Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
das könnte man fast als ein Wunder bezeichnen.« Er zuckt zusammen und atmet heftig ein. Die Luft zischt durch seine Zähne. »So, wie ihr Kerle rumgeballert habt. Nur schade, dass ihr’s nicht getroffen habt, bevor es mich ins Bein gebissen hat.«
»Ich hab’s getroffen«, sagt Sonny. »Und deshalb sei froh, dass das Bein überhaupt noch dran ist.«
Mouse starrt ihn mit zusammengekniffenen Augen an, dann schüttelt er den Kopf. »Was ist mit dem Kaiser passiert?«
»Er hat ungefähr einen Liter Blut durch die Nase verloren und ist umgekippt«, antwortet Sonny.
Mouse seufzt, als würde er die Verletzlichkeit des Menschengeschlechts beklagen. »Ich finde, wir sollten irgendwie von diesem beschissenen Ort abhauen.«
»Ist dein Bein soweit in Ordnung?«, fragt Beezer.
»Es ist nicht gebrochen, falls du das meinst. Aber es ist irgendwie trotzdem nicht in Ordnung.«
»Warum?«, fragt Doc.
»Kann ich nicht sagen«, erklärt Mouse ihm. »Ich beantworte keine medizinischen Fragen von Kerlen, die sich voll gekotzt haben.«
»Kannst du fahren?«
»Scheiße, ja, Beezer – hast du mal erlebt, dass ich nicht fahren konnte?«
Beezer und Sonny packen je einen Arm und schaffen es mit qualvoller Anstrengung, Mouse hochzuzerren und auf die Füße zu stellen. Nachdem sie ihn losgelassen haben, tapst Mouse ein paar Schritte zur Seite. »Hier stimmt was nicht«, sagt er.
»Großartige Analyse«, sagt Beezer.
»Beezer, alter Kumpel, weißt du eigentlich, dass deine Augen hellrot sind? Du siehst wie ein gottverdammter Dracula aus.«
So weit das möglich ist, beeilen sie sich nun. Doc will sich noch kurz das Bein von Mouse ansehen; Beezer will sich davon überzeugen, dass Kaiser Bill noch lebt; und alle wollen von diesem Ort weg und wieder in normale Luft und Sonnenschein zurück. Sie haben pochende Kopfschmerzen, und die Muskeln tun ihnen von den extremen Belastungen weh. Keiner von ihnen könnte dafür garantieren, dass das Hundewesen sich nicht auf einen neuerlichen Überfall vorbereitet.
Während sie reden, hat Sonny die Fat Boy von Mouse aufgerichtet und schiebt sie zu ihrem Besitzer hinüber. Mouse ergreift den Lenker, schiebt seine Harley weiter und verzieht dabei schmerzhaft das Gesicht. Beezer und Doc bergen ihre Bikes, und drei Schritte weiter stellt Sonny seine Maschine in einem Klumpen Unkraut auf die Räder.
Beezer fällt ein, dass er an der Kurve vor ihnen versäumt hat, Ausschau nach dem Black House zu halten. Er erinnert sich daran, wie Mouse gesagt hat, dieser Scheiß will nicht gesehen werden , und denkt, dass Mouse das ziemlich richtig erkannt hat: Der Fisherman wollte sie nicht hier haben, und der Fisherman wollte nicht, dass sein Haus gesehen wurde. Alles andere wirbelt ihm im Kopf durcheinander, wie seine Electra Glide sich überschlagen hat, nachdem er diese hässliche innere
Stimme gehört hat. Eines weiß Beezer jedoch sicher: Jack Sawyer wird nicht länger verschweigen können, was er weiß.
Dann befällt ihn ein schrecklicher Gedanke, und er fragt: »Ist euch was Merkwürdiges – irgendwas wirklich Seltsames – passiert, Jungs, bevor der Höllenhund uns angefallen hat? Außer dem körperlichen Zeug, meine ich.«
Er sieht zu Doc hinüber, und Doc wird rot. Aber hallo, da ist doch was, denkt Beezer.
»Fick dich ins Knie«, antwortet Mouse. »Darüber red ich mit keinem.«
»Schließe mich Mouse an«, sagt Sonny.
»Das soll vermutlich ›ja‹ heißen«, sagt Beezer.
Kaiser Bill liegt mit geschlossenen Augen am Straßenrand; seine Vorderseite ist vom Mund bis zur Hüfte nass vor Blut. Die Luft ist weiterhin grau und klebrig; ihre Körper scheinen hundert Zentner zu wiegen, die Bikes auf bleiernen Rädern zu rollen. Sonny schiebt seine Harley neben den wie tot daliegenden Kaiser und tritt ihn nicht allzu gefühlvoll in die Rippen.
Der Kaiser öffnet die Augen und stöhnt. »Scheiße, Sonny«, sagt er. »Du hast mich getreten.« Er blinzelt angestrengt, dann hebt er den Kopf und bemerkt seine blutgetränkte Kleidung. »Was ist passiert? Bin ich angeschossen worden?«
»Du hast dich wie ein Held benommen«, sagt Sonny. »Wie fühlst du dich?«
»Beschissen. Wo hat’s mich erwischt?«
»Woher soll ich das wissen?«, sagt Sonny. »Komm jetzt, wir hauen von hier ab.«
Die anderen ziehen an ihm vorbei. Kaiser Bill schafft es, sich aufzurappeln, und richtet nach einem weiteren heldenhaften Kampf sein Bike neben sich auf. Er schiebt es den Weg entlang hinter den anderen her und staunt
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