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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Gesicht.
    »Jemand am Tisch meinte: ihr müßt eine gute Quelle im Lager der Feinde haben.‹ Da hat der Mann augenzwinkernd auf seine Nase getippt.«
    »Sie müssen raus, Kolja. Heute nacht noch. Wechseln Sie in den Westen rüber.«
    »Ich kann doch Ludmilla und Juri nicht allein zurücklassen. Sie sind in Moskau.«
    »Holen Sie sie zu sich, mein Freund. Lassen Sie sich irgendeine Ausrede einfallen. Dieser Stadtteil ist noch zehn Tage lang sowjetisches Hoheitsgebiet. Dann geht er an den Westen, und der KGB hat hier nichts mehr zu melden.«
    »Sie haben recht. In den nächsten Tagen kommen wir rüber, die ganze Familie. Helfen Sie uns?«
    »Das nehme ich persönlich in die Hand. Aber Sie dürfen nicht länger zögern.«
    Der Russe drückte dem Schuhputzer eine Handvoll Ostmark in die Hand, die dieser in wenigen Tagen in das hochbegehrte Westgeld umtauschen konnte. Der Marokkaner erhob sich, bedankte sich mit einer Verneigung und schlurfte weiter.
    Die Beobachter auf der Bank hörten eine Stimme an ihrem Ohr: »Wir sind vollzählig. Die Verhaftung läuft. Los, los, los!«
    Zwei graue tschechische Tatras schossen um die Ecke und rasten auf die Cafeterrasse zu. Drei Männer sprangen aus dem ersten, stießen zwei Passanten um, die ihnen im Weg waren, und packten einen Cafebesucher an einem der vorderen Tische. Aus dem zweiten Wagen kamen noch einmal zwei Männer, die die hintere Tür aufrissen und daneben stehenblieben.
    Unter den entsetzten Schreien der anderen Gäste wurde der Mann mit dem Sommeranzug zum zweiten Auto geschleift und hineingestoßen. Dann wurde die Tür zugeknallt, und der Wagen jagte mit quietschenden Reifen davon. Die Häscher sprangen blitzschnell in den ersten Wagen und rasten dem anderen hinterher. Die Operation hatte sieben Sekunden gedauert.
    Aus einer Entfernung von höchstens hundert Metern mußte Jason Monk hilflos dem Geschehen zusehen.
    »Was ist nach Berlin geschehen?« erkundigte sich Sir Nigel Irvine.
    Die ersten Mittagsgäste steckten ihre Kreditkarten wieder ein und eilten zurück an ihre Arbeitsplätze oder ins Freizeitvergnügen. Der Engländer hob die Flasche Beychevelle ins Licht, stellte fest, daß sie leer war, und bedeutete dem Kellner, noch eine zweite zu bringen.
    »Wollen Sie mich etwa unter den Tisch trinken, Nigel?« fragte Carey mit einem verschmitzten Lächeln.
    »Ach was. Ich glaube, wir sind alt und häßlich genug, um unseren Wein wie Gentlemen zu genießen.«
    »Stimmt. Außerdem wird mir dieser Tage nicht allzuoft Château Beychevelle angeboten.«
    Der Kellner brachte die neue Flasche und füllte auf Nigels Nicken hin die Karaffe.
    »Worauf wollen wir trinken?« fragte Jordan. »Auf das große Spiel?. Oder vielmehr den großen Mist?« fügte er bitter hinzu.
    »Nein, auf die alten Tage. Und auf die Integrität. Die vermisse ich bei den Jungen wohl am meisten. Moral und Integrität.«
    »Darauf stoße ich gern an. Doch zurück nach Berlin. Bei seiner Rückkehr war Monk wütender als ein Berglöwe, dem sie Feuer unterm Hintern gemacht haben. Ich war natürlich nicht mehr dabei, aber ich hatte immer noch Kontakt mit Leuten wie Milt Bearden. Deshalb blieb ich auf dem laufenden.
    Monk rannte durch das ganze Haus und sagte so gut wie jedem, daß in der Abteilung Sowjetunion ziemlich weit oben ein Maulwurf sitzen mußte. Natürlich wollte keiner was davon hören. Er solle doch einen Bericht schreiben, sagten sie ihm. Und das tat er dann auch. Das war ein ganz schön haarsträubendes Dokument. Darin bezichtigte er so ziemlich jeden der Unfähigkeit.
    Damals war es Milt Bearden endlich gelungen, Ames aus dem Zuständigkeitsbereich für die Sowjetunion hinauszukomplimentieren. Aber der Typ war wie ein Blutegel. In der Zwischenzeit hatte der Direktor alle Abteilungen neu strukturiert. Unter dem Dach der Gegenspionage wurde jetzt das Ressort Analyse untergebracht, und das wiederum wurde dem Bereich Sowjetunion übergeordnet. Für diesen Zweig wurde ein für die Operationen zuständiger Mann aus dem früheren Direktorat gebraucht. Mulgrew schlug Ames vor, und der bekam doch glatt den Job. Dreimal dürfen Sie raten, an wen sich Monk mit seiner Beschwerde wenden mußte. An Aldrich Ames höchstpersönlich.«
    »Das muß ja ein ganz schön harter Schlag für das ganze System gewesen sein«, murmelte Irvine.
    »Der Teufel kümmert sich um die Seinen, heißt es. Nun, von Ames' Standpunkt aus gesehen, hätte gar nichts Besseres passieren können, als daß jetzt er für Monk zuständig

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