraten, warum der eine schmutziger als der andere ist?« Keine Antwort. Sie hat eigentlich auch keine erwartet. »Okay, Bester. Sie gehen jetzt auf Ihr Zimmer oder in den Gemeinschaftsraum, wenn Sie wollen. Heute Abend gibt’s Popcorn aus der Mikrowelle und Götterspeise, glaub ich. Im Fernsehen läuft Meine Lieder, meine Träume . Ich sorge dafür, dass die Pantoffeln an ihren Platz zurückkommen, und dass Sie die genommen haben, bleibt unser kleines Geheimnis. Nehmen Sie die allerdings noch mal weg, muss ich Sie melden. Capisce? «
Burny steht einfach da, ziemlich ausdruckslos … aber mit diesem hässlichen kleinen Grinsen, das seine faltigen alten Backen anhebt. Und mit diesem Glanz in den Augen. Er versteht sehr gut, das ist klar.
»Los jetzt«, sagt Vera. »Und ich will bloß hoffen, dass Sie dort drinnen nicht auf den Boden gekackt haben, Sie altes Stinktier.«
Sie erwartet wieder keine Antwort, aber diesmal bekommt sie eine. Burny spricht mit leiser, aber tadellos verständlicher Stimme. »Pass auf, was du sagst, du fette Schlampe, sonst reiß ich dir die Zunge raus.«
Sie fährt zurück, als hätte er sie geohrfeigt. Burny steht weiter mit herabhängenden Händen und diesem kleinen Grinsen auf dem Gesicht da.
»Verschwinden Sie!«, sagt sie. »Oder ich melde Sie wirklich .« Als ob das viel nützen würde. Charlie gehört zu Maxtons besten Einnahmequellen, das weiß Vera genau.
Charlie nimmt seine langsame Fortbewegung wieder auf (Pete Wexler hat diese spezielle Gangart »Old Fucks’ Shuffle« getauft), jetzt jedoch barfuss. Dann dreht er sich um. Die trüben Lampen seiner Augen starren Vera an. »Das Wort, das Sie suchen, ist Hauskatze . Garfield ist eine Hauskatze . Kapiert? Blöde Kuh.«
Mit diesen Worten entfernt er sich langsam den Korridor entlang. Vera steht wie gelähmt da und sieht ihm nach, ohne zu merken, dass jetzt ihre Kinnlade herabhängt. Das Kreuzworträtsel hatte sie völlig vergessen.
In seinem Zimmer streckt Burny sich auf dem Bett aus und schiebt beide Hände unters Kreuz. Von dort abwärts tut ihm alles beschissen weh. Später wird er nach der fetten alten Schlampe klingeln und sich von ihr ein Rheumamittel bringen lassen. Aber vorerst muss er hellwach bleiben. Er hat noch einen kleinen Trick auszuführen.
»Hab dich gefunden, Potter«,
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