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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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den Fußwegen über den Rasen zum Parkplatz, wobei eine größere Anzahl Besucher noch Geldscheine in den Korb auf Ragtime Willies Klavier legt.
    Kaum hat dieser Exodus eingesetzt, machen Pete Wexler und Chipper Maxton sich mit allem ihnen zur Verfügung stehenden Geschick daran, die alten Leute ins Gebäude zurückzubringen. Chipper sagt Dinge wie: »Wissen Sie denn nicht, wie sehr wir alle Sie leichtfüßig tanzen sehen möchten, Mrs. Syverson?«, während Pete sich direkter ausdrückt: »Los jetzt, Kumpel, schwing die Prothesen«, aber beide Männer arbeiten mit sanften oder weniger sanften Schubsen, Stößen, Griffen an den Ellbogen und Rollstuhlschieben, um ihre gebrechlichen Schützlinge durch die Tür zu bekommen.
    Von ihrem Posten aus beobachtet Rebecca Vilas, wie die Heimbewohner in den schummerigen Gemeinschaftsraum kommen, wobei manche in einem Tempo bewegt werden, das eine Idee zu flott ist, um noch harmlos zu sein. Henry Leyden steht unbeweglich hinter seinen Plattenkartons. Sein Anzug schimmert; sein Kopf ist nur eine dunkle Silhouette vor den Fenstern. Pete Wexler, der ausnahmsweise zu beschäftigt ist, um Rebeccas Busen anzugaffen, kommt mit Elmer Jesperson vorbei, den er am Ellbogen gepackt hält, lässt ihn wenige Meter hinter dem Eingang vorläufig stehen und wirft sich herum, um Thorvald Thorvaldson, Elmers verhassten Feind und Mitbewohner
von D12, ausfindig zu machen. Alice Weathers schwebt ohne fremde Hilfe herein, faltet die Hände unter dem Kinn und wartet darauf, dass die Musik beginnt. Groß, hager, hohlwangig, im Zentrum eines leeren Raums, den er für sich allein hat, schlüpft Charles Burnside durch die Tür und entfernt sich sofort ziemlich weit zur Seite. Als seine toten Augen ihren Blick teilnahmslos erwidern, läuft Rebecca ein Schauder über den Rücken. Das nächste Augenpaar, dem ihr Blick begegnet, gehört Chipper, der Flora Flostads Rollstuhl so achtlos schiebt, als hätte er eine Orangenkiste aufgeladen, und sie mit einem ungeduldigen Blick bedenkt, der absolut nicht zu dem ungezwungenen Lächeln auf seinem Gesicht passt. Zeit ist Geld, klar doch, aber Geld ist auch Geld, und diese Show soll endlich in Gang kommen, pronto! Die erste Welle, hat Henry ihr gesagt – ist das jetzt hier die erste Welle? Sie blickt zum Podium hinüber, überlegt sich, wie sie fragen soll, und merkt, dass ihre Frage schon beantwortet ist, sobald sie nämlich zu ihm hinübersieht, gibt Henry ihr ein Zeichen, indem er einen Daumen hochreckt.
    Rebecca betätigt den Schalter für den rosa Spot, und fast alle Anwesenden, auch einige greise Heimbewohner, die längst zu keiner Reaktion irgendwelcher Art mehr imstande zu sein schienen, geben ein leises Ah von sich. Ein verwandelter Henry Leyden, dessen Anzug, dessen Hemd, dessen Gamaschen im Lichtkegel blendend weiß strahlen, gleitet geschmeidig ans Mikrofon, während eine Langspielplatte, die er scheinbar aus dem Nichts herbeigezaubert hat, sich wie ein Kreisel auf seiner rechten Handfläche dreht. Seine Zähne leuchten; sein glatt gekämmtes Haar glänzt; die Saphire an den Bügeln der Zaubersonnenbrille glitzern. Henry scheint selbst zu tanzen, als er mit raschen, eleganten Schritten ans Mikrofon gleitet … nur ist er nicht mehr Henry Leyden; nie im Leben, wie George Rathbun so gern brüllt. Der Anzug, die Gamaschen, das glatt zurückgekämmte Haar, die Sonnenbrille, selbst der erstaunlich wirkungsvolle rosa Spot sind lediglich Requisiten. Der eigentliche Zauber geht hier von Henry, diesem einzigartig formbaren Wesen, aus. Ist er George Rathbun, ist er ganz George. Ebenso die Wisconsin Rat; ebenso Henry Shake. Es ist achtzehn
Monate her, dass er Symphonic Stan aus dem Kleiderschrank geholt hat und in ihn hineingeschlüpft ist wie eine Hand in einen Handschuh, um das Publikum einer Tanzveranstaltung der Veteranenvereinigung in Madison zu entzücken, aber die Sachen passen ihm noch immer, o ja, sie passen, und er passt in sie hinein, ein als Gesamtkunstwerk in eine nie selbst erlebte Vergangenheit, ein wieder geborener Hipster.
    Auf seiner flach ausgestreckten Handfläche erscheint die rotierende LP wie ein massiver, unbeweglicher schwarzer Wasserball.
    Legt Symphonic Stan bei Tanzveranstaltungen auf, beginnt er immer mit »In the Mood«. Obwohl er Glen Miller nicht verabscheut, wie es manche Jazz-Aficionados tun, ist er dieses Titels im Lauf der Jahre überdrüssig geworden. Aber »In the Mood« wirkt immer. Selbst wenn seinen Gästen nichts anderes

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