Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
glauben. Ist’s dann so weit, werden Sie mich brauchen, damit ich Ihnen helfe, das durchzustehen, was uns dort erwartet. Sie werden froh sein, mich dabeizuhaben. Wir befinden uns in einer gefährlichen Phase, und keiner von uns will die Sache verpfuschen.«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich sie verpfuschen könnte?«, sagt Beezer leicht gereizt.
»Jeder würde sie verpfuschen, wenn er besagtes letzte Stück des Puzzles nicht besitzt. Fahren Sie dort raus. Sehen Sie zu, ob Mouse das Haus wiederfinden kann, das er damals gesehen hat. Machen Sie einen Rundgang. Aber gehen Sie nicht hinein – dazu brauchen Sie mich. Unbedingt! Nachdem Sie sich Black House angesehen haben, kommen Sie wieder hierher, und ich stoße so bald wie möglich dazu. Ich müsste gegen halb drei, spätestens um drei Uhr zurück sein.«
»Wohin fahren Sie in Arden genau? Vielleicht muss ich Sie ja mal anrufen.«
»French County Lutheran Hospital. Station D. Erreichen Sie mich nicht, können Sie bei Dr. Spiegleman eine Nachricht für mich hinterlassen.«
»Station D, ehrlich?«, sagt Beezer. »Okay, vermutlich sind heutzutage ja alle verrückt. Ich glaube, ich kann mich damit begnügen, mir dieses Haus nur von außen anzusehen, solange ich mich darauf verlassen kann, dass Sie mir irgendwann heute Nachmittag alle Dinge erklären, die ich nicht verstehe, weil ich zu dumm bin.«
»Bald ist’s so weit, Beezer. Wir kommen ihm schon näher. Und das Letzte, was ich Sie nennen würde, wäre dumm.«
»Sie waren bestimmt ein verdammt guter Cop«, sagt Beezer. »Obwohl ich die Hälfte von dem, was Sie sagen, für echten Scheiß halte, kann ich nicht anders, als Ihnen zu glauben.« Er dreht sich um und schlägt mit einer Faust auf die Theke. »Stinky Cheese! Die Luft ist rein. Hiev deinen blassen Arsch aus der Küche!«
19
Jack folgt den Thunder Five vom Parkplatz, und im Augenblick wollen wir ihn allein auf dem Highway 93 nach Norden zu Judy Marshalls Aussichtspunkt und dann weiter zu Judy Marshalls geschlossener Abteilung fahren lassen. Wie Jack sind auch die Biker ins Unbekannte unterwegs, aber ihr Unbekanntes liegt in westlicher Richtung am Highway 35, im Land der stetig anwachsenden Vergangenheit, und wir wollen wissen, was sie dort finden werden. Diese Männer scheinen nicht nervös zu sein; sie projizieren weiter das unerschütterliche Selbstbewusstsein, mit dem sie in die Sand Bar gestürmt sind. Tatsächlich lassen sie niemals wirkliche Nervosität erkennen, auf Situationen, die andere Leute ängstlich oder besorgt machen, reagieren sie nämlich normalerweise gewalttätig. Auch Angst wirkt sich auf sie anders aus als auf gewöhnliche Menschen; die seltenen Augenblicke, in denen sie Angst empfunden haben, sind ihnen im Allgemeinen eher erfreulich erschienen. Aus ihrer Sicht stellt Angst eine gottgegebene Gelegenheit dar, ihre kollektive Konzentration auf ein Problem zu fokussieren. Dank ihrer bemerkenswerten Solidarität ist diese Konzentration beeindruckend. Für jene von uns, die keiner Bikergang oder etwa dem Marine Corps angehören, bedeutet Solidarität kaum mehr als der mitfühlende Impuls, der uns dazu veranlasst, einen trauernden Freund zu trösten; für Beezer und seine lustigen Gesellen bedeutet Solidarität, dass einem immer jemand den Rücken freihält. Sie sind aufeinander angewiesen, und das wissen sie. In der Gruppe sind die Thunder Five tatsächlich sicherer.
Trotzdem existieren für die Begegnung, zu der sie jetzt rasen, in ihrer Erfahrung keine Analogien, keine Präzedenzfälle. Black House ist etwas Neues, und seine Neuartigkeit – die schiere Fremdartigkeit von Mouse’ Story – schlägt sich jedem Einzelnen von ihnen, wenn auch kaum spürbar, auf den Magen.
Acht Meilen westlich von Centralia, wo die ebenen Felder um Potsies dreißig Jahre alte Wohnsiedlung in den großen Wald übergehen, der sich bis zum Maxton erstreckt, fahren Mouse und Beezer nebeneinander vor den anderen her. Beezer sieht gelegentlich zu seinem Freund hinüber, um eine wortlose Frage zu stellen. Als Mouse zum dritten Mal den Kopf schüttelt, lässt er eine wegwerfende Handbewegung folgen, die besagt: Nerv mich nicht weiter, ich sag dir schon, wenn wir da sind. Beezer lässt sich zurückfallen; Sonny, Kaiser Bill und Doc nehmen automatisch an, Beezer wolle ihnen damit ein Zeichen geben, und bilden hinter ihm eine Kette.
An der Spitze der Kolonne hebt Mouse den Blick immer wieder von der Fahrbahn, um den rechten Straßenrand abzusuchen. Der kleine
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