Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
halte also, und Little Nancy springt ab und kotzt an den Wegrand. Sie hält sich den Kopf mit beiden Händen und kotzt noch mal. Mir kommt’s vor, als wären meine Beine zu Gummi geworden, als würde etwas Bleischweres auf meiner Brust lasten. Im Wald tobt weiter dieses Ding , was immer es ist, und es kommt näher. Ich sehe noch mal nach vorn, wo der Weg endet, und dieses hässliche verdammte Haus erstreckt sich rückwärts in den Wald, als würde es unter die Bäume kriechen, obwohl es still steht. Je länger man es ansieht, umso größer scheint es zu werden! Dann
sehe ich die glitzernden Lichter, von denen es umgeben ist, und sie wirken gefährlich – bleib weg, fordern sie mich auf, verschwinde von hier, Mouse. An der Veranda lehnt ein weiteres Verbotsschild, und dieses Schild, Mann … dieses Schild scheint zu blinken, als wollte es sagen: DIESMAL MEINE ICH’S ERNST. KUMPEL.
Mir droht der Kopf zu platzen, aber ich hieve Little Nancy hinter mich aufs Bike, und sie sackt gegen mich, reiner Ballast, nur dass sie sich an mich klammert, und ich trete die Maschine an, wende auf der Stelle und haue ab. Als wir bei mir zu Hause sind, geht sie sofort ins Bett und bleibt drei Tage drin. Mir persönlich ist’s so vorgekommen, als könnte ich mich kaum daran erinnern, was wir erlebt haben. Die ganze Sache ist irgendwie dunkel geworden. In meinem Verstand. Andererseits hatte ich kaum Zeit darüber nachzudenken, weil Little Nancy krank wurde und ich mich um sie kümmern musste, wenn ich nicht in der Arbeit war. Doc hat ihr ein Mittel gegen das Fieber gegeben, und sie hat sich so weit erholt, dass wir wieder wie früher Bier trinken und Shit rauchen und herumfahren konnten, aber sie war nie mehr ganz die Gleiche wie früher. Ende August hat ihr Zustand sich wieder so verschlechtert, dass ich sie ins Krankenhaus bringen musste. In der zweiten Septemberwoche ist Little Nancy dann gestorben, so sehr sie auch dagegen gekämpft hat.«
»Wie groß war Little Nancy?«, fragt Jack, der sich eine Frau etwa im Format von Mouse vorstellt.
»Little Nancy Hale war ungefähr so klein und zierlich wie Tansy Freneau«, sagt Mouse, den diese Frage zu überraschen scheint. »Hat sie sich auf meine Hand gestellt, konnte ich sie mit einem Arm hochheben.«
»Und Sie haben nie mit jemandem darüber gesprochen«, sagt Jack.
»Wie hätte ich darüber reden können?«, sagt Mouse. »Erst war ich krank vor Sorge um Little Nancy, und dann hab ich’s einfach vergessen. Unheimlicher Scheiß bewirkt so was, Mann. Statt im Gedächtnis haften zu bleiben, tilgt er sich von selbst.«
»Da weiß ich genau, was Sie meinen«, sagt Jack.
»Ich irgendwie auch«, sagt Beezer, »aber ich würde trotzdem
sagen, dass es das Ultimative war, was deinen Realitätssinn beeinträchtigt hat. Selbst wenn du diesen Schuppen wirklich gesehen hast – Black House.«
»Verdammt richtig«, sagt Mouse.
Beezer sieht zu Jack hinüber. »Und Sie sagen, dass der Fisherman, dieser Scheißkerl Burnside, es sich gebaut hat.«
Jack nickt.
»Vielleicht hat er ja alle möglichen Geräte installiert, um Leute abzuschrecken, und lebt immer noch dort draußen.«
»Schon möglich.«
»Dann sollten wir, denke ich, mit Mouse den Highway 35 abfahren, und sehen, ob er den Weg, von dem er gesprochen hat, wiederfinden kann. Kommen Sie mit?«
»Ich kann nicht«, sagt Jack. »Ich muss erst noch jemanden in Arden besuchen – eine Frau, von der ich glaube, dass sie uns auch helfen kann. Sie hat Zugang zu einem weiteren Stück des Puzzles. Worum es dabei geht, kann ich euch allerdings erst erklären, wenn ich bei ihr gewesen bin.«
»Diese Frau weiß etwas?«
»O ja«, sagt Jack. »Sie weiß etwas.«
»Also gut«, sagt Beezer und steht auf. »Sie haben die Wahl. Aber wir müssen anschließend miteinander reden.«
»Beezer, ich möchte dabei sein, wenn Sie ins Black House eindringen. Was wir dort drinnen auch zu tun haben, was wir auch sehen …« Jack macht eine Pause, während er versucht, die richtigen Worte zu finden. Beezer wippt auf den Fußballen vor und zurück; in seiner Ungeduld, das Versteck des Fishermans aufzuspüren, fährt er beinahe aus der Haut. »Sie werden sehen, dass Sie mich dort brauchen. Hinter dieser Sache steckt mehr, als Sie sich vorstellen können, Beezer. Sie werden bald wissen, wovon ich rede, und werden es ertragen können – ich glaube, dass ihr das alle könnt -, aber wenn ich versuchen würde, es Ihnen jetzt zu beschreiben, würden Sie mir nicht
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