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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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zu Fuß gehen.«
    »Gott sei mit Ihnen.«
    Monk verabschiedete sich von ihm. Tief beunruhigt stand Alexei neben seiner Ikone. Als Monk die Tür erreichte, glaubte er davor ein leises Scharren auf dem Teppich zu hören, aber als er sie öffnete, war der Gang leer. Unten traf er auf den Kosaken, der ihn hinausbrachte. Auf der Straße empfing ihn ein bitterkalter Wind. Er schob den
Klobuk
fest auf den Kopf und machte sich auf den Weg zurück zum Metropol.
    Vor dem Morgengrauen schlich eine stämmige Gestalt aus dem Haus des Patriarchen und hastete durch die Straßen bis zur Lobby des Rossija. Der Mann hatte zwar ein tragbares Telefon unter dem dunklen Mantel, aber er wußte, daß Landverbindungen von öffentlichen Fernsprechern viel sicherer waren.
    In dem Haus am Kiselnyboulevard erreichte er nur einen Wachposten, bei dem er aber eine Nachricht hinterlassen konnte.
    »Sagen Sie dem Oberst, ich heiße Maxim Klimowski. Pater Maxim Klimowski. Ja genau. Sagen Sie ihm, ich arbeite im Privathaus des Patriarchen. Ich muß ihn sprechen. Es ist dringend. Ich werde um zehn Uhr vormittags unter dieser Nummer noch einmal anrufen.«
    Um zehn war er wieder an der Leitung. Die Stimme am anderen Ende war leise, aber entschieden. »Ja, Pater, Oberst Grischin am Apparat.«
    Der Priester in der Telefonzelle hielt den Hörer in seiner feuchten Hand, Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.
    »Herr Oberst, Sie kennen mich nicht. Aber ich bin ein glühender Verehrer von Igor Wiktorowitsch Komarow. Gestern nacht hat ein Mann den Patriarchen aufgesucht. Er brachte Dokumente mit. Eines davon hat er als Schwarzes Manifest bezeichnet. Hallo, hallo, sind Sie noch dran?«
    »Mein lieber Pater Klimowski, ich glaube, wir sollten uns unbedingt treffen«, sagte die Stimme.
    Am südöstlichen Ende des Staraja Ploschad befindet sich der Slawjanskiplatz mit einer der kleinsten, ältesten und schönsten Kirchen Moskaus.
    Die Allerheiligenkirche in Kulischki wurde im dreizehnten Jahrhundert erbaut, als Moskau lediglich aus dem Kreml und ein paar umliegenden Anwesen bestand. Als der Holzbau einem Brand zum Opfer fiel, wurde Ende des sechzehnten, Anfang des siebzehnten Jahrhunderts ein Gotteshaus aus Stein an seine Stelle gesetzt, das bis 1918 regelmäßig benutzt wurde.
    Damals führte Moskau noch den Namen »Stadt der zwanzig mal zwanzig Kirchen«, denn es gab über vierhundert. Nach der Revolution schlossen die Kommunisten neunzig Prozent davon und zerstörten drei Viertel. Die Allerheiligenkirche in Kulischki blieb unversehrt, doch wurden dort keine Gottesdienste mehr abgehalten.
    Nach dem Ende des Kommunismus wurde die kleine Kirche vier Jahre lang sorgfältig restauriert, ehe ihre Tore wieder für die Gläubigen geöffnet werden konnten.
    Dorthin fuhr Pater Maxim Klimowski am Tag nach seinem Telefongespräch. In seiner Kleidung, Soutane und
Klobuk,
wie sie bei orthodoxen Priestern üblich waren, fiel er hier nicht weiter auf. Abgesehen davon war er nicht der einzige.
    Er besorgte sich eine Votivkerze, zündete sie an und stellte sich damit, scheinbar in Kontemplation versunken, vor die restaurierten Wandmalereien rechts des Portals.
    In der Mitte der Kirche stand unter den golden leuchtenden Deckenfresken ein Priester und sang die Liturgie; um ihn hatte sich eine kleine Gruppe Gläubiger in Straßenkleidung geschart, die das Responsorium anstimmten. Ansonsten war das Gebäude leer.
    Pater Maxim sah nervös auf die Uhr. Sie hätten sich vor fünf Minuten treffen sollen. Daß er von einem vor der Kirche geparkten Wagen aus beobachtet worden war, wußte er nicht. Auch waren ihm die drei Männer entgangen, die, kaum hatte er die Kirche betreten, aus dem Auto gesprungen waren und überprüft hatten, ob ihm jemand folgte. Wie hätte er es auch ahnen können? Dinge wie diese gehörten nicht zu seiner Welt.
    Hinter sich hörte er das leise Knirschen von Sohlen auf den Steinplatten. Jemand stellte sich neben ihn.
    »Pater Klimowski?«
    »Ja.«
    »Ich bin Oberst Grischin. Sie haben mir etwas mitzuteilen, wie ich glaube.«
    Der Priester riskierte einen Seitenblick. Der Mann war größer als er, schlank und mit einem dunklen Wintermantel bekleidet. Nun drehte er sich um und musterte ihn. Als ihre Blicke sich begegneten, bekam der Priester plötzlich Angst. Jetzt konnte er nur hoffen, daß er das Richtige getan hatte und es später nicht bereuen würde. Er schluckte und nickte.
    »Nennen Sie mir als erstes den Grund, Pater. Warum der Anruf?«
    »Herr Oberst, Sie

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