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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Hülle und Fülle: Briefe vom und an den KGB, Belege für gigantische Barzahlungen, Details über tote Briefkästen in und um Washington.
    Am einundzwanzigsten Februar 1994 – mein Gott, Nigel, werde ich den Tag denn nie vergessen? – nahmen sie ihn in der Nähe seiner Villa in Arlington fest. Danach kam alles an den Tag.«
    »Wußten Sie schon vorher Bescheid?«
    »Nein. Ich schätze, es war auch ganz gut so, daß die vom Bureau mich nicht eingeweiht haben. Wenn ich damals gewußt hätte, was ich heute weiß, wäre ich vor ihnen dagewesen und hätte den Kerl höchstpersönlich umgebracht. Und wenn sie mich deswegen zehnmal auf den elektrischen Stuhl gesetzt hätten, das wäre es mir wert gewesen.«
    Der ehemalige DDO fixierte einen Punkt im Restaurant, doch nicht ihn sah er, sondern eine Namenliste und Gesichter, die es längst nicht mehr gab.
    »Fünfundvierzig Operationen, die zerschlagen, zweiundzwanzig Männer, die verraten wurden, achtzehn davon Russen, vier aus dem Westen. Vierzehn von ihnen hingerichtet! Und das alles, weil so ein abgestürzter kleiner Weißer-Kragen-Serienmörder ein großes Haus und einen Jaguar haben wollte.«
    Obwohl Nigel Irvine den Schmerz des Mannes respektierte, murmelte er: »Sie hätten eine interne Untersuchung durchführen müssen.«
    »Ich weiß, ich weiß. Im nachhinein wissen wir es alle. Wir hätten sofort die Finanzen überprüfen und auf den Schutz der Intimsphäre pfeifen sollen. Im Frühjahr 1986 hatte Ames bereits eine Viertelmillion abkassiert und in seiner Bank angelegt. Wir hätten die einundvierzig Topleute mit Zugang zu der Akte 301 dem verschärften Test am Lügendetektor unterziehen sollen. Eine Zumutung für die Unschuldigen, aber Ames wäre aufgedeckt worden.«
    »Und Monk?« fragte der Engländer.
    Carey Jordan stieß ein bitteres Lachen aus. Da der Kellner, der endlich auch den letzten Tisch abräumen wollte, mit der Rechnung wedelte, forderte ihn Irvine mit einer Geste auf, sie auf den Tisch zu legen. Der junge Mann brachte sie und blieb hinter den zwei letzten Gästen stehen, bis eine Kreditkarte auf der Rechnung lag. Dann nahm er beides an sich und ging damit zur Kasse.
    »Ja, Monk. Er war auch völlig ahnungslos. Es war am
President's Day,
wissen Sie. Das ist ja bei uns ein bundesweiter Feiertag. Ich nehme an, er blieb zu Hause. In den Nachrichten wurde erst am nächsten Morgen darüber berichtet. Und am selben Tag traf auch dieser verdammte Brief bei ihm ein.«
Washington, Februar 1994
    Der Brief landete am zweiundzwanzigsten Februar, dem Tag nach dem
President's Day,
in Monks Post.
    Er steckte in einem steifen weißen Umschlag, und an der Briefmarke erkannte Monk, daß er durch die Posteinlaufstelle in Langley gegangen war, obwohl er nicht an sein Büro, sondern an seine Privatanschrift adressiert war.
    Darin befand sich ein weiterer Umschlag mit dem Siegel einer US-Botschaft. Vorne stand in Maschinenschrift: Mr Jason Monk, c/o Posteinlaufstelle, CIA-Zentrale, Langley, Virginia. Darunter hatte jemand »bitte wenden« gekritzelt. Monk leistete der Aufforderung Folge und entdeckte die in der gleichen Schrift abgefaßte Mitteilung: »Persönlich in unserer Botschaft in Vilnius, Litauen, abgegeben. Sie werden den Typen wahrscheinlich kennen.« Da dieser Umschlag nicht frankiert war, mußte er im selben Sack wie die übrige Diplomatenpost in die USA gelangt sein.
    Der zweite Umschlag enthielt noch einen dritten von weitaus schlechterer Qualität, wie sich unschwer an den von der Oberfläche abstehenden Holzschlifffragmenten erkennen ließ. In einem etwas eigenartigen Englisch stand darauf: »Bitte« – das Wort war dreimal unterstrichen – »Mr. Jason Monk bei der CIA geben. Von einem Freund.«
    Darin befand sich der eigentliche Brief. Das Papier war so brüchig, daß es bei bloßer Berührung zu zerfallen drohte. Toilettenpapier? Vorsatzblätter eines Billigtaschenbuchs? Durchaus möglich.
    Die Schriftzeichen waren russisch, die Hand, die die Buchstaben mit schwarzer Tinte hingekritzelt hatte, mußte gezittert haben. Überschrieben war der Brief mit: »Nischni Tagil, September 1994«.
    Darunter stand:
    »Lieber Freund Jason, falls diese Zeilen Sie je erreichen, bin ich bis dahin tot. Typhus, wissen Sie. Er kommt mit den Läusen und Flöhen. Das Lager wird jetzt geschlossen. Die wollen es ausradieren, als hätte es nie existiert, aber das ist auch nicht richtig.
    Einem Dutzend Politischen ist Amnestie gewährt worden. In Moskau herrscht jetzt ein Mann

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