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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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Wahrscheinlich sogar bestimmt, Henry ist nämlich eine zu gute Informationsquelle, um sie ungenutzt zu lassen. Aber er soll sich erst wieder ein bisschen erholen.
    »Du hast das Tonband, ja?«
    Henry zieht die Kassette mit dem Anruf des Fishermans halb aus der Hemdtasche, dann schiebt er sie wieder hinein. »Ja, Mutter. Aber ich glaube nicht, dass ich mir heute Abend die Stimme eines Kindermörders anhören kann, Jack. Nicht einmal, wenn du mit reinkommst und sie dir mit mir anhörst.«
    »Morgen ist rechtzeitig genug«, sagt Jack, der nur hoffen kann, dass er dadurch kein weiteres Kind aus French Landing zum Tode verurteilt.
    »Wovon du aber nicht ganz überzeugt bist.«
    »Stimmt«, sagt Jack, »aber würdest du dir die Aufnahme jetzt mit tauben Ohren anhören, entstünde mehr Schaden als Nutzen. Das weiß ich bestimmt.«
    »Gleich morgen Früh als Erstes. Das verspreche ich dir.« Vor ihnen taucht jetzt Henrys Haus auf. Mit der einzelnen über dem Garagentor brennenden Lampe sieht es einsam aus, aber Henry braucht natürlich kein Licht, um sich in seinem Haus zurechtzufinden.
    »Henry, kommst du allein klar?«
    »Ja«, sagt Henry, aber Jack hat das Gefühl, dass sich sein Freund seiner Sache nicht ganz sicher ist.
    »Heute Abend keine Wisconsin Rat mehr«, fordert Jack ihn nachdrücklich auf.
    »Nein.«
    »Auch nicht the Shake, the Shook, the Sheik.«
    Henry verzieht die Lippen zu einem schwachen Lächeln. »Nicht einmal George Rathbun mit einem Werbespot für French Landing Chevrolet, wo der Kunde König ist und man bei Bankfinanzierung in den ersten sechs Monaten keinen Cent Zinsen zahlt. Geradewegs ins Bett.«
    »Ich auch«, sagt Jack.

    Aber eine Stunde nachdem Jack zu Bett gegangen ist und die Nachttischlampe ausgeknipst hat, kann er noch immer nicht schlafen. Gesichter und Stimmen kreisen in seinem Kopf wie verrückte Uhrzeiger. Oder wie ein Karussell auf einem menschenleeren Rummelplatz.
    Tansy Freneau: Bring das Monster raus, das mein hübsches Baby umgebracht hat.
    Beezer St. Pierre: Wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, nicht wahr?
    George Potter : Dieser Scheiß nistet sich ein und wartet. Meine Theorie ist, dass er nie ganz verschwindet, nicht richtig.
    Speedy, eine Stimme aus ferner Vergangenheit aus einem Handy, das noch so etwas wie eine Science-Fiction-Erfindung war, als Jack ihn kennen lernte: Halli-hallo, Travellin’ Jack … Und unter uns Schutzleuten, Sohn, möchte ich dir raten, Chief Gilbertsons Privattoilette aufzusuchen. Gleich jetzt.
    Unter uns Schutzleuten, richtig.
    Und vor allem, immer und immer wieder Judy Marshall: Man sagt nicht einfach, ich habe mich verirrt und weiß nicht, wie ich zurückfinden soll – man geht in dieselbe Richtung weiter …
    Ja, aber wohin geht man weiter? Wohin?
    Zuletzt steht er auf und geht mit seinem Kopfkissen unter dem Arm auf die Veranda hinaus. Die Nacht ist warm; im Norway Valley, wo der Nebel von Anfang an nicht sehr dicht war, hat er sich jetzt bei leichtem Ostwind ganz aufgelöst. Jack zögert, dann geht er nur mit Unterwäsche bekleidet die Stufen hinunter. Auf der Veranda kann er unmöglich bleiben. Hier hat er den teuflischen Karton mit den aus Zuckerpackungen ausgeschnittenen »Briefmarken« gefunden.
    Er geht an seinem Pickup vorbei, an dem Vogelhotel vorbei und weiter aufs Nordfeld. Über ihm leuchten eine Milliarde Sterne. Grillen zirpen leise im Gras. Seine flüchtige Fährte durch Rispen- und Timotheusgras ist verschwunden, oder vielleicht betritt er die Wiesenfläche jetzt an einer anderen Stelle.
    Nach ein paar Schritten streckt er sich auf dem Rücken liegend aus, schiebt sich das Kissen unter den Kopf und sieht zu den Sternen auf. Nur für kurze Zeit, denkt er. Nur bis all diese
Geisterstimmen aus meinem Kopf verschwunden sind. Nur für kurze Zeit.
    Während er das denkt, beginnt er zu dösen.
    Während er das denkt, geht er hinüber.
    Über ihm verändert sich der Sternenhimmel. Er sieht , wie die neuen Konstellationen sich bilden. Wie heißt dieses Sternbild, wo eben noch der Große Wagen war? Ist es das Heilige Opopanax? Schon möglich. Er hört ein leises, angenehmes Knarren und weiß, dass das die Windmühle ist, die er gesehen hat, als er erst heute Morgen – vor einem Jahrtausend – geflippt ist. Er muss so wenig zu ihr hinübersehen, um sich zu vergewissern, wie er sich nach seinem Haus umzusehen braucht, um festzustellen, dass es sich wieder in eine Scheune verwandelt hat.
    Knarr … knarr … knarr: riesige

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