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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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müssen wissen, daß ich seit langem ein glühender Bewunderer Igor Komarows bin. Seine Politik, seine Pläne für Rußland – einfach großartig.«
    »Wie erfreulich. Und was ist vorgestern nacht geschehen?«
    »Ein Mann hat den Patriarchen aufgesucht. Ich bin sein Kammerdiener, müssen Sie wissen. Der Mann war gekleidet wie ein Priester unserer Kirche, aber er war blond und hatte keinen Bart. Sein Russisch war makellos, aber er hätte trotzdem ein Ausländer sein können.«
    »Wurde der Fremde erwartet?«
    »Das war ja das Sonderbare. Er kam mitten in der Nacht ohne jede Voranmeldung. Ich war schon im Bett, mußte aber wieder aufstehen und Kaffee kochen.«
    »Dann wurde der Fremde also empfangen?«
    »Ja. Und das war auch sehr merkwürdig. Sein westliches Aussehen, seine Ankunft so spät in der Nacht. Der Sekretär hätte ihn auffordern müssen, sich einen Termin für eine Audienz geben zu lassen. Kein Mensch spaziert doch so einfach mitten in der Nacht beim Patriarchen herein! Aber anscheinend hatte er ein Empfehlungsschreiben.«
    »Sie haben ihnen also Kaffee serviert.«
    »Ja, und als ich ging, hörte ich Seine Heiligkeit sagen. ›Was steht in Komarows Manifest?««
    »Da wurden Sie hellhörig?«
    »Ja. Ich machte die Tür zu und preßte das Ohr ans Schlüsselloch.«
    »Sehr klug. Was sagten sie?«
    »Nicht sehr viel. Es gab immer wieder lange Gesprächspausen. Durch das Schlüsselloch konnte ich sehen, daß Seine Heiligkeit etwas las. Es dauerte über eine Stunde.«
    »Und dann?«
    »Der Patriarch wirkte verstört. Er murmelte etwas, aber ich hörte nur das Wort ›satanisch‹. Und dann sagte er: ›Diese Dinge liegen hinter uns.‹ Den Fremden konnte ich leider kaum verstehen, weil er mit sehr leiser Stimme sprach, aber ich schnappte die Worte ›Schwarzes Manifest‹ auf. Der Fremde sagte sie, unmittelbar bevor Seine Heiligkeit zu lesen begann.«
    »Sonst noch was?«
    Der Mann war in Grischins Augen ein Schwätzer. Er war übernervös und schwitzte, allerdings nicht, weil ihm zu warm war. Aber das, was er da zu melden hatte, klang plausibel, obwohl dieser Priester die Bedeutung all dessen nicht einmal ahnte.
    »Eine Sache noch. Ich hörte das Wort ›Fälschung‹ und dann Ihren Namen.«
    »Meinen?«
    »Ja. Der Fremde sagte, Sie hätten sehr schnell reagiert. Danach ging ihr Gespräch über einen alten Mann, und der Patriarch versprach, er werde für ihn beten. Mehrmals nahmen sie das Wort ›böse‹ in den Mund. Dann stand der Fremde auf und schickte sich zum Gehen an. Ich mußte schnell weglaufen. Darum sah ich ihn nicht gehen. Ich hörte nur noch die Tür zufallen. Das ist alles.«
    »Sie haben keinen Wagen gesehen?«
    »Nein. Ich schaute oben aus dem Fenster, aber er ging zu Fuß. Am nächsten Tag dann. mein Gott, so verstört hatte ich Seine Heiligkeit noch nie gesehen. Er war leichenblaß und betete stundenlang in seiner Kapelle. Darum hatte ich ja Zeit für meinen Anruf bei Ihnen. Hoffentlich habe ich das Richtige getan.«
    »Mein Freund, Sie haben ganz gewiß das Richtige getan. Es sind antipatriotische Kräfte am Werk, die es darauf anlegen, einen großen Staatsmann zu verleumden, der bald der Präsident Rußlands sein wird. Sind Sie ein russischer Patriot, Pater Klimowski?«
    »Ich sehne den Tag herbei, an dem wir Rußland endlich von dem Geschmeiß befreien können, das Komarow anprangert. Dieser Abschaum von Fremden! Das ist ja auch der Grund, warum mein Herz für Komarow schlägt.«
    »Ausgezeichnet, Pater. Glauben Sie mir, Sie gehören zu denen, an denen sich unser Mütterchen Rußland orientieren muß. Ich glaube, auf Sie wartet noch eine große Zukunft. Nur eines noch. Sie wissen nicht zufällig, woher dieser Fremde kam?«
    Die Kerze war inzwischen fast heruntergebrannt. Zwei Gläubige hatten sich in ihrer Nähe vor die heiligen Wandmalereien gestellt und beteten.
    »Nein. Aber später erfuhr ich vom Kosaken, daß er mit dem Taxi gekommen war. Eines von den städtischen, den grauen.«
    Ein Priester, der um Mitternacht in die Tschisti Pereulok fuhr. Das mußte in der Taxizentrale verzeichnet sein. Oberst Grischin packte seinen Informanten am Arm. Seine Finger gruben sich in das weiche Fleisch, und er spürte, wie der Priester zusammenfuhr. Er drehte Pater Klimowski, der die ganze Zeit die Gemälde betrachtet hatte, zu sich herum.
    »Hören Sie gut zu, Pater! Sie haben gute Arbeit geleistet und können mit einer angemessenen Belohnung rechnen. Aber wir brauchen mehr, verstehen Sie?«
    Pater

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