Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
beginnt, hat er versprochen, sich eine großartige Neuentdeckung der Wisconsin Rat anzuhören, den Song »Gimme Back My Dog« von Slobberbone.
»Ungefähr alle fünf Jahre kommt ein großartiger Rock-and-Roll-Song aus dem Nichts getanzt«, hat Henry ihm am Telefon erzählt, und Jack glaubte, an den Rändern der Stimme seines Freundes die Ratte kreischen zu hören, die dort draußen am Rand der Dunkelheit Amphetamine einwirft. »Und das ist ein wirklich großartiger Rock-and-Roll-Song.«
»Wenn du meinst«, hat Jack zweifelnd geantwortet. Was er sich unter einem großartigen Rock-and-Roll-Song vorstellte, war »Runaround Sue« von Dion.
Im Haus Robin Hood Lane Nr. 16 (diesem entzückenden, scheinbar unmittelbar aus Neuengland importierten Häuschen) liegt Fred Marshall auf allen vieren, trägt grüne Gummihandschuhe und scheuert den Fußboden. Tylers Baseballmütze sitzt noch immer lose auf seinem Kopf, und er weint.
Draußen im Holiday Trailer Park träufelt die Rabenkrähe Gorg weiter Gift in die Vorhöfe von Tansy Freneaus Ohren.
In dem soliden Ziegelhaus in der Herman Street, in dem er mit der schönen Sarah und dem ebenso schönen David lebt, macht Dale Gilbertson, dessen Beweglichkeit durch zwei Portionen Hühnerpastete und Brotauflauf leicht eingeschränkt ist, sich gerade bereit, wieder in den Dienst zu fahren. Als das Telefon klingelt, ist er nicht schrecklich überrascht. Schließlich hat er ja dieses Gefühl gehabt. Die Anruferin ist Debbi Anderson, und er weiß gleich beim ersten Wort, dass etwas passiert sein muss.
Er hört zu, nickt zwischendurch und stellt gelegentlich eine Frage. Seine Frau steht an der Tür zur Küche und beobachtet ihn mit sorgenvollem Blick. Dale beugt sich nach vorn und kritzelt etwas auf den Notizblock neben dem Telefon. Sarah kommt herüber und liest zwei Namen: Andy Railsback und M. Fine.
»Haben Sie Railsback noch am Apparat?«, fragt Dale.
»Ja, er wartet noch …«
»Verbinden Sie mich mit ihm.«
»Dale, ich weiß nicht, ob ich das mit den Knöpfen hier kann.« Debbis Stimme klingt uncharakteristisch verstört. Dale schließt kurz die Augen und erinnert sich daran, das dies ja nicht ihr eigentlicher Job ist.
»Ernie ist noch nicht da?«
»Nein.«
»Wer ist sonst noch da?«
»Bobby Dulac … Dit ist unter der Dusche, glaub ich …«
»Geben Sie mir Bobby«, sagt Dale und ist dann erleichtert, dass Bobby es schafft, ihn rasch und schmerzlos mit Andy Railsback in Morty Fines Büro zu verbinden. Die beiden Männer sind oben in Zimmer 214 gewesen, und ein Blick auf die auf dem Boden von George Potters Kleiderschrank verstreuten Polaroidbilder hat Morty gereicht. Er ist jetzt ebenso blass wie Andy. Vielleicht sogar blasser.
Draußen begegnen Ernie Therriault und Reginald »Doc« Amberson sich auf dem Parkplatz hinter der Polizeistation. Doc ist gerade auf seiner alten (aber makellos gepflegten) Harley Fat Boy angekommen. Die beiden begrüßen sich freundschaftlich, während sie im Nebel stehen. Ernie Therriault ist ein weiterer Cop – gewissermaßen -, aber keine Panik: Er ist der Letzte, den wir kennen lernen müssen (na ja, irgendwo läuft natürlich noch ein FBI-Agent herum, aber der braucht uns jetzt nicht zu kümmern; er ist in Madison und ein Trottel dazu).
Ernie ist ein schlanker Fünfundsechziger, seit fast zwölf Jahren pensioniert und noch immer ein viermal besserer Cop, als Arnold Hrabowski jemals einer sein wird. Er bessert seine Pension dadurch auf, dass er den Nachtdienst in der Einsatzzentrale tut (er schläft heutzutage nicht mehr besonders gut, weil er Probleme mit der Prostata hat) und freitags in der First Bank of Wisconsin privat den Sicherheitsdienst übernimmt, wenn um 14 Uhr der Geldtransporter von Wells Fargo und um 16 Uhr der von Brinks kommt.
Doc sieht mit seinem grau melierten schwarzen Vollbart (in den er manchmal nach Art des Piraten Edward Teach bunte
Bänder flicht) Zoll für Zoll wie ein Hell’s Angel aus und ist von Beruf Bierbrauer, aber die beiden Männer kommen sehr gut miteinander aus. Vor allem deshalb, weil sie die Intelligenz des jeweils anderen anerkennen. Ernie weiß nicht, ob Doc wirklich ein Arzt ist , aber er könnte einer sein. Vielleicht ist er mal einer gewesen.
»Gibt’s was Neues?«, fragt Doc.
»Nicht dass ich wüsste, mein Freund«, sagt Ernie. Jeden Abend kommt abwechselnd einer der Thunder Five vorbei, um nach dem Stand der Ermittlungen zu fragen. Heute Abend ist Doc an der Reihe.
»Was dagegen, wenn ich
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