Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
Vom Netzwerk:
bitte spielen Sie ›I Can’t Get Started‹.«
    »Wie Sie wünschen«, sagt Stan mit Henry Leydens gewöhnlicher Stimme. Ohne sich die Mühe zu machen, übers Podium zu tänzeln oder die Schallplatte auf seiner Handfläche rotieren zu lassen, vertauscht er die LP auf dem Plattenteller einfach mit einer anderen aus dem ersten Karton. Er wirkt eigenartig niedergeschlagen, als er ans Mikrofon tritt und sagt: »›I’ve flown around the world on a plane, I settled revolutions in Spain – Can’t get started.‹ Für die liebenswerte Alice Blaukleid und den Nachtwanderer.«
    »Affenarsch«, sagt Burny laut.
    Die Musik setzt ein. Rebecca tippt Hermie auf den Arm und tritt auf Charles Burnside zu, für den sie nie mehr als undefinierbaren Abscheu empfunden hat. Da sie ihn jetzt im Visier hat, bringen Abscheu und Empörung sie dazu, zu ihm zu sagen:
»Mr. Burnside, Sie werden sich jetzt bei Alice und unserem Gast hier entschuldigen. Sie sind ein ungehobelter, abscheulicher Rüpel, und ich möchte, dass Sie nach Ihrer Entschuldigung auf Ihr Zimmer gehen, wo Sie hingehören.«
    Ihre Worte bleiben wirkungslos. Burnside lässt plötzlich die Schultern hängen. Auf seinem Gesicht steht ein breites, nichts sagendes Grinsen, und er starrt blicklos ins Leere. Er wirkt so verwirrt, als könnte er sich nicht an seinen Namen erinnern, von Bunny Berigans Namen ganz zu schweigen. Im Übrigen ist Alice Weathers weggetanzt, und Symphonic Stan, der ganz hinten auf dem Podium außerhalb des Lichtkegels des rosa Spots steht, scheint tief in Gedanken versunken zu sein. Auf der Tanzfläche schwanken die alten Paare im Takt der Musik. Von der Seite aus deutet Hermie Boettcher Tanzschritte an und wirft ihr einen fragenden Blick zu.
    »Tut mir Leid, dass das passiert ist«, sagt Rebecca zu Stan/Henry.
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. ›I Can’t Get Started‹ war der Lieblingssong meiner Frau. Gerade in den letzten Tagen habe ich viel an sie denken müssen. Deshalb hat mich das irgendwie kalt erwischt.« Er fährt sich mit einer Hand über das glatte Haar, schlenkert mit den Armen und schlüpft sichtbar wieder in seine Rolle.
    Rebecca beschließt, ihn in Ruhe zu lassen. Auch sie möchte jetzt für eine Weile von allen in Ruhe gelassen werden. Sie signalisiert Hermie ihr Bedauern und dass die Pflicht rufe, schlängelt sich durch die Menge und verlässt den Gemeinschaftsraum. Irgendwie hat der alte Burny es geschafft, vor ihr auf dem Korridor zu sein. Er schlurft mit hängendem Kopf und über den Boden schrammenden Füßen geistesabwesend in Richtung Daisy-Trakt.
    »Mr. Burnside«, sagt sie, »mit Ihrer Schauspielerei können Sie vielleicht alle anderen täuschen, aber Sie sollten wissen, dass das nicht für mich gilt.«
    Der Alte dreht sich mit ruckartigen kleinen Bewegungen nach ihr um. Erst bewegt sich ein Fuß, dann ein Knie, die spatigen Hüften, der zweite Fuß, zuletzt der hagere Rumpf. Die hässliche Blüte von Burnys Schädel hängt von ihrem dürren
Stängel herab, sodass Rebecca seine gesprenkelte Kopfhaut vor sich hat. Seine lange Nase ragt wie ein verzogenes Steuerruder hervor. Mit derselben grässlichen Langsamkeit hebt er den Kopf, um trübe Augen und einen schlaffen Mund sehen zu lassen. In den trüben Augen blitzt nackte Rachsucht auf, und die aschgrauen Lippen kräuseln sich.
    Die erschrockene Rebecca weicht unwillkürlich einen Schritt zurück. Burnys Mund hat sich noch weiter zu einem abscheulichen Grinsen verzogen. Rebecca würde am liebsten die Flucht ergreifen, aber ihr Zorn darüber, von diesem blöden Fiesling gedemütigt worden zu sein, lässt sie die Stellung halten.
    »Lady Magowan hatte einen schlimmen, schlimmen Albtraum«, teilt Burny ihr mit. Seine Stimme klingt, als stünde er unter Drogen oder schlafe fast. »Und Lady Sophie hatte ebenfalls einen Albtraum. Nur war ihrer noch schlimmer.« Er kichert. »Der König war in seinem Zählhaus, zählte seine Schätze. Das hat Sophie gesehen, als sie eingeschlafen ist.« Sein Kichern wird schriller, und er sagt etwas, das wie »Mr. Munching« klingt. Seine zurückgezogenen Lippen lassen gelbe, unregelmäßige Zähne sehen, und mit seinem eingesunkenen Gesicht geht eine subtile Veränderung vor. Eine vordem verborgene Intelligenz scheint seine Gesichtszüge zu formen. »Kennen Sie Mr. Munshun? Mr. Munshun und seinen kleinen Freund Gorg? Wissen Sie, was in Chicago passiert ist?«
    »Schluss jetzt, Mr. Burnside.«
    »Wissen Sie von Fritz Haarmann, von ihm, der

Weitere Kostenlose Bücher