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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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plötzlich fort, und er ist so klar im Kopf, wie die Mütze es nur zulässt. Er weiß jetzt, was er tun muss. Oder wenigstens zu tun versuchen muss.
    Er spürt, wie ihm die Stahlspitze des Elektroschockers zwischen die Beine geschoben wird, und muss an die Schlange denken, die sich mit einem Maul voller Reißzähne über die überwucherte Zufahrt geschlängelt hat. »Steck die Hände sofort durch die Ringe, sonst brate ich dir die Eier.« Oier, so klingt’s aus dem Mund des Alten.
    »Okay«, sagt Ty. Er spricht mit hoher, weinerlicher Stimme, die hoffentlich so klingt, als könnte er vor Angst keinen klaren Gedanken mehr fassen. Es sollte weiß Gott nicht allzu schwierig sein, diesen Eindruck zu erwecken. »Okay, okay, nur nicht mehr weh tun, ich mach’s ja schon, sehen Sie nicht? Sehen Sie nicht?«
    Er steckt die Hände durch die Stahlringe, die groß und weit sind.
    »Höher!« Die knurrende Stimme ist weiterhin dicht neben seinem Ohr zu hören, aber wenigstens hat er den Elektroschocker nicht mehr zwischen den Beinen. »Steck sie durch, so weit du kannst!«
    Ty tut wie geheißen. Die Fesseln liegen jetzt an den Unterarmen an. Die Handgelenke ragen weit aus den Stahlringen heraus. Im Halbdunkel sehen seine Hände wie Seesterne aus. Hinter sich hört er wieder ein leises Klirren, weil Burny offenbar in seinem Lederbeutel wühlt. Ty versteht, was das bedeutet. Die Mütze setzt sein Denkvermögen zwar etwas herab, aber dieses Geräusch ist unmöglich zu verkennen. Der alte Dreckskerl hat dort drinnen Handschellen, die er schon unzählige Male benutzt hat. Damit wird er die Handgelenke oberhalb der Stahlringe aneinander fesseln, und Ty wird hier stehen – oder baumeln, sollte er bewusstlos werden -, während das alte Ungeheuer sich einen Braten von ihm abschneidet.
    »Pass auf«, sagt Burny. Seine Stimme klingt atemlos, aber
auch wieder lebhaft . Die Aussicht auf eine Mahlzeit hat ihn belebt, ihm ein gewisses Maß an Vitalität zurückgegeben. »Der Elektroschocker bleibt auf dich gerichtet. Mit der anderen Hand lege ich dir links eine Handschelle an. Wenn du dich bewegst … wenn du auch nur zuckst , Junge … kriegst du die volle Ladung. Kapiert?«
    Ty nickt der blutfleckigen Wand vor sich zu. »Ich beweg mich nicht«, wimmert er. »Ehrlich nicht!«
    »Erst eine Hand, dann die andere. So mach ich’s immer.« Aus seinem Tonfall spricht Selbstzufriedenheit, die nur widerwärtig ist. Der Elektroschocker wird Ty schmerzhaft stark zwischen die Schulterblätter gepresst. Der Alte beugt sich vor Anstrengung grunzend über die linke Schulter des Jungen. Ty kann Schweiß und Blut und Alter riechen. Wie in »Hänsel und Gretel«, sagt er sich, nur dass er keinen Backofen hat, in den er seinen Peiniger stoßen kann.
    Du weißt, was du tun musst, erklärt Judy ihm kühl. Vielleicht gibt er dir ja keine Chance, und wenn er’s nicht tut, tut er’s eben nicht. Aber falls er’s tut …
    Eine Handschelle gleitet um das linke Handgelenk. Burny grunzt Ty auf ekelhafte Weise leise ins Ohr. Der Alte reckt sich … verändert dadurch die Position des Elektroschockers … aber nicht weit genug. Ty hält still, während Burny die Handschelle zuschnappen lässt und dann noch etwas fester zusammendrückt. Damit ist Tys linke Hand an die Hüttenwand gefesselt. Vom Handgelenk baumelt an ihrer Stahlkette die Zwillingsschelle herab, die Burny ihm gleich rechts anlegen wird.
    Der Alte, der weiter vor Anstrengung keucht, tritt nach rechts. Er greift an Tys Brust vorbei, um die baumelnde Handschelle zu erreichen. Der Elektroschocker bohrt sich Ty wieder in den Rücken. Bekommt Burny die Handschelle zu fassen, ist Ty vermutlich endgültig erledigt (in mehr als nur einer Beziehung). Und der Alte schafft es auch beinahe. Die Handschelle gleitet ihm aus den Fingern, aber statt zu warten, bis sie zurückschwingt, beugt er sich noch weiter nach vorn. Dabei ist seine knochige linke Gesichtshälfte an Tys rechte Schulter gepresst.

    Als der Alte sich vorbeugt, um die baumelnde Handschelle zu ergreifen, spürt Ty, wie der Druck des Elektroschockers erst nachlässt und dann ganz verschwindet.
    Jetzt!, kreischt Judy in Tys Kopf. Vielleicht ist’s auch Sophie. Vielleicht sind es beide zusammen. Jetzt, Ty! Das ist deine Chance, du bekommst keine zweite!
    Ty stößt den rechten Arm nach unten und zieht ihn so aus der Fessel. Es hätte keinen Zweck, den Alten wegschubsen zu wollen – das alte Ungeheuer könnte leicht das Doppelte wie er wiegen -, und Ty

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